sheena_12374928Hallo, Du
Deinen Beitrag zu lesen, hat mich irgendwie berührt, und ich habe das Gefühl, etwas darauf antworten zu müssen, auch, wenn ich dir wahrscheinlich nicht helfen kann.
Diese Einsamkeit, die Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, die Angst vor dem Leben und die Überforderung damit, all das kann ich sehr gut nachempfinden. Ich bin so alt wie du, zwar eine Frau, und darf somit wohl etwas mehr Softie sein ;-), frage mich aber dennoch oft, was mit mir nicht stimmt, wenn ich sehe, wie mein Leben im Vergleich zu dem verläuft, was ich so von den meisten Menschen meines Alters mitbekomme. Du bist also mit deinem "verkorksten" Leben nicht allein - ich bin auch so eine verkrachte Existenz mit einem Zickzack-Lebenslauf.
Zunächst einmal eine Frage, hast du nun einen Ausbildungsplatz? Falls ja, wie gefällt es dir dort, beziehungsweise - gelingt es dir, regelmäßig hinzugehen?
Dass deine Familie kein Verständnis für dich und deine psychische Verfassung hat, tut mir leid. Noch mehr leid tut mir, dass du den Suizid eines dir so nahestehenden Menschen erleben musstest. Ich weiß sehr gut, wie unglaublich das schmerzt, und kann mir vorstellen, dass du auch Jahre später noch unter den Folgen leidest, selbst, wenn es dir gar nicht so bewusst ist.
Bei dir ist nun vieles im Wandel. So wie ich dich verstehe, hast du nach der Trennung so ziemlich alles erst einmal abgebrochen und musst dich nun neu orientieren. Beruflich, sozial, emotional - was sich natürlich schwierig gestaltet, wenn man gar nicht weiß, wo man hin will oder kann. Hast du jemanden, auf den du dich wirklich verlassen und mit dem du offen sprechen kannst?
Ich weiß, das ist leicht gesagt, aber an deiner Stelle würde ich mir Hilfe suchen. Wenn man erst einmal ein gewisses Maß an Überforderung erreicht hat und so richtig am Boden liegt, ist es meiner Erfahrung nach sehr schwer, alleine wieder hoch zu kommen.
Hast du mit der Unterstützung deines Onkels einen Psychologen aufgesucht oder hat dich das ablehnende Verhalten deines Vaters ganz davon abgehalten?
Falls du es nicht getan hast, würde ich dir dringend dazu raten. Hilfe anzunehmen, ist kein Zeichen von Schwäche, ganz im Gegenteil. Ich denke, es gehören Mut, Stärke und Selbstreflektion dazu, sich einzugestehen, dass man aktuell nicht weiter weiß und da ich selbst schon an diesem Punkt gewesen bin, kann ich dir sagen, dass es auch nach der größten Katastrophe wieder aufwärts gehen kann.
Kannst du dir vorstellen, dich an den sozialpsychiatrischen Dienst in deiner Stadt zu wenden? Ich denke, dort kannst du hinsichtlich deiner psychischen, beruflichen und finanziellen Situation am besten beraten werden.
Das Wichtigste ist, zumindest meiner Meinung nach, dass du nicht zu allein bist, dich nicht zu allein fühlst. Lass nicht zu, dass die Verzweiflung dich zu sehr überkommt, lass dich nicht klein machen. Ich weiß, das klingt oberflächlich und dämlich, aber behalte auch die positiven Aspekte des Lebens im Blick, die Kleinigkeiten. Es ist schwer, etwas zu sagen, das nicht nach Floskel klingt, also sollte ich hier wohl einfach mal aufhören, ich schlafe ohnehin schon halb.
Ein "Halt die Ohren steif" ist jetzt so ziemlich das Unpassendste, aber ein bisschen Galgenhumor schadet auch nicht.
Herzilichst,
Ich