Wieso verhält sich dieser Arbeitskollege so?

aria1510 · 2022-03-28T00:07:08+00:00

Ich hab einen Kollegen mit dem verstehe ich mich ganz gut. Wir schreiben auch mal gern per WhatsApp (nicht jeden Tag, aber paar Mal in der Woche), meistens b...

eisbrecher

aria1510

Ich finde deine Nachricht in Ordnung, aber natürlich hast du damit ausgedrückt, dass du dich von ihm sexuell belästigt fühlst. Auch wenn du das nicht direkt so geschrieben hast, geht das aus dem Kontext hervor.

Es ist aber dein gutes Recht, ihm Grenzen zu setzen und wenn er jetzt sauer ist, dann ist das eben so. Sein Problem. Wichtig ist, dass er sich jetzt daran hält und dich in Ruhe lässt.

eisbrecher

det92

Das sehe ich auch so.

Wie würde ich handeln, wenn ich eine solche Nachricht erhalten hätte? Den Kontakt mit diesem Menschen einfach meiden und gar nicht mehr mit ihm sprechen, außer, es ist beruflich unbedingt nötig. Guten Morgen, auf Wiedersehen und der Rest strikt beruflich und sonst nichts.

Natürlich ist man dann nicht mehr so unbefangen und belangloser Smalltalk ist dann nicht mehr möglich, ebensowenig wie ein gutes kollegiales Verhältnis.

eisbrecher

aria1510

Nein. Im Gegenteil, ich wäre froh, wenn er mir nun aus dem Weg geht und gar nicht mehr mit mir spricht. Dann habe ich wenigstens Ruhe vor ihm.

eisbrecher

det92

Einen normalen Umgang wird es nicht mehr geben.

eisbrecher

det92

Auf keinen Fall! Das würde ihn nur ermutigen, sich ihr wieder zu nähern. Außerdem ist es komplett verwirrend, wenn sie erst sagt, sie möchte ihre Ruhe und dann sucht sie den Kontakt.

zauderer22

Nunja,

das war in meinem Office absolut undenkbar, unvorstellbar. Was ist denn in dieser Firma los? In meiner Firma wäre ein Mann sofort draußen, wenn er Pornos schaut, Frauen angrapscht etc.pp.

Ob eine leichte Berührung am Arm gleich als Angrapschen oder ob eine kurze nicht sexuell bewertbare Umarmung als Akt der Anmache oder Respektlosigkeitet gewertet werden sollte, bezweifle ich zwar ebenfalls. Aber alles was weiter geht ohne vorherige An- resp. Absprache, sollte als unangemessen gelten.

Hierzu gehört natürlich auch ein Codex des Umgangs, zu dem man u.a. den Betriebsrat und Vorgesetzte ansprechen kann. Übrigens: Auch Vorgesetzte, die sich nicht an diesen Codex halten, verlieren in meiner Firma ganz schnell ihren Job. Einer wurde sogar fristlos entlassen (und sprang dann vor einen Zug, da er dies seiner Frau nicht erklären konnte).

Ich selbst stehe voll und ganz zu dieser Antidiskriminierung. Das muss dann nicht auf gezwungenes Verhalten hinauslaufen. Alles Private darf außerhalb der Firma ohne weiteres stattfinden. Und ja: Einige Paare haben sogar geheiratet. Die Einladung zu einem Kaffee außerhalb ist nicht verboten, wenn da a.) kein Druck/kein Zwang, b.) kein Angebot (für die nächste Beförderung z.B.) und Ähnliches dahintersteht. Ein Nein ist sofort zu akzeptieren.

An einem solchen Codes ist doch nichts Schlimmes oder Verqueres. Ich denke, Du solltest Dich in Deiner Firma nach einem solchen Umgangscodex unabhängig von den bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen erkundigen.

Übrigens können auch Männer durch solche Regeln geschützt werden!

eisbrecher

zauderer22

Dazu muss es erst einmal bekannt sein. Meist wissen die Vorgesetzten ja gar nicht, was beim "Fußvolk" so los ist, weil sie sich gar nicht dafür interessieren. Natürlich wird man sich bei einem solchen Verhältnis garantiert nicht vertrauensvoll an die Vorgesetzten wenden.

zauderer22

eisbrecher

Darum ist es auch erforderlich, dass Vorgesetzte aufgeklärt werden und ihrer Aufsichtspflicht genügen. In kleinen Betrieben ohne Betriebsrat sehe ich wie Du erhebliche Probleme. Sicher hat auch nicht jede(r) den Mut, etwas einzufordern. Daher sollten wir alle mutiger werden, auch sollten wir Männer Frauen unterstützen.

In einem Betrieb, der sowas als modisches "Metoo"-Getue oder übertriebene "political correctness" ansieht, was eigentlich zivilisatorisch und nach normalen menschlichen Gefühlen richtig ist, sollte man tunlichst nicht beschäftigt bleiben und sich nach etwas Neuem umschauen.

aeryn_26774591

aria1510

Ja, ich kann das auch nicht ausstehen.

aria1510

Da einige erwähnen, meine Nachricht an ihn wäre zu übertrieben, schreibe ich hier mal paar "Highlights", die mich dann dazu bewogen haben:

Zum Beispiel hat er mir bei WhatsApp immer wieder mal versaute Sachen geschrieben, z.B.:

So einen Treppenwitz aus der Metal Szene, da geht es um einen Ritter, der Drachen auf verschiedene Arten (je nach Subgenre) tötet und dann auf verschiedene Arten mit der Prinzessin vögelt, mit der Bemerkung: "Was man mit Prinzessinnen und Drachen so alles machen kann."

Oder, als es drum ging, dass es grad zum einschlafen langweilig im Büro sei, dass er nicht einschläft, er guckt jetzt Pornos, das bringe sein Blut in Wallung.

Oder dass er gern nackt im Büro rumläuft, ich soll ihn warnen, bevor ich hochkomm, damit er sich schnell wieder anziehen kann und das ich das bestimmt nicht tun werde und einfach unangemeldet an der Tür stehe, wenn er nackt rumläuft.

Oder dass die Chefin daheim in hautengem Latexanzug rumlaufen würde und ihren Mann auspeitschen (als die sich mal wieder vor der Belegschaft zofften).

Ich hielt das ne Weile für Spaß und hab drüber gelacht bzw zurückgeschrieben - weil ich eben alle in dem kleinen Männerbetrieb relativ versaut sind - was ich heute nicht mehr tun würde, sondern sofort ne Grenze setzen.

Irgendwann kamen dann noch anzügliche Blicke dazu und abschänzendes von oben nach unten Mustern.

Dann kam körperliches dazu...

Einmal stand ich vor ihm und zeigte ihm was an meinem Handy, er stand hinter mir. Dann geht er von hinten einen Schritt näher und lehnt mit seiner Schulter an meinen Rücken und bleibt so stehen, solang ich was an meinen Handy gezeigt habe.

Oder die Sache am Fenster...er kommt rüber und lehnt sich mit seinem Oberkörper an meinen Oberkörper, um aus dem Fenster zu sehen. Er berührte mich nicht am Arm, er berührte mit seinem Arm meinen BUSEN an der Seite. Das war überhaupt nicht nötigt, da war genug Platz. Ich kann mir bei bestem Willen nicht vorstellen, dass er das ausversehen oder gedankenlos oder was auch immer getan hat.

Ich hätte in den jeweiligen Situationen direkt ansprechen sollen, aber ich hab mich irgendwie nicht getraut.

War mein schriftlicher "Vorwurf" der sexuellen Belästigung wirklich zu schroff und zu übertrieben?

Könnte ich das wirklich alles falsch interpretiert haben?

aeryn_26774591

aria1510

Du hast das mit Sicherheit nicht falsch interpretiert. Aber dadurch, dass du auf seine ekeligen Witze eingegangen bist, wird er eventuell gedacht haben, du würdest so ticken wie er.

Ich verstehe deine Nachricht, aber auf der anderen Seite kann es auch sein, dass er wirklich meinte, ihr würdet euch gut ergänzen und deine Antworten falsch interpretiert hat.
Was hast du denn genau auf seine Nachrichten geantwortet? Wie ist denn jetzt der Umgang mit ihm?

zauderer22

aria1510

Definitiv nein. Sexuelle Belästigung beginnt nicht erst mit einer Berührung.

laxman_26921740

aria1510

Liebe Aria1510,

du musst dich hier vor niemandem rechtfertigen!
Manchmal muss man Situationen länger beobachten, um sie beurteilen zu können.
Man ist sich unsicher, man ist vielleicht überrumpelt.
Und irgendwann kam der Punkt, wo es dich halt richtig gestört hat und du reagiert hast!
Gut so!

Wir haben vor zwei Jahren einen Mitarbeiter gekündigt, der Hahn im Korb war.
Noch in der Probezeit fing er an, die Kolleginnen zu bedrängen.
Erst bewertete er ihre Optik, dann kam ein Schmatzen und Gaffen hinzu, irgendwann hat er Bemerkungen wie ''Oh, Lecker'' gemacht, wenn er einen tieferen Ausschnitt sah oder wenn jemand enge Hosen trug.
Die Krönung war dann, als er fast jede nacheinander gefragt hat, ob sie mal mit ihm ausgehen möchte.
Letzteres wäre kein Problem, wenn die Dinge zuvor nicht gewesen wären und die Damen sich nicht beschwert hätten.
Außerdem hatte der gute Mann eine hochschwangere Frau daheim hocken, die das ganz sicher nicht so toll gefunden hätte.
Wir haben ihn dann rausgeworfen, er war ja noch in der Probezeit.

Ganz ehrlich, wer hat denn Lust auf die Arbeit zu gehen und sich mit notgeilen Kollegen rumzuschlagen. Außer man arbeitet in einer bestimmten Branche.
Flirten ist total okay, wenn beide damit einverstanden sind. Aber sobald es für eine Partei, egal ob Frau oder Mann, unangenehm wird, sollte man sich zurücknehmen.

Alles Gute dir!

eisbrecher

aria1510

Ich glaube, du hast da etwas missverstanden. Niemand sagt, dass du dir das eingebildet hast.

Es geht lediglich um die Formulierung der Nachricht an deinen Kollegen diesbezüglich.
Einerseits möchtest du klarstellen, dass du so ein Benehmen nicht duldest, anderseits möchtest du aber weiterhin Harmonie. Das ist aber nicht möglich!

Du kannst nicht einerseits recht offensiv den Kollegen der sexuellen Belästigung bezichten und dann erwarten, dass er normal und freundlich mit dir umgeht. Wie soll denn das funktionieren?

Dein Instinkt diesbezüglich ist richtig, ich sehe es auch so, dass dieser Kollege Grenzen überschritten hat und es ist dein gutes Recht, das abzustellen. Es muss dir aber auch klar sein, dass ab diesem Zeitpunkt kein normales kollegiales Verhältnis mehr möglich ist.

Drum die Aussage, man hätte die Nachricht auch anders formulieren können, eben weil man möchte, dass hinterher noch das Zusammenarbeiten möglich ist.

det92

Den Bedenkenträgern geht es nicht darum irgendwas herabzuspielen. Es geht ihnen auch nicht darum ob du im Unrecht bist und dir was einbildest. Auch nicht ob deine Ansage berechtigt war oder nicht.

Das war sie. Es ging ihnen um den Ton. Wie man sowas formuliert, damit es vorbei ist, aber der Arbeitsalltag irgendwann wieder normaler wird. Du sagst ja selber, dass dein Kollege seither dadurch komisch ist.

Außer in Bezug auf die Berührungen und dem nackt herumlaufen, sehe ich in den Beispielen jetzt keine sexuelle Belästigung mit Bezug auf deine Person. Wenn das bei euch in der Firma der Umgangston ist, würde ich mir grundsätzlich Gedanken über den AG machen.

eisbrecher

aria1510

Zu den Nachrichten selbst wollte ich nur noch sagen, dass ich diese größtenteils auch nicht als sexuelle Belästigung empfinde, nur als dümmliche, sexuell fixierte Nachrichten. Ich würde mir bei so einem Kollegen denken, dass er wohl einen Notstand hat und auf Sex fixiert ist und das ein bisschen peinlich für ihn finden. Aber du schreibst ja selbst, dass das in deinem Betrieb üblich sei. Finde ich zwar nicht gut (und ich würde in so einem Betrieb nicht arbeiten wollen), aber wenn das alle tun, wird er sich vermutlich nicht viel dabei gedacht haben.

Einzig die Nachricht mit dem nackt Rumlaufen im Büro hat dich direkt angesprochen und darauf hättest du auch sowas antworten können wie: "Igitt, glaubst du wirklich, ich bin neugierig, wie du nackt aussiehst? :roll:" Dann wäre er zwar kurz beleidigt gewesen, aber die Fronten wären klar gewesen. Wenn du auf sowas einsteigst und darüber lachst, dann kann das für ihn schon ein Signal sein, dass du an Sex oder zumindest sexueller Flirterei mit ihm interessiert bist.

Die Berührungen gehen natürlich gar nicht, da bin ich deiner Meinung.

Was andere denken, zählt aber überhaupt nicht. Tatsache ist, du hast dich von den Nachrichten belästigt gefühlt und dem Ausdruck verliehen. Das ist in Ordnung, denn die Grenzen sind bei jedem Menschen anders und haben respektiert zu werden. Aber natürlich ist es bei jedem Konflikt so (ganz egal, worum es geht), dass ein normaler Umgang hinterher erschwert wird. Du kannst eben nicht beides haben, das geht nirgendwo. Drum ist es nach solchen Konflikten auch üblich, dass einer geht. Meist ist das der Belästiger, aber wenn der nicht will und auch nicht rausgeworfen wird deshalb, dann ist es oft das Belästigungsopfer, weil es sich das nicht mehr antun möchte.

zauderer22

eisbrecher

Was sexuelle Belästigung ist, regelt §3 Absatz AGG.

Von meinem laienhaften Verständnis her geht es in erster Linie darum, ob Einverständnis vorliegt oder nicht. Wenn man den Kollegen bittet, mit sexuellen Anspielungen, unangenehmen Berührungen und schmutzigen Witzen aufzuhören und er ein solches Verhalten fortsetzt, handelt es sich m.E. eindeutig um sexuelle Belästigung. Wenn man sowas einfach immer stillschweigend duldet, das ist wiederum etwas anderes.

zauderer22

Schreibfehler. Richtig ist: §3 Absatz 4 AGG. Ich habe die 4 weggelassen.

eisbrecher

zauderer22

Dann wäre es rechtlich so, dass er sie zunächstmal nicht belästigt hat, weil sie die Nachrichten geduldet hat. Das heißt aber nicht, dass sie sich nicht trotzdem belästigt gefühlt hat.

Sollte er ihr jetzt weiterhin sexuell konnotierte Nachrichten schicken, wäre es rechtlich sexuelle Belästigung, weil sie klargestellt hat, dass sie solche Nachrichten nicht haben möchte.

aria1510

Ich wollte einfach die ehrliche Meinung von anderen, unbeteiligten, Leuten dazu hören, ob ich mit den „Anschuldigungen" übertreibe. Ob ich mich da zu sehr reinsteigere.. War das alles nicht so schlimm und nicht der Rede wert?
Ich wollte mein schlechtes Gewissen besänftigen ihn „beschuldigt“ zu haben. Ich würde ihn gern nochmal persönlich drauf ansprechen und klären, dass ich es nicht „böse“ meinte, sondern einfach klare Verhältnisse schaffen wollte, aber er ist mir gegenüber eiskalt.
Wir reden miteinander über berufliches oder belangloses, wenn andere Kollegen dabei sind. Aber sonst nichts. Ich kann es ja auch verstehen.
Vielleicht halte ich auch einfach diese „Miss-Stimmung“ nicht aus.
Ich habe auch das Gefühl, dass er zumindest einem der anderen Kollegen erzählt hat, was ich ihm geschrieben habe. Dieser andere Kollege hat mir gegenüber zwar nichts erwähnt. Allerdings meinte er gestern so aus heiterem Himmel: Wenn dir jemand an die Wäsche will, nimm die Flasche hier und schlag so fest zu wie du kannst oder tritt ihm zwischen die Beine“…erzählte dann noch was von Frauen-Selbstverteidigung, wie wichtig das wäre usw.
Kam mir schon etwas komisch vor.

eisbrecher

aria1510

Du musst dein schlechtes Gewissen weder besänftigen, noch musst du überhaupt eins haben. Halte dich fern von diesem Kollegen.

det92

Wie reagiert er denn auf das Gesprächsangebot ? Ggf. könnt ihr den Kollegen, von dem du erzählt hast ja mit dazunehmen.

Wenn er mit anderen drüber spricht, scheint es ja doch an ihm zu Nagen. Und ihm arg zu sein, dass er deine Grenzen falsch eingeschätzt hat, was das verbale anbelangt. Und dafür das er Angst hat vor Arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

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