Hallo ihr Lieben,
ich bin seit sehr kurzem in einer Beziehung. Wir beide sind sehr unterschiedlich und nun, wo wir einen Monat zusammen sind, beginne ich mich zu fragen, ob die Beziehung eine längere Perspektive haben kann.
Ich bin 28 Jahre alt und schreibe zur Zeit an meiner Doktorarbeit. Dafür bin ich im eine kleinere Stadt gezogen und lebe nun anders als sonst, ein sehr ruhiges Leben.
Er ist hier geboren, 27 Jahre alt und arbeitet als angestellter Handwerker in einem größeren Betrieb. Er lebt ein recht einfaches Leben. Hat seine Eigentumswohnung hier und fährt in seiner Freizeit gerne Fahrrad.
Abgesehen vom Bildungsabschluss (Doktortitel / Realschule), haben wir auch eine unterchiedliche Lebensplanung. Ich wollte eigentlich immer in größere Städte und habe auch eine kleine Eigentumswohnung in einer Großstadt, die zur Zeit vermietet ist. Ich verdiene zur Zeit zwar dasselbe wie er, dafür arbeite ich aber nur drei Tage die Woche. In einer normalen Anstellung würde ich vermutlich das dreifache von ihm verdienen.
Ihn scheint es nicht sonderlich zu stören, wenn er nicht mitreden kann, wenn ich mich mit meinen Arbeitskollegen unterhalte. Wir unterhalten uns eher über unsere Hobbies, machen zusammen Musik oder fahren Fahrrad.
Nun ist es so, dass ich mit ihm gerne Urlaub machen möchte und er nicht verreisen will. Er möchte sich lieber ein drittes Fahrrad kaufen und ich darf ihn nicht zum Urlaub einladen. Er würde vermutlich mitkommen, wenn ich zusage, dass wir die ganze Woche radfahren, aber ehrlich gesagt, würde ich auch gerne etwas anderes machen. Er sagt dann, dass ich das alleine machen soll. Er probiert wohl nicht so gerne neue Dinge aus, ganz im Gegenteil zu mir. Ich bin zwar auch sportlich, aber mir fehlt die Kondition für 50km Mountainbike jeden Tag und ich würde auch gerne anderen Sport machen: Badminton, Surfen, Segeln, Schwimmen,...
Dann sind wir beide leicht familiär vorbelastet: Wir haben beide keinen Kontakt zu unserer Familie. Uns beidem fällt es daher schwer, neue Beziehungen einzugehen. Ich habe sehr viele wechselhafte Beziehungen, er hatte bisher nur eine überhaupt. Ich war mir auch lange Zeit nicht darüber im klaren, ob ich mal eigene Kinder bekommen möchte. Mir war aber immer klar, dass ich eine Familie haben möchte, nur vielleicht eher Pflegekinder als eigene Kinder.
In einer stabilen und vertrauensvollen Beziehung hätte ich vermutlich schon gerne eigene Kinder.
Seitdem wir zusammen sind, haben wir mit Ausnahme von zwei Tagen jeden Tag gemeinsam verbracht und er sagte zu mir, dass er es schön findet, dass ich auch nicht so der Familienmensch sei. Dann sagte er, dass er gerne eine Vasektomie machen lassen würde, da er sich sicher ist, dass er nie Kinder möchte. Auf die Frage, was wäre, wenn ich welche möchte, sagte er, ich müsse mir dafür einen anderen Mann suchen. Als ich fragte warum das so sei, erzählte er, dass er selbst in einer Pflegefamilie aufwuchs und ihn die engen Wohnverhältnisse und der ständige Lärm von zu vielen Kindern gestresst hätten und er das nicht noch einmal möchte. Damit sind alle Familienoptionen wohl eindeutig vom Tisch und ich weiß nicht so recht, ob ich mich damit abfinden könnte. Immerhin wäre für mich der beste Zeitpunkt für Kinder eigentlich in den nächsten zwei Jahren, während der Doktorarbeit und bevor ich wieder in den Job einsteige.
Zuletzt wohnt er fast bei mir und hat auch mehrfach angedeutet, wie unpraktisch es sei, dass er seine Sachen immer holen gehen müsste. Ich hatte überlegt, hier in der Gegend in ein kleines Häuschen zu ziehen, da meine jetzige Wohnung recht teuer und klein ist. Als ich vorschlug, dass er seine Sachen dorthin mitnehmen könnte, habe ich sofort gemerkt, wie er innerlich einen Rückzieher machte.
Zu guter letzt: Ich sage ihm häufig, was ich an ihm mag und sage ihm auch, dass ich ihn sehr gerne habe. Ein Monat ist keine lange Zeit, aber wir harmonieren zwischenmenschlich sehr gut und haben noch nie gestritten, obwohl ich manchmal wirklich schwierig sein kann. Letztes Wochenende meinte er sogar, wir sollten im Schaufenster mal nach einem Brautkleid für mich schauen. Dennoch hat er mir nicht einmal gesagt, dass er mich gern hat, mag, oder liebt. Nicht einmal ein "ich auch" kommt da über die Lippen. Ich sage es nun nicht mehr, weil ich ihn nicht unter Druck setzen möchte.
Das alles stimmt mich sehr nachdenklich und ich habe beschlossen nun etwas weniger Tempo zu machen und ihn wieder in seine Wohnung auszuquartieren unter dem Vorwand, dass ich mich zwei Wochen mehr auf meine Arbeit konzentrieren möchte. Das hat er akzeptiert und gefragt, ob wir trotzdem zusammen kochen / essen wollen.
Was ist eure Einschätzung zu der Situation? Zu viele Unterschiede oder lohnt es sich, die Beziehung weiterzuführen und noch etwas abzuwarten, ob er auftaut?