ich würde da grundsätzlich nicht gleich "aussortieren".
Aus verschiedensten Gründen.
Der erste ist: Nach meiner (wiederholten und schmerzhaften) Erfahrung sollte man in einer Therapie und kurz danach keine Entscheidungen treffen, deren Folgen über 24h hinausgehen, schon gar keine, die zwischenmenschliche Beziehungen betreffen. Auch wenn - oder vielmehr sogar WEIL man da so sehr das Gefühl hat, jetzt endlich mal klar zu sehen - dem ist nicht so. Es fühlt sich nur verdammt überzeugend so an. Und der Wunsch, endlich alles hinter sich zu lassen und ein neues, viel besseres, ganz tolles Leben zu beginnen, ist (natürlich) so stark - dass er aber auch die Entscheidungsfähigkeit, was jetzt gut ist und was nicht, teilweise rapide unter Null sinken lässt.
Der zweite ist: Auch Du hast Deine Beziehungen zu anderen Menschen in der Vergangenheit stark beeinflusst, das waren ja nicht nur die anderen. Wenn Du nie Grenzen gesetzt hast, ist es wenig sinnvoll anderen vorzuwerfen, dass sie Deine Grenzen nicht geachtet haben. Teilweise kannten sie die ja noch nicht mal.
Ich weiß natürlich nicht, wie das bei Dir lief, aber ich erinnere mich an meine Vergangenheit. Da gab es einige Menschen, denen ich ... sagen wir mal als blödes Beispiel irgendwann im Telefonat im Nebensatz erzählt habe, dass ich am WE den Dachboden aufräumen muss und da mal so gar keinen Bock darauf habe. War als reiner Smalltalk gemeint. Kam sofort "ja, da komme ich vorbei und helfe Dir". Habe ich abgelehnt. Kam "ja ist gar kein Problem, mache ich doch gerne" - inzwischen weiß ich, dass das bei den meisten Menschen NICHT das bedeutet, was es heißen würde, wenn ich das sage. Damals wußte ich es nicht. Das Ergebnis war, dass diese Menschen sich tatsächlich ausgenutzt gefühlt haben. Passiert mir inzwischen nicht mehr und da achte ich sehr darauf - unter anderem, indem ich Bekanntschaften mit Menschen, die keine Grenzen (aktiv! und ausdrücklich!) setzen, grundsätzlich meide. Das sind nämlich Menschen, die mir nicht gut tun. Überhaupt nicht.
Aber bis dahin musst Du erst einmal kommen. Vorerst würde ich niemanden dafür bestrafen, dass er / sie sich nicht an das gehalten hast, was Du nicht kommuniziert hast.
Das dritte ist: so wie Du das beschreibst, könnte gerade diese Dame jemand sein, der sich wirklich um Dich sorgt. Was möchtest Du eigentlich? Geht es Dir um die Fahrt? Dann antworte doch: "Du, im Moment bin ich ziemlich platt, man glaubt gar nicht, wie sehr so eine Therapie schlaucht (jemand, der noch keine hatte, kann sich das nämlich auch bestimmt nicht vorstellen, so etwas muss man erklären!) - ich würde mich schon freuen, wenn wir mal schwatzen können, aber 3-4h Fahrt sind mir im Moment too much, vielleicht könntest Du ja zu mir kommen?" Oder willst Du Dich im Moment ganz zurückziehen und erst mal Kontakte auf Eis legen? Dann schreib ihr "Du, das hat mit Dir überhaupt nichts zu tun, ich will im Moment überhaupt niemanden sehen, ich fühle mich wie ausgelutscht und muss erst mal für mich alles neu sortieren, jetzt bin ich noch nicht wieder gesellschaftsfähig. Ich melde mich dann wieder, das wird aber mindestens noch 2 Monate dauern, eine psych. Therapie ist leider keine Blindarm-OP, das dauert so viel länger" - auch das wissen die meisten Menschen nicht, auch das muss man erklären. Dann fühlt sich die Dame (hoffentlich) nicht mehr persönlich abgewiesen und kennt auch den Rahmen. Sonst wird sie zwangsläufig davon ausgehen, dass a) Du sie persönlich meinst, es also an ihr liegt und / oder b) "jetzt grad nicht" eine Phase von üblicher Weise wenigen Tagen ist.