Ich schreibe hier über die, aus meiner Sicht, traumatischen Erlebnisse bei der Geburt meines Kindes, die mich psychisch sehr mitgenommen haben. Ich hoffe es damit überwinden zu können. Ich habe schon mit meiner Frau und nahen Angehörigen darüber geredet mit der Hoffnung es akzeptieren zu können. Im Endeffekt geht es meiner Frau und dem Kind soweit ich das jetzt beurteilen kann gut. Aber nach drei Wochen bekomm ich immer mehr den Eindruck, dass mit einer anderen Hebamme die Geburt einfacher hätte verlaufen können.
Ich liebe meine Frau und sie hatte eine vollkommen unauffällige Schwangerschaft. Sie hat sich in einem Vorbereitungskurs darauf vorbereitet und ich hab sie auch immer dazu angehalten ihre Dammmassagen zu machen. Es war das erste Kind. Es war normal groß und da meine Frau selber relativ groß ist waren die Voraussetzungen eigentlich gut.
Wir hatten eigentlich eine Beleghebamme, die unglücklicherweise bei der Geburt verhindert war. So sind wir so in das Krankenhaus gefahren. Ich hatte es schon geahnt wir waren viel zu früh da. Wirklich los mit der Geburt ging es erst 18 Stunden später. Meine Frau bekam so erst ein Zimmer und drehte fleißig ihre Runden. Weil das hatten wir gelernt: Bewegung ist wichtig damit es voran geht.
Fünf Stunden vor der Geburt wurden die Wehen dann richtig heftig und meine Frau ist wieder auf die Entbindungsstation gegangen. Ich kam dann auch gerade wieder in Krankenhaus. Meine Frau hatte mich zwischenzeitlich zu Bekannten zum Schlafen geschickt, damit wenigstens einer von uns fit blieb.
Sie kam dann wieder an einen Wehenschreiber und es sollte gleich jemand kommen und nachschauen. Das gleich war dann eine dreiviertelstunde später. Wir waren in einem Raum den man im besten fall als bessere Abstellkammer beschreiben konnte. Außer einem Bett mit einem Tuch zum Festhalten an der Decke war nichts vorhanden. Die Untersuchung ergab dann dass der Muttermund 4cm offen war ( am Anfang war es 1 cm). Wir bekamen dann eine Hebamme zugewiesen und das erste was die Frau in den Mund nahm war ob meine Frau eine PDA haben wollte. Keine Frage ob sie nicht in ein anders Zimmer mit Badewanne gehen wolle und alles sonst was die anderen Zimmer so boten. Die waren nämlich augenscheinlich frei. Wir hatten vorher darüber gesprochen und meine Frau wollte nie eine PDA. Sie wollte nie ans Bett gefesselt sein, sich danach nicht bewegen können und nicht an den Wehentropf. Das hat die Hebamme so natürlich nicht erwähnt und erst als ich mit meiner Frau, die Wehen machten ihr schon wirklich zu schaffen, nochmal dran erinnert hatte lehnte sie die PDA ab. Es war hier schon wirklich schwer für mich weil ich nicht mehr wusste ob ich wirklich im Interesse meiner Frau handelte. Aber ich dachte schon die ganze Zeit: Hier läuft doch irgendwas falsch. Das hatte nichts damit zu tun wie es im Vorbereitungskurs erzählt wurde und wie es auch bei der Klinikbesichtigung rüber kam. Die Hebamme bot meiner Frau dann ein Schmerzmittel über den Tropf und das nahm sie dann auch. Sie durfte nun aber nicht mehr aufstehen, weil es auf den Kreislauf ging und war zudem neben dem Wehenschreiber noch an den Tropf gebunden.
Das Schmerzmittel half wirklich was die Schmerzen anging aber es hatte auch eine andere Wirkung. Es schwächte die Wehen so, dass es gar nicht mehr voran ging und als dann nach einer Stunde wieder der Muttermund kontrolliert wurde hatte sich gar nichts mehr getan. Das Schmerzmittel kam dann wieder weg und weil meiner Frau es im Bett dann kaum noch aushielt sagte ich ihr sie soll doch aufstehen. Ich pass schon auf sie auf. So konnte sie die Schmerzen viel besser aushalten, wobei sie immer noch an den Wehenschreiber und an dem Tropf hing und sich daher nur sehr eingeschränkt bewegen konnte. Aber siehe da, nach gerade einer dreiviertel Stunde war der Muttermund nun schon auf 7 cm. Genau wie es im Vorbereitungskurs erzählt wurde. Bewegung ist das beste. Nun bestand die Hebamme aber wieder darauf dass sich meine Frau ins Bett legte weil der Wehenschreiber sonst nicht richtig funktionieren würde. Das Schmerzmittel wurde auch wieder gegeben und das machte meine Frau wieder sehr müde und parallel gingen auch die Herztöne vom Kind runter. Es ging ab dann eigentlich recht schnell auch wenn ich es nicht mehr ganz auf die Reihe bekomme. Die Fruchtblase wurde aufgestochen und der Muttermund war dann recht schnell bei 10 cm. Die Hebamme war auch nicht die ganze Zeit da. Einmal kam sie von einer Raucherpause zurück was man roch. Meine Frau wollte dann gern auf einen Geburtshocker. Durfte sie nicht. Vierfüsserstand durfte sie auch nur ganz kurz weil dann der Wehenschreiber nicht mehr richtige Werte lieferte. An dem Strick an der Decke durfte sie sich auch nicht mehr festhalten sondern sollte schön an den Beinen ziehen. Das Ende vom Lied war dann, ich habe wirklich nur noch bruchstückhafte Erinnerungen, mit einer Saugglocke rausgezogen wurde während ein zweiter Arzt auf dem Bauch rumgesprungen ist und dass alles schön mit Dammschnitt. Ich höre die Ärztin immer noch zur Hebamme rufen: "Schneid tiefer." ...
Muss jetzt erst mal Pause machen beim Schreiben. Bin schon wieder fix und fertig.
Es war in diesem Moment zu viel für mich. Das Bild, als die Schnitt hat sich so in meinen Kopf gebrannt. Ich war kurz davor ein Loch in die Wand zu hauen, den Raum zu verlassen und so laut ich konnte "NEIN" zu schreien. Aber ich unterdrückte dass irgendwie alles. Ich musste bei meiner Frau bleiben. Sie erzählte mir später dass das Kind rausgezogen wurde obwohl sie in dem Moment nicht mal eine Wehe hatte. Ich hatte das Kind dann in den Armen und musste an Erzählungen anderer Väter von dem glücklichsten Moment in ihrem Leben denken. Ich fühlte gar nichts. Ich wusste nur, dass war der schlimmste Tag in meinen Leben. Meine Frau wurde dann zusammengeflickt, es sah so furchtbar aus und kam dann aufs Zimmer. Sie hatte starken Schmerzen in den Tagen danach inzwischen scheint es zu gehen, wobei ich manchmal den Verdacht habe dass sie mir etwas verschweigt.
Ich habe seit dem unkontrollierbare Muskelzuckungen, die ich vor meiner Frau so gut es geht verberge und wenn ich die ersten Tage allein Auto gefahren bin und allein auf der Straße war habe ich so lange und so laut es ging "NEIN" geschrien bis ich ganz heißer war. Ich bekomme es einfach aus meinen Kopf nicht raus. Ich habe es mit Reden versucht. Hab mir versucht klar zu machen es geht dem Kind gut und meiner Frau geht es ja auch irgendwie "gut". Die Begründung der Ärzte war das die Nabelschnur um das Kind lag, aber wie ich inzwischen weiß kommt das häufiger vor. Auch glaube ich daran das die Herztöne durch die Schmerzmittel runter gegangen sind, genau wie sie meine Frau so müde gemacht haben. Und dass sie halt die ganze Zeit an das Bett gefesselt wurde und nicht in die Geburtsposition konnte die sie wollte. Oder hätte ich von Anfang an nichts sagen sollen? Dann hätte sie wenigstens eine PDA gehabt und nicht so viele Schmerzen. Auch darüber mach ich mir große Vorwürfe.
Und unabhängig davon. Ich weiß nicht wie ich mit meiner Frau jeweils wieder Sex haben soll. Ich trau mich kaum sie in bestimmten Regionen anzufassen und habe Angst sie nackt zu sehen. Ich habe Angst die Narbe irgendwann zu sehen und ich hab Angst dass sie dann Schmerzen hat falls wir es mal wieder versuchen sollten. Ich bin ehrlich. Seit ich bin in meinem Leben nie ohne regelmäßige Selbstbefriedigung oder Sex ausgekommen. Bin da ein ganz normaler Mann. Aber seit der Geburt ist tote Hose. Ich will einfach nicht mehr. Die Vorstellung dass ich mich selbst befriedige während meine Frau sowas durchmachen muss widert mich an. Ich weiß nicht wie es weiter geht. Vielleicht wird es von allein besser. Ich werde es mit dem Sex versuchen wenn meine Frau irgendwann auf mich zukommen sollte weiß aber nicht was passiert?
Aber ich liebe meine Frau und wenn ich mein Kind in den Armen halte gibt es Momente wo ich alles ausblenden kann.