karly_13024938Auch mit fast 39 immer noch ein Kind?
Liebe Nina,
ich weiß nicht, ob ich Dir helfen kann, ich kann Dir nur sagen: Doch, es gibt mit Sicherheit viele Töchter mit dominanten Müttern.
Diese Mütter würden sich jedoch nie in diese Ecke stellen lassen. Schließlich haben sie ja ALLES für die Tochter getan. In meinem Fall: das Studium finanziert, hinterher Geld für eine Eigentumswohnung gegeben, ein Auto stand während der Studienzeit auch vor der Tür... Dafür kann man im Gegenzug schließlich Aufmerksam- und Dankbarkeit bis ans Lebensende verlangen.
Ja. Das kann man. Aber auch hier sollte man als Mutter Grenzen kennen. Meine Mutter ist inzwischen fast 75, hat aber die Kraft der zahlreichen eisernen Willen... Geht dabei aber auch sehr subtil vor. Schlechtes Gewissen machen, ist ihre Spezialität...
Ich habe lange gebraucht, bis ich gemerkt habe, dass die vielen (vor allem finanziellen) Zuwendungen auch dazu da waren, die Töchter (ich habe noch eine 2 Jahre jüngere Schwester) an sich zu binden.
Ich bin die ältere Tochter, die auch in Schule, Studium und Beruf immer mehr von ihrer Mutter gefordert wurde (oder sich hat fordern lassen, Pech) wie die jüngere Schwester. Eine 2 in einer Klausur war (zumindest am Anfang im Gymnasium) schon ein Drama. Auch mein Abi mit 1.4 wurde eher enttäuscht kommentiert, es gab schließlich drei Schulkollegen, die mit einer 1.3 abgeschlossen haben.
D.h. ich bin eigentlich von klein auf darauf getrimmt worden, dass gute Leistung erwartet und schlechte bestraft wird. Belohnt worden bin ich für gute Leistungen eher selten. Das war irgendwie selbstverständlich.
Damit wird man über die Jahre zu einem sehr angepassten Menschen. Glücklicherweise habe ich dennoch etwas von der Willensstärke meiner Mutter geerbt, so dass mich das nicht komplett zerstört und zu einem unselbstständigen Menschen gemacht hat.
Im Gegenteil. Es hat mich hart gemacht. Was aber auch nicht immer so toll ist. Ich mache viel mit mir selber aus und merke, wie ich mich inzwischen auch selbst zur Leistung antreibe. Soviel zur Vorgeschichte. Alles kann ich hier gar nicht erzählen.
Meine Mutter, auch das ist mir erst sehr spät klar geworden, ist im Grunde eine sehr eifersüchtige Person. Kontakte von außerhalb (Freundinnen, Partner etc.) waren immer nur insoweit akzeptiert, solange sie das Gefühl hatte, dass sie immer noch die Nr. 1 bei ihren Töchtern ist. Ich erinnere z.B. einen dramatischen Abgang meiner Mutter an meinem 20 Geburtstag, als ich es wagte, an diesem Tag nicht allein mit der Familie zu feiern, sondern mit 10 Freunden und Bekannnten. Sie lief zu ihrer Schwester und heulte sich dort aus...
Dieses Problem betraf auch die Partnerwahl meiner Schwester und mir. Die Herren waren solange geduldet, solange sie keinen Widerspruch wagten. Doch leider blicken Außenstehende sehr viel schneller hinter ein familiäres Marionetten-Theater, als es denen, die die Fäden in der Hand halten, lieb ist. Und dann wird nach Fehlern gesucht. Auf Teufel komm raus. Oder eben auch der Partner extrem ins Familienleben einbezogen, falls er da mitspielt.
Die Schwiegereltern-Familie, mit der hat man, bzw. die Tochter, allerdings am besten nix oder wenig zu tun. Schließlich bin ich, die Mutter, die Nr. 1.
Meine Schwester hat diese Bevormundung mit ihrem Wegzug zumindest eindämmen können. Sie wohnte erst rund 100 km von unserem Wohnort entfernt und lebt nun schon seit 3 Jahren mit Mann (und inzwischen Kind) im Ausland. Rund 600 km weit weg.
Hier ist es inwzischen auch zu einem ernsthaften Konflikt zwischen ihrem Mann und meiner Mutter gekommen, mit dem Resultat, dass der Schwiegersohn zurzeit keinen Kontakt mehr mit der Schwiegermutter haben will. Letzter Auslöser war die Weigerung meiner Mutter, zur Taufe ihres Enkels zu gehen, weil dieser in der Kirche getauft wurde, wo auch die Schwiegereltern wohnen. Also nicht, wie meine Mutter erwaretet hat, im Heimatort meiner Schwester.
Hätte meine Schwester bei ihren Schwiegereltern geheiratet, wäre sie auch nicht zur Hochzeit gekommen. Das sagt sie offen. Denn das empfindet sie als eine Zurückweisung als Mutter. Nunja. Meine Schwester hat dann auf neutralem Boden, im Ausland geheiratet.
Die brave, große Tochter hat sich auf Drängen der Mutter (die auch Geld dazu gegeben hat) eine Eigentumswohnung gekauft. Meiner Mutter wäre es am liebsten gewesen, dass diese sich im Wohnort der Eltern befindet. Wenigstens da habe ich mich ein wenig durchgesetzt und ein Objekt in 25 km Entfernung gesucht, da ich dort inzwischen auch einen Arbeitsplatz gefunden hatte.
Ich habe geheiratet - und mich in der insgesamt 10- jährigen Beziehung und Ehe nahezu jeden Sonntag mit meinem Mann und meinen Eltern getroffen. Schließlich haten sie nach dem Wegzug meiner Schwester ja nur noch mich. Braves Kind.
Meine Ehe ist mittlerweile geschieden. Ein Schlüsselsatz meines Mannes, wenn auch nicht DER Haupttrennungsgrund war der: "Die Nähe zu Deinen Eltern ging mir auch auf den Keks."
ERWARTUNG. Das ist auch so ein Wort, das sie gerne in den Mund nimmt. Sie erwartet. Sie sagt nicht, was sie will, nein. Die Töchter müssen schließlich wissen, was man als Mutter von ihnen erwaretet. Im Grunde erwartet sie permanente Liebesbeweise - und macht genau das mit ihrem fordernden Verhalten sehr schwer...
Wie auch jetzt wieder:
Ich lebe seit drei Jahren wieder in einer neuen Beziehung. Habe einen gut bezahlten Job in Führungsposition (brav) und war der Meinung, dass in den letzten drei Jahren (vielleicht auch ausgelöst durch meine Scheidung) das Verhältnis von Mutter-Tochter gleichberechtigter geworden ist.
Man hat nicht mehr erwartet, dass ich andauernd anrufe, oder am Wochenende vorbeikomme. Ich fühlte mich endlich einmal frei.
Ein Irrtum.
Den letzten großen, bis heute andauernden Krach gab nämlich erst kürzlich, an Ostern. Grund: Meine Schwester feierte die Festtage im Kreise der Schwiegerfamilie und kam erst nach Ostern für 8 Tage mit Enkel zu ihren Eltern.
Dafür wurde aber nun nicht sie "abgestraft", sondern die andere Tochter, die es gewagt hatte, sich in der Woche vor Ostern auch nicht mehr persönlich bei den Eltern blicken zu lassen. (Es lag an meinem Job).
Meine Anfrage am Gründonnerstag, wie man es denn an Ostern handhaben will, wurde mit zwei Sätzen abgebügelt: Man hätte schon alles eingekauft, und man lege darauf sowieso keinen so großen Wert mehr. Mehr als verärgert und auch, weil ich mich definitiv nicht mehr länger unter Druck setzten lassen will, habe ich mich über Ostern gar nicht mehr gemeldet.
Worauf mich die Woche danach ein Anruf meiner Mutter ereilte, in dem Sie mich darauf hinwies, dass sie es ERWARTE, dass ich mich (mit 39 Jahren!) einmal die Woche beim meinen Eltern persönlich einzufinden habe.
Am besten an einem Wochenende (samstags oder sonntags), da man ja Verständnis habe, dass ich unter der Woche (ich arbeite 60 km von meinem derzeitigen Wohnort entfernt und pendle täglich über die Autobahn) abends zu erledigt bin.
D.h. nach drei Jahren Ruhe drängt sie wieder regelmäßig in mein Leben und damit in meine neue Partnerschaft.
Aber sie fühlt sich dabei absolut im Recht. Sie ist der Meinung, dass erwachsene Kinder nun ihrerseits etwas für die Eltern tun müssen, nachdem diese jahrelang etwas für die Kinder getan haben. Und damit meint sie in erster Linie Zeit zu opfern.
Z.B. bei den Gartenarbeiten helfen - meine Eltern haben ein großes Haus mit Garten und ich erhalte immer wieder versteckte Botschaften, wie anstrengend das alles ist. Eine direkte Aufforderung zur Mithilfe kommt nicht, aber das lehne ich auch ab, weil ich weiß, wie es ist, wenn man meiner Mutter den kleinen Finger gibt. Dann stehe ich nämlich bald jeden Samstag mit dem Rasenmäher bei meinen Eltern daheim.
Vielleicht wirkt das auf Dich jetzt egoistisch. Aber ich sehe es, nach all meiner Erfahrung, und ich habe hier nur einen Bruchteil geschildert, eher als Selbstschutz.
Den größten Hammer musste ich mir nämlich bei meinem letzten freiwilligen Besuch bei meinen Eltern von ihr anhören. Sie sei heute der Meinung, dass sie mehr davon hätte, wenn sie ihre Töchter nicht hätte das Abi machen und studieren lassen. Dann säßen die vielleicht mit einem Stall voll Enkeln (ich bin kinderlos und ich habe eigentlich über die Jahre immer nur gehört, dass meine Mutter keine der Mütter sei, die unbedingt Oma werden wollen) bei ihr im Haus und alles wäre gut.
Nunja, man kann sich schon selbst belügen...
Das hat mich sehr hart getroffen, da sie damit mein ganzes Leben in Frage stellt. Ein Leben, zu dem sie mich letztlich auch immer angehalten hat.
Ich habe mich nach diesem Telefonat, das im Streit endete weitere 2 Wochen nicht mehr gemeldet, was für mich schon sehr belastend war, da ich diese Art der Revolution bislang nie gewagt habe (meine Mutter ist gewohnt, dass ich angekrochen komme...)
An Muttertag bin ich dann mit Geschenk und einem langen Brief, der meine Sicht der Dinge darlegte und in dem ich mich nun auch schriftlich dieser Form der Vereinahmung verweigert habe, nach Hause gefahren - und stand vor verschlossener Tür. Man hat es vorgezogen, zu verreisen. Wie lange und wohin weiß ich nicht. Das ist Stand der Dinge bis heute...
Du siehst,
Du bist nicht allein mit Deiner dominanten Mutter. Es ist nur wichtig, dass Du ihr irgendwann die Grenzen aufzeigst.
Auch Du hast nur ein Leben.
Meine Mutter meinte bei unserem letzten Telefonat noch, sie würde schließlich bald sterben. Und ich hätte dann noch 40 Jahre vor mir. Ich habe sie gefragt, ob sie glaubt Gott zu sein. Oder woher sie sonst dieses Wissen nimmt.
Achja. Es gibt auch noch einen Vater. Aber - und damit werde ich jetzt wohl niemanden überraschen. Der ist natürlich (jahrelange Übung) immer der Meinung meiner Mutter.
Liebe Grüße