Guten Abend!
Ich komme gerade von einer Bar-Tour in der Stadt zurück. Vielleicht muss ich vorher sagen, dass ich schon den ganzen Tag recht dünnhäutig auf verbale Interaktionen reagiert habe (sehr leicht reizbar eben) und ein paar Zickereien sicher nicht abgeneigt war.
Auf der Suche danach war ich aber nicht. Ich wartete mit meinen Freunden an der Bus-Halte. Die halbe Stadt war wegen einer Veranstaltung abgesperrt gewesen und die Busse hatten wegen den Umwegen ziemliche Verspätungen, weshalb auch dauernd Informations-Leuchtwesten-Personal an der Haltestelle auf und ab ging. Wir fragten einen der Info-Typen, ob die Busse überhaupt fahren, was der bejahte und wir stellten uns (unbewusst) neben ihn. Wir warteten ein paar Minuten, quatschen ein wenig, bis auf einmal einer von den Wartenden auf den Info-Typen zukommt. Jetzt gehts los.
Der Wartende fragt den Info-Mann nicht unbedingt freundlich, was mit dem Bus los sei (es standen eigentlich überall Infotafeln rum). Ich dachte mir nichts dabei und der Info-Mann gab normal Auskunft: Es sei wegen der Veranstaltung zu ein paar Verspätungen gekommen. Der Wartende lässt ihn nicht mal ausreden. Er spricht ihm drein und sagt, es interessiere ihn nicht. Er verlange, dass er (also der Info-Mann) jetzt unverzüglich in der Zentrale anruft und nachfragt, wann dieser Bus endlich kommt, in einem wirklich echt respektlosen Tonfall. Ich beobachtete das Gespräch entsetzt, und sagte dem Wartenden ein paar Mal: "Hey, ruhig jetzt!" Bis der Wartende handgreiflich wird. Er greift dem Info-Mann einfach an die Westentasche, wo er das Handy, bzw. das Funkgerät vermutete, wird immer ausfälliger. Und mir selber platzte der Kragen endgültig. Ich schrie den Mann regelrecht an, ob es ihm eigentlich noch gut gehe, Arsch**** war einer der netteren Ausdrücke. Meine Freunde hielten mich nach ein paar flücherischen Ergüssen zurück (Jetzt tu nicht so). Und ich zittere vor Wut. Ich liess den respektlosen Wartenden sein Gefecht austragen und schüttelte nur noch unnachlässig den Kopf, murmelte immer wieder was für ein Wi**er er doch sei und so weiter. Der Info-Mann konnte sich dann irgendwann lösen und kam dann noch kurz zu mir: Er fand es ja nett, das ich mich so einsetzte, aber ich dürfe das nicht wieder tun.
Ich verstehe schon warum. Meine Wortwahl war sicher alles andere als diplomatisch und meine Lautstärke, naja. Sogar meine Freunde schämten sich dann für mich. Im Nachhinein würde ich auch nicht mehr so aus der Haut fahren, aber wenn ich Leute sehe, die anderen einfach absolut grundlos ohne jeglichen Respekt begegnen, dann speit bei mir die Galle und meine Veräusserungen richten sich dann leider meist danach.
Aber abgesehen von meiner fehlgeleiteten Reaktion: Ich war weit und breit die einzige, die sich irgendwie für den Info-Typen einsetzte. Wenn mich jemand so herablassend angemachen würde, hätte ich wohl zu einer Ohrfeige gegriffen. Die Haltestelle war während des Szenarios recht gut besetzt, mehr als ein paar geistleere Gaffer, die den Streit zwischen den beiden Männern verfolgten, resultierte sich daraus aber nicht.
Irgendwie komme ich mir richtig dämlich vor. War die Absicht, sich für den Info-Mann einzusetzen, überhaupt angebracht? Oder ist die geistige Präsenz der Gesellschaft in ihrem Alltag so dermassen ins Delirium abgedriftet, dass die meisten gar nicht mehr kapieren, was um sie herum passiert/ sich von der Aussenwelt abschotten? Wie handhabt ihr es mit Zivilcourage? Wie fühlt ihr euch in solchen Situationen? Werdet ihr auch zu tickenden Zeitbomben oder könnt ihr diese neutral und distanziert handhaben?
Würde mich sehr über eine angeregte Diskussion freuen.