Hallo zusammen,
nochmal ein Beitrag über meine Tochter, die mir zur Zeit sehr viele Sorgen macht.
Ich hoffe, dass ich hier Eltern finde, die mir weiterhelfen können oder die vielleicht was Ähnliches erlebt haben und mit denen ich mich austauschen kann.
Wir haben eine fünfjährige Tochter. Sie ist ein liebes Kind und war schon immer ein wenig weiter als die meisten Gleichaltrigen – zumindest ist uns das immer wieder gesagt worden. Da sie unser erstes und bislang einziges Kind ist und ich sonst wenig engen Kontakt zu anderen Kindern habe, habe ich das so hingenommen und nicht weiter hinterfragt. Oft auch gar nicht ernst genommen, denn sowas kam gerne von der Verwandtschaft, und die Omas, Opas, Onkel und Tanten finden ihre Enkel und Nichten natürlich immer ganz besonders. 😉 (So wie wir Mamas und Papas eben auch).
Für mich ist sie "normal", ich kenne es ja nicht anders. Dennoch gibt es einige Dinge, die mir auffallen/aufgefallen sind.
Sie hat früh gesprochen. Das ging mit einem Jahr los und mit etwa 1,5 hatte sie schon einen ziemlich großen Wortschatz und hat sinnvolle Sätze mit mehreren Wörtern gebildet. Babysprache hat sie komplett übersprungen.
Etwa in dem Alter kam eine Phase, in der sie sich ganz exzessiv für Türen interessiert hat. Das war wirklich auffällig und als sie mit 2 in den Kindergarten kam, wurde das so ein bisschen belächelt, aber nicht als auffällig angesehen. Es gab kein anderes Thema und sie hat sich auch nicht für Spielzeug interessiert, sondern wirklich ausschließlich für Türen. Sie hat ständig über Türen gesprochen, jede Tür musste auf- und zugemacht werden, die Angeln und Klinken ausgiebig untersucht werden, das konnte stundenlang gehen. Wir waren irgendwann nur noch genervt davon. Nach etwa einem Jahr ging diese Phase vorbei und zwischen 2,5 und 4 war sie im Kindergarten auch ziemlich zufrieden, hat Freunde gefunden etc. Keine Auffälligkeiten, auch die U-Untersuchungen beim Kinderarzt waren immer unauffällig. Sie war immer ein wenig fitter als gefordert, wobei das ja nun nichts Ungewöhnliches ist.
Als sie 4 wurde, wurde auf einmal alles komplizierter. Plötzlich brachte sie sich rechnen bei. Erst Addition bis 10, dann bis 20, dann bis 100. Dann Subtraktion und Multiplikation. In dieser Reihenfolge, innerhalb weniger Wochen. Ich habe keine Ahnung, wie sie das gemacht hat. Sie war fast besessen von Zahlen und begann, Zahlen zu schreiben. Sie hat ganze Zettel vollgeschrieben mit Zahlen von 1 bis 1000 und ständig sollte ich ihr neue Matheaufgaben stellen. Kurz darauf löste sie auch Aufgaben mit Division und interessierte sich für Minuszahlen.
Nach ein paar Wochen lies diese Faszination wieder nach und sie brachte sich lesen und fast zeitgleich schreiben bei. Auch größtenteils ohne Unterstützung. Nicht, dass ich sie nicht unterstützen möchte, aber ich war verunsichert und ein bisschen überfordert mit der Situation. Man liest ja auch immer, dass man der Schule nicht vorgreifen soll. Ich habe also nichts weiter gemacht, habe es ihr aber natürlich auch nicht verboten. Manchmal hat sie mich gefragt, wie man dieses oder jenes Wort buchstabiert, dann habe ich ihr ihre Fragen beantwortet, mehr aber auch nicht. Wir haben ihr dann ein Notizbuch geschenkt, in das sie schreiben oder malen konnte. Daraufhin hat sie angefangen, kleine Geschichten zu schreiben. Es waren immer wenige Sätze, aber schon halbwegs sinnvoll. Eine Geschichte, die sie z. B. mit 4 geschrieben hat, war: "Mama ist sehr müde und schläft ein. Sie hat einen schönen Traum. Am nächsten Tag wacht sie wieder auf. Die Sonne scheint."
Ungefähr um diese Zeit hatten wir ein Gespräch im Kindergarten, wo eine Erzieherin meinte, dass unsere Tochter übertrieben viel Fantasie hätte und sich "in Geschichten reinsteigert". Sie fand das wohl nicht normal, aber wir haben das ignoriert, zumal auch keine Handlungsempfehlungen kamen.
Kurz darauf fing sie an, sich für den Computer zu interessieren. Besonders spannend fand sie Word. Dann schrieb sie Geschichten mit Word oder wieder ihre Zahlenfolgen (von 1 bis 1000) mit Word.
Einige Wochen später lies das Interesse fürs Schreiben und Lesen wieder nach.
Natürlich war mir klar, dass das alles recht früh ist, aber ich habe mir weiter keine Gedanken darüber gemacht. Es ist ja oft so, dass Kinder sich unterschiedlich entwickeln. In anderen Sachen ist sie nicht so fit. Sie ist z. B. sehr unsportlich und generell sehr langsam und verträumt, auch sehr ängstlich. Sie kann nicht Fahrradfahren und hat Angst davor, selbst mit Stützrädern. Auch ganz einfache Sachen, wie z. B. einen Ball zu fangen, bereiten ihr Schwierigkeiten, aber hauptsächlich deswegen, weil sie so ängstlich ist (sie duckt sich dann z. B. eher weg) - Zudem ist sie übermäßig empfindlich (da reicht es schon, wenn jemand "unfreundlich guckt" ) und hat nur eine sehr geringe Frustrationstoleranz. Sie ist sehr perfektionistisch und wenn etwas nicht sofort klappt, regt sie sich furchtbar auf, was oft auch sehr, sehr anstrengend ist.
Jetzt ist sie 5 und aktuell ist es so, dass sie unglaublich unzufrieden ist. Sie ist den ganzen Tag am Nörgeln und Meckern, alles ist blöd und langweilig und auf nix hat sie Bock. Sie will nicht mehr in den Kindergarten oder auf den Spielplatz, raus sowieso nicht und an sämtlichen ihrer Spielsachen hat sie kein Interesse (wobei sich das Interesse an Kinderspielzeug schon immer in Grenzen hielt). Sie treibt mich zur Zeit wirklich in den Wahnsinn, weil sie nur jammert, dass alles blöd und langweilig ist. Sie liegt lethargisch auf der Couch und beschwert sich, aber auf alles, was ich ihr anbiete, hat sie keinen Bock. Das mit dem Lesen, Schreiben und den Zahlen ist auch wieder weniger geworden. Sie kann lesen, das weiß ich, hat aber keine Lust mehr darauf und behauptet, sie kann es nicht.
Bisher habe ich das auf diverse private Umstellungen geschoben (ich bin wieder schwanger, wir sind umgezogen) und vielleicht auf einen Schub/eine Phase, die wieder vorbeigeht. Nun wurde ich allerdings von einer Erzieherin darauf angesprochen, weil die meine Tochter auffällig findet. Im Endeffekt hat sie mir nur das erzählt, was ich schon weiß – dass meine Tochter lethargisch ist, auf nix Bock hat, sich ständig langweilt, aber gleichzeitig auch keine Lust hat, sich an Spielen zu beteiligen. All das war ja nix Neues für mich, aber ich dachte halt immer, "Kinder sind halt so", oder das geht wieder vorbei. Die Erzieherin meinte nun jedoch, dass sie das sehr ungewöhnlich findet und noch nie ein Kind erlebt hat, das so ist, wie meine Tochter. Sie hat auch durchblicken lassen, dass sie mit ihr überfordert ist und nicht weiß, wie sie mit ihr umgehen soll. Das hat mich ehrlich gewundert. Ich meine, sie schlägt nicht, ist nicht aggressiv oder sonst was. Kommt auch mit anderen Kindern gut aus, nur scheint sie daran meist kein Interesse zu haben. Sie zieht sich halt zurück und ist wohl einfach extrem lustlos und gelangweilt.
Das Gespräch mit der Erzieherin war allgemein ein wenig komisch, das war so zwischen Tür und Angel und eine richtige Empfehlung, was wir nun machen sollen, konnte sie mir auch nicht geben.
Sie hat dann noch fallen lassen, dass sie sich vorstellen könnte, dass meine Tochter evtl. hochbegabt und unterfordert ist, um dann aber im gleichen Atemzug zu sagen, dass sie sich damit nicht auskennt. Jetzt bin ich noch verunsicherter als ohnehin schon. Ich habe ja schon gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt, konnte mir bisher aber immer einreden, dass das einfach nur eine Phase ist.
Ich weiß nicht, was ich machen soll. Einerseits ist sie erst 5 und ich komme mir albern vor, mit so einer Verdachtsdiagnose zum Psychologen zu rennen. Andererseits ist die Dame Erzieherin mit 20 Jahren Berufserfahrung und wenn sie das auffällig findet, ist das Verhalten meiner Tochter ja anscheinend nicht "normal". Dazu kommt diese permanente Unzufriedenheit und wenn die wirklich darin begründet liegt, dass irgendwas nicht stimmt (ob das nun eine Hochbegabung ist oder irgendwas anderes), sollte man das wahrscheinlich schon abklären lassen, um ihr helfen zu können?
Ich bin gerade irgendwie überfordert mit dieser Situation. Kürzlich waren wir bei der U9 und die war völlig unauffällig, meine Tochter hat aber auch kaum was gesagt und nur genau das gemacht, was man von ihr erwartet hat (auf Gegenstände auf einem Bild zeigen usw.). Da ist natürlich nix aufgefallen.
Ich kann das gerade alles nicht wirklich einordnen und weiß nicht so genau, wie ich mich nun verhalten soll. Einen neuen Termin beim Kinderarzt habe ich mal ausgemacht, darauf kann ich aber nun über drei Monate warten und ich weiß nicht mal genau, was ich mir davon verspreche. Gleichzeitig kann ich das aber ja auch nicht einfach ignorieren?
Ich weiß schon, dass mir hier keiner eine Diagnose geben kann, aber hat vielleicht jemand was Ähnliches erlebt? Ist das wirklich alles so "unnormal"? Habt Ihr Ideen, wie ich jetzt am besten vorgehen soll?