Kapitel 1:
Ich war dreizehn Jahre alt. Ein schwieriges Alter, man denkt dass man erwachsen ist, aber eigentlich ist man noch ein Kind, dumm und naiv. Aber ich dachte immer dass ich total reif und erwachsen bin. Tja, ich habe mich natürlich gewaltig getäuscht, dass wurde mir aber erst viel später klar. Ich war damals immer draußen unterwegs, habe mich mit Freunden getroffen und abends hing ich am liebsten am Computer rum, um zu chatten. Damals war ICQ noch der Renner. Meine Eltern waren oft nicht zu Hause, da sie viel gearbeitet haben, um mir das gute Leben zu ermöglichen dass ich hatte. Wir wohnten in einem großen Zweifamilienhaus, meine Geschwister waren schon lange ausgezogen, da sie viel älter sind als ich, daher hatte ich sehr viel Freiraum, eine komplette Etage für mich, quasi wie eine eigene Wohnung, und das in meinem Alter! Aber es war auch irgendwie sehr einsam manchmal. Die Schule war scheiße, ich habe mich oft geprügelt und von allen unverstanden gefühlt. Die Noten wurden auch immer schlechter. An einem Wochenende war ich wieder draußen unterwegs um ein paar Freunde aus der Nachbarschaft zu treffen. Es war jemand neues mit dabei, der Cousin meiner Nachbarin Mirja, sein Name ist Damian. Er war sechzehn Jahre alt. Damian war total nett zu mir und hatte wirklich Interesse sich mal mit mir alleine zu treffen. Ich war sehr skeptisch Damian gegenüber, aber nachdem wir ein paar Wochen gechattet haben und er öfter bei den Treffen dabei war, ließ ich mich doch darauf ein, mich mal alleine mit ihm zu treffen. Naja was soll ich sagen, ich war einfach jung und total dumm. Wir trafen uns und es war gar nicht so übel wie ich vermutet hatte. Er hat mich optisch eigentlich überhaupt nicht angesprochen aber er hat sich so sehr bemüht und war so nett zu mir, dass ich mir einredete, dass ich auch Interesse an ihm entwickeln würde. Das zog sich über eine gewisse Zeit bis er mich fragte ob ich seine Freundin sein möchte und dass er mich liebt. Ich ließ mich darauf ein. Ich kann vorweg schon erwähnen dass es der größte Fehler meines Lebens war. Was anfänglich so harmlos und leicht begonnen hatte, entwickelte sich zu einer sehr anstrengenden Beziehung. Wie gesagt, ich war erst dreizehn, und er sechzehn. Als ich irgendwann bei ihm zu Hause war, wollte er ES tun. Und mit ES könnt ihr euch alle denken was ich meine, oder? Ich wollte es nicht. Ich wollte es wirklich nicht, ich habe mich einfach absolut noch nicht bereit gefühlt. Ich konnte ihn erst mal vertrösten. Das sollte aber nicht lange anhalten. Es war wieder so ein Tag, an dem ich die Schule schwänzte, das fiel damals bei meiner Schule nicht auf, selbst eine Entschuldigung geschrieben und am nächsten Tag abgegeben, das war völlig ausreichend, keiner hatte meine Eltern informiert. Die hätten mir nämlich die Hölle heiß gemacht. Ich beschloss die Zeit bei Damian anstatt in der Schule zu verbringen, seine Mutter holte mich sogar ab, sie ließ Damian auch regelmäßig die Schule schwänzen, und dort dürfte ich sogar rauchen! Ich wurde dort einfach behandelt wie eine Erwachsene – was natürlich absolut falsch ist, das ist mir heute mit fast dreißig Jahren völlig klar. Der Tag war entspannt, keine Schule, keine Regeln. Damian und ich lagen im Bett, es kam wie es kommen musste und er drängte mich wieder zum Sex. Tage zuvor machte er mir Geschenke, er hatte mir sogar richtig teure Geschenke gemacht. Ich hatte irgendwie so ein schlechtes Gewissen, dass er mir so viele Geschenke macht und mich doch so sehr liebt, da wird es doch nicht zu viel verlangt sein mit ihm zu schlafen. Ich gab nach. Wenigstens hatte er Kondome. Es war ein Alptraum. Es tat weh, und ich wollte es doch eigentlich gar nicht. „Naja, wenigstens lässt er mich dann erst mal mit dem Thema zufrieden und ich habe meine Ruhe.“ dachte ich mir. Die nächsten Monate liefen sehr eintönig ab. Meine Noten hatten sich so dermaßen verschlechtert, dass ich die Schule wechseln musste. Dort war schwänzen nicht möglich, glaubt nicht ich hätte es nicht versucht. Der Versuch scheiterte und ich bekam so dermaßen Ärger, dass ich beschloss mich zusammen zu reißen. Damian wäre am liebsten jede Minute mit mir zusammen gewesen. Ich war nur noch genervt. Er war aufdringlich und hat mich dermaßen eingeengt, dass ich mich nicht mal mehr mit meinen Freunden treffen konnte. Wenn ich mich mit meiner Freundin Leonie verabredet hatte, kam er einfach ungefragt dazu, dabei hatte ich nicht mal erzählt wo wir hin wollen. Gruselig wenn ich heute daran denke, denn das heißt ja, dass er mich regelrecht gestalkt hat, denn er wusste immer wo ich bin, wirklich IMMER. Sogar zur Schule kam er immer in meinen Pausen, er selbst hatte ja super viel Zeit da er selbst immer geschwänzt hat und die Schule schließlich abgebrochen hat. Ich hatte eigentlich niemals Ruhe vor ihm, und wenn ich mich trennen wollte, weil ich es einfach nicht mehr ertragen habe, erpresste er mich. Er kannte alle meine Passwörter bei sämtlichen Portalen bei denen ich angemeldet war und er hatte diese geändert, somit konnte ich sie nicht ändern. Er drohte mich im Internet bloß zu stellen. Also habe ich mich wirklich lange mit dieser kranken Beziehung arrangiert. Eines Tages bemerkte ich starke Unterleibschmerzen und bekam meine Tage nicht. Ich hatte große Angst schwanger zu sein, was eigentlich nicht möglich war, da wir immer verhütet haben. Ich ging zum Arzt. Glück gehabt, es war nur eine Zyste. Ich musste ein paar Tage im Krankenhaus verbringen. Auch dort war Damian ständig dabei, nie hatte ich meine Ruhe vor ihm. Auch die Mitarbeiter im Krankenhaus bemerkten wie aufdringlich er war, er legte sich dort sogar mit zu mir in das Bett, was mir unfassbar unangenehm war. Sie haben ihn weg geschickt und ich war so froh darüber, aber gleichzeitig habe ich mich auch so für sein Verhalten geschämt, und ich habe mich für mich selbst geschämt weil ich seine Freundin war. Da habe ich wirklich eingesehen dass es so nicht weiter geht und er mich nur einengt und unglücklich macht. Ich war fest entschlossen mit ihm Schluss zu machen. Als ich wieder aus dem Krankenhaus zurück war und mich ein paar Tage zu Hause erholt hatte, ging ich auf mein Onlineprofil um meine Nachrichten zu checken. Es waren richtig böse Nachrichten von Freunden dabei, ich verstand nicht warum, bis ich den Chatverlauf gelesen hatte. Das war Damian. Er war sauer dass ich ihn die letzten Tage nicht sehen wollte und das war seine Rache. Ich konnte mein Passwort nicht ändern, ich war eingeloggt, hätte ich mich augeloggt, hätte ich garnicht mehr den Zugriff auf mein Profil gehabt, denn Damian hatte vor längerer Zeit das Passwort geändert und mich eingeloggt. Er wollte ja schließlich immer mit lesen, denn er war unglaublich eifersüchtig, obwohl ich ihm nie einen Grund dazu gegeben hatte. Ich war verzweifelt, ich habe alle benachrichtigt, dass die Nachrichten nicht von mir stammten und konnte das alles zum Glück schnell wieder in Ordnung bringen. Ich war so verzweifelt, dass ich mich an meinen Vater gewendet habe. Er sagte ich sollte Damian sofort zu uns nach Hause einladen, er würde sich mit ihm unterhalten. Damian machte sich sofort auf den Weg um mich zu sehen. Als er dann bei uns war, nahm nicht ich, sondern mein Vater ihn in Empfang. Lange Rede kurzer Sinn: Ich bekam die geänderten Passwörter und konnte meine Profile löschen. So konnte Damian mich auch nicht mehr erpressen. Er schickte Damian weg und sagte ihm dass er sich nie wieder bei uns blicken lassen sollte. Meine Eltern haben ihn von Anfang an nicht gemocht, aber ich hatte mir einfach nichts sagen lassen. Ich war meinem Vater so unendlich dankbar, dass er sich darum gekümmert hatte, denn jetzt fühlte ich mich endlich wieder frei. Nach fast zwei Jahren wollte ich endlich wieder ich selbst sein. Ich hatte so ein schlechtes Gewissen meinen Eltern gegenüber, sie fühlten sich so schlecht wegen mir, sie gaben sich an allem die Schuld, dabei war ich die einzige die Schuld daran war.
Damian ließ nichts unversucht. Er wollte einfach nicht begreifen dass ich ihn nicht so liebte wie er mich. Die letzten zwei Jahre waren unfassbar anstrengend. Ich hatte Sex, den ich nicht wollte. Ich hatte einen Freund den ich schon lange nicht mehr wollte. Ich war fest entschlossen nicht wieder einzuknicken. Er tauchte einfach bei Treffen mit Freunden auf, er suchte mich bei er Schule auf und verbreitete Gerüchte über mich, alles gelogen, aber das wussten die anderen ja nicht. Ich bin zu Damian nach Hause gelaufen und habe ihn im Beisein seiner Mutter zur Rede gestellt was das denn soll. Er drehte auf einmal total durch und hielt ich ein Messer an die Pulsadern und sagte dass er ohne mich nicht leben könnte. Er meinte es total Ernst, seine Mutter weinte, sie war total überfordert mit ihm und in dem Moment so geschockt dass sie auch nicht wusste was sie tun sollte. Ich versuchte ihn zu beruhigen und wollte erst mal versöhnlich wirken damit er sich nicht noch wirklich etwas antut. Es funktionierte und er legte das Messer weg und nahm mich in den Arm. Hier stand ich also wieder mit Damian, ich wollte nicht bei ihm sein, aber er machte mir so ein schlechtes Gewissen, dass ich mich wie ein schlechter Mensch gefühlt habe. Wieso konnte ich ihn nicht so lieben wie er mich? Er hat mir meine Kindheit genommen, meine Unbeschwertheit, ich hatte plötzlich Probleme, die eine Fünfzehnjährige nicht haben sollte. Ich traf mich wieder heimlich mit Damian, aber ich gab ihm klar zu verstehen dass ich keine Beziehung mit ihm wollte, ich liebte ihn einfach nicht und mehr als eine Freundschaft kam für mich nicht mehr in Frage. Widerwillig akzeptierte er das irgendwie, so konnte er mich wenigstens noch sehen. Leider hatten wir auch mittlerweile denselben Freundeskreis innerhalb der zwei Jahre aufgebaut. Es war Wochenende und wir trafen uns bei Damian. Seine Mutter war nicht zu Hause, sturmfreie Bude also. Ich wurde eingeladen weil es hieß das einige unserer Freunde zur Party vorbei kommen und wir schonmal vortrinken können. Dumm wie ich war dachte ich mir auch nichts dabei. Ich kam dort an und Damian und ein Freund von uns war auch schon dort, Niklas. Niklas und Damian versuchten mich zum Trinken zu animieren, aber ich fühlte mich unwohl dabei und lehnte ab. Irgendwann war Damian betrunken und wieder total aufdringlich. Ich fragte ihn wann endlich die anderen vorbei kommen, das ignorierte er und schloss die Tür seines Zimmers ab. Ich schickte schnell eine SMS an seinen Kumpel Domenik der ein paar Häuser weiter wohnte. Ich hatte Angst. Damian und Niklas warfen mich auf das Bett und Damian legte sich mit seinem Gewicht auf mich und zog mir das T-Shirt hoch und animierte Niklas dazu er könnte auch mal meine Brüste anfassen. Die beiden lachten sich kaputt und ich habe mich einfach nur hilflos und ekelhaft gefühlt. Ich versuchte mich zu wehren, aber die beiden waren einfach stärker als ich. Ich hörte unten die Haustür, Domenik hatte Damians Mutter angerufen und ihr von meiner SMS erzählt, sie betraten das Haus und Domenik trat die Tür von Damians Zimmer ein. Er kam noch rechtzeitig, denn Damian war gerade dabei die Hose zu öffnen und versuchte mir meine Hose runter zu ziehen. Domenik schlug sofort auf Damian ein und Niklas hat sich so schnell er konnte verpisst. Damians Mutter versuchte dazwischen zu gehen, sie begriff was da gerade passiert ist, oder fast passiert ist, und war entsetzt über ihren Sohn. Domenik brachte mich nach Hause. Mein ungutes Gefühl hatte mich nicht getäuscht, zum Glück hatte ich die SMS raus geschickt denn sonst hätten die beiden mich einfach vergewaltigt.. das zu begreifen war eine sehr bittere und ernüchternde Erkenntnis. Ich beschloss nun den Kontakt mit Damian komplett abzubrechen, ich war es so satt dass er mich emotional versuchte zu erpressen, aber mich dann versuchen zu vergewaltigen? Das war niemals Liebe, dieser Junge ist einfach nur krank gewesen und ich war zu naiv um das rechtzeitig zu merken.
Es waren ein paar Wochen vergangen und ich fühlte mich endlich besser. Damian hatte mich endlich in Ruhe gelassen und ich habe mich nur noch mit meinen Freunden getroffen die mit Damian nichts zu tun hatten und auch nichts zu tun haben wollten – dachte ich.
Irgendwann stand er wieder vor der Schule als ich raus kam und war schon wieder auf das schlimmste gefasst. Tatsächlich wollte er gar nicht zu mir, sondern zu meiner Klassenkameradin Ayleen. Gut für mich, aber von Ayleen fand ich es total blöd, wir waren nicht sehr eng miteinander befreundet, aber sie wusste wie lange ich mit Damian zusammen war und war auch bei einigen Hauspartys dabei. Aber ich war eigentlich froh dass Damian sich scheinbar nicht mehr für mich interessierte, denn ich wollte auf keinen Fall dass das ganze Theater wieder von vorne beginnt. Zwei Monate später kursierte ein Video von Ayleen, wie sie betrunken von Damian und Niklas vergewaltigt wurde. Die beiden haben sie abgefüllt und sie vergewaltigt, und haben das ganze auch noch gefilmt und rum geschickt. Ayleen tat mir unglaublich Leid, ich hätte sie warnen sollen aber ich wollte ihn einfach nur für immer los sein und hatte das mit der versuchten Vergewaltigung so verdrängt, dass ich es niemandem erzählt hatte. Hätte ich mich doch nur jemandem anvertraut und ihn angezeigt, aber ich habe mich so geschämt und dachte einfach dass ich selber Schuld bin. Ayleen erzählte es ihrer Mutter und sie gingen zur Polizei. Es folgte auch eine Gerichtsverhandlung. Die beiden Arschlöcher haben Bewährung bekommen. Sonst nichts. Und das macht mich heute, fast fünfzehn Jahre später immer noch absolut sprachlos. Es folgten noch so viele Eskapaden von Damian, in die ich nicht involviert war, aber man bekam alles mit denn wir wohnten in der selben Kleinstadt. Ein anderes Mädchen, dass auch viel jünger war als er, landete mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus, er hatte ihr Mischgetränke gegeben und sie regelrecht abgefüllt. Ihr musste der Magen ausgepumpt werden und sie hätte diese Nacht fast nicht überlebt, da er sie mitten im Dezember draußen im Schnee liegen ließ. Dieser Mensch ist einfach das allerletzte. Ich hoffe dass Mädchen in der heutigen Zeit einfach für solche Themen sensibilisiert werden, genau wie Jungs. So etwas sollte niemandem passieren.