Meiner Meinung nach ist es ein großer Fehler, wenn Eltern ihren Kindern eigene Erfahrungen vorenthalten. Ich habe selber eine mittlerweile erwachsene Tochter, und als sie in die Pubertät kam, habe ich mit ihr über Selbstbestimmung, Krankheiten und ungewollte Schwangerschaft geredet. Wenn sie einen Freund mit nach Hause gebracht habe, habe ich mich freundlich neutral verhalten. Dadurch hat sie oft auf meinen Rat gehört und war ganz gut vorbereitet, auch wenn ich ihr nicht jedes Herzeleid ersparen konnte.
Auf der anderen Seite hatte ich eine Beziehung zu einer Frau, die von ihren Eltern ähnlich behandelt wurde wie hier beschrieben. Die ersten Freunde von den Eltern vergrault, die erste echte Beziehung mit Mitte 20 hatte sie große Probleme, einen Partner zu finden - ich war ihren Eltern nie gut genug. Letztlich ist die Beziehung daran zerbrochen, obwohl sie schon 40 Jahre alt war. Ich weiß, dass sie es bis heute bereut, aber sie kann sich nicht von ihren Eltern abnabeln.
Es gibt ein normales, gesundes Verhalten von Heranwachsenden, dazu gehören Freiraum, Intimsphäre, Vertrauen, eigene Erfahrungen, erste Beziehungen und auch sexuelle Erfahrungen. Wenn man das unterbindet, muss man mit Problemen rechnen. Gerade in dieser sensiblen Phase kann man den jungen Menschen für sein ganzes Leben belasten.
Klar gibt es das Risiko, dass der junge Mensch Fehler begeht, aber auf der anderen Seite besteht durch übermäßige Kontrolle die Gewissheit, dass das Kind niemals Verantwortung lernt oder ein unbelastetes Verhältnis zu Beziehungen und zur Sexualität entwickelt. Grausam!