wackelzahn21In Beantwortung deiner öffentlichen Nachrichten in diesem Thread an mich und oben stehenden Beitrags:
Ich neigte zur Rache, als ich jung war. Ich verstehe schon, wie man sich fühlt. Ich habe auch Rache genommen, als ich jung war, nicht oft, aber doch.
Gerade deshalb halte ich nichts (mehr) davon. Es ist eine traurige und armselige Sache. Selbst wenn einem Unrecht getan wurde. Rache macht mich jedenfalls nicht glücklich. Ich weiß es aus Erfahrung. Man verzeiht letztlich um seiner selbst willen, damit man weitergehen kann, damit man nicht anhaftet. Wir alle machen Fehler. Manchmal verletzen wir jemanden, manchmal werden wir verletzt. So ist es leider. Verletzungen, Zurückweisung und Ablehnung gehören zum Leben. Die Kunst besteht darin, einmal öfter aufzustehen, als umzufallen, Verletzungen als Möglichkeiten für persönlichen Wachstum zu sehen und -irgendwann- zu verzeihen und mit einer Sache fertig zu sein. Wer sich in eine Sache verbeißt, will den Konflikt. Auch du verletzt Menschen, einfach dadurch, wie du bist, durch deine Handlungen und Entscheidungen und Worte. Die meisten Menschen handeln nicht gegen andere, aber für sich. Rache ist Kindergarten. Aber viele Erwachsene sind ja nicht wirklich erwachsen.
Natürlich ist mir der Reflex, Rache nehmen zu wollen, nicht fremd, aber ich finde ihn schon ein halbes Leben so armselig, dass ich ihm nie nachgeben würde und solchen Gelüsten ganz bewusst mit der Erkenntnis, dass ich stark bin, mich von Tiefschlägen erholen kann und dass ich letzten Endes alles überstehen und in Vergebung umwandeln kann, dass auf mich noch so viel Schönes wartet, dass ich keine Lust darauf habe, im Dreck zu wühlen, gegensteuere. Ich bin froh und dankbar, dass ich keine Rache nehmen muss, dass ich weitergehen kann, dass ich mich nicht von anderen in einen Sumpf der Niederträchtigkeiten ziehen lasse. Rache ist etwas für Menschen, die nicht besser sind, als die, an denen sie sich rächen. Mich interessiert kein Kampf, um etwas, was man mir nicht freiwillig gibt. In einer Umgebung, in der Rache notwenig ist, möchte ich nicht sein. Rache macht einen zum Opfer. Ich bin Überlebende. Ich bin auch sehr oft sehr verletzt worden. Ich erachte als Privileg, weitergehen zu können, gestärkt aus solchen Erfahrungen hervorzugehen, Lektionen mitzunehmen, aber mich nicht auf ein Niveau der Niederträchtigkeit zu begeben. Rache ist ein mieses kleines armseliges Gefühl. Vor Menschen, die sich rächen, habe ich keinen Respekt. Es tut mir leid.
Und: Oft tun Menschen etwas für sich und nicht gegen den anderen. Du weißt nicht, warum der Vater, wenn es denn so ist, die Beziehung zwischen dir und seiner Tochter nicht wünschte. Er hat ein Recht auf diese Einstellung und es war nicht unbedingt ein Akt der Aggression gegen dich. Er muss gar nichts gegen dich haben, aber aus welchen Gründen auch immer, warst du ihm als Partner der Tochter nicht recht.
Du bist keine unangreifbare Instanz der Wahrheit. Du entscheidest nicht, was falsch und richtig ist und wie Menschen die Welt sehen oder wie sie dich wahrnehmen. Deine Bedürfnisse stehen nicht über jenen anderer. Wenn Menschen dich aus irgendeinem Grund nicht als guten Umgang für ihr Kind sehen, so dürfen sie so denken.
Du hast keinen Anspruch auf eine Person, weil sie dich glücklich macht. Du musst das Lebensglück in dir selbst finden. Man kann jemanden wollen, aber jemanden zu brauchen, ist gefährlich. In solchen Sätzen steckt auch Besitzdenken. Nur weil du mit deiner Ex so glücklich warst, hast du kein Recht, am Rad zu drehen, weil dir dein Spielzeug weggenommen wird. Du musst das Glück in dir finden und dir dessen bewusst sein, dass man Menschen immer verlieren kann. Wenn du mit diesem Risiko nicht umgehen kannst, dann Feindbilder kreierst, die dein Glück zerstört haben, solltest du dich -meiner Meinung nach- nicht einlassen. Denn man besitzt jemanden nicht. Und es gibt keinen Anspruch auf Glück und Zufriedenheit. Solche Dinge kommen und gehen. Das muss man aushalten.
Und: Die Beziehung scheiterte zwischen dir und deiner Ex. Wäre deine Ex reifer, selbstreflektierter, stabiler, vielleicht auch intelligenter und vielleicht auch richtig verliebt in dich gewesen, wärt ihr möglicherweise noch zusammen. Das ist eine Sache zwischen deiner Ex und dir. Denn es gibgt zwar Beeinflussungen, deine Ex ist zwar jung, aber erwachsen. Sie hätte aber ihre Urteilsfähigkeit und ihr Hirn auspacken können. Du schuldest ihr keine Offenbarungen über ihr Umfeld. Sie muss selbst denken, ihr Umfeld prüfen und eine Meinung bilden. Dass jetzt alle anderen daran schuld sein sollen, dass ihr nicht mehr zusammen seid, das erinnert mich an die betrogene Ehefrau, die gegenüber der Frau, mit der der Mann sie betrogen hat, Gift und Galle spuckt, den Mann aber sofort zurücknehmen würde, weil der ja so arm war und verführt wurde.
An deiner Stelle würde ich tief durchatmen, lange nachdenken und nichts sagen und dann vermutlich nicht handeln, weil es immer eine zweite Seite gibt, und wenn genug Zeit vergeht, ist man meistens irgendwann in der Lage, diese zweite Seite zu sehen.