Ich stelle mich mal vor, ich bin schon seit einer Weile hier ab und an mal unterwegs.
Und wollte einfach mal ein wenig von mir erzählen. Ich bin sehr gespannt auf Kommentare.
Also ich bin Jonas, bin 28 Jahre alt und komme aus einer ehr kleinen Stadt aus der Nähe von Hannover, wo ich 1988 geboren bin. Ich bin Steinbock.
Aufgewachsen bin ich auf dem Dorf mit 5 Geschwistern. 4 Schwestern und einen kleinen Bruder. Ich bin der 4., also sind 3 Schwestern älter und eine jünger als ich. Meine Mutter war alleinerziehend, wodurch wir unterschwellig eine Außenseiterrolle im Dorf einnahmen. Es gab wenige die etwas mit uns zu tun haben wollten und meine Mutter hatte auch keinen großen Freundeskreis. Mein Vater erst recht keinen. Chaos und Streit war alltag.
Ich war immer ehr als problematisch bekannt. Seit der Grundschule nehme ich ehr eine Außenseiterrolle ein, habe einen überschaubaren Freundeskreis und selten wirklich tiefgründige Beziehungen. Ich hatte immer das Gefühl, irgendwie anders zu sein, wollte gern anders sein und konnte mich schlecht beherrschen, wenn ich unzufrieden war. Häufiger Ausschluss vom Unterricht und mittelmäßige Leistungen waren die Folge.
Das ganze wurde etwas besser, mit zunehmendem Alter, bis ich dann in die Pupertät kam und den Drang hatte, mich zu behaupten. Die Situation wurde in der Schule und zu Hause so unangenehm, dass ich die Klasse wiederholen musste, mit 15 kam ich dann in ein Kinder- und Jugendheim und bin dann schulisch noch mehr abgerutscht, sodass ich dann in der 9. Klasse der Hauptschule landete. Eine für mich völlig fremde Welt, dort gab es kaum Mitschüler, mit denen ich noch irgendwas gemeinsam hatte. Von ein paar Ausnahmen abgesehen, landete ich dort auf dem Abstellgleis und brach diese Schule nach 3 Monaten ab. Ich hatte starke Schlafstörungen und konnte einfach nicht hingehen. Ein mentaler Block stoppte mich. Durch Selbstverletzung schrie ich still nach Hilfe. Gespräche mit dem Jugendamt und meiner Mutter endeten meistens demit, dass ich voller Wut den Raum verließ und die Tür zu knallte. Meine Betreuer im Heim boten mir oft Hilfe an, doch ich wusste nicht, wie das gehen soll. Und ein normaler Erzieher stößt bei solchen Fällen auch an seine Grenzen. Es verging kaum ein Tag an dem ich nicht weinte. Meine Hobbys hatte ich schon kaum noch verfolgt, ich began Zigaretten zu rauchen und ab und an Alkohol zu trinken. Zwar nicht oft, aber dann extrem. Der eine oder andere Joint war auch mal dabei. Ich war einfach nur froh, wenn meine Gefühle nicht fühlbar waren. Wenn ich berauscht war, oder Schmerzen spürte, hatte ich das Gefühl, meinen seelischen Schmerz vergessen zu können. Ich konnte nicht mal definieren, was mir fehlte. Zur Mutter wollte ich nicht zurück, weil diese mich sehr enttäuscht hatte und im Heim war ich auch nicht glücklich. Ich hatte kein Zuhause, wenig Privatsphäre und stand ständig unter Druck, weil ich bestimmte Erwartungen nicht erfüllte. Als dann nichts mehr ging, hat meine Mutter und mein Betreuer beim Amtsgericht einen Beschluss bewirkt, der mich für 6 Wochen in die geschlossene Psychiatrie brachte.
Mein tatsächlicher Aufenthalt war etwas länger, aber geholfen hat er mir wenig. Ich bekam eine Diagnose, ein Medikament und wurde nach ein paar Wochen Beobachtung wieder entlassen. Zu dem Zeitpunkt ging es mir etwas besser, jedoch hielt diese Stabilität nicht lange an. Zurück im Heim, fiel ich zurück ins Loch. Ich nahm das Antidepressivum dann auch nicht mehr, weil ich den Eindruck hatte, dass es mir nichts nützt. Was bringt ein Medikament, wenn einem das Leben nichts bietet, wofür es sich zu leben lohnt? So ungefähr dachte ich damals mit 16. Also ging das ganze Spiel von vorne los, neuer Gerichtstermin, wieder eine Einweisung für mindestens 3 Monate. Die Anzahl der Meikamente erhöhte sich dann drastisch. Durch das Einverständnis meiner Mutter war das Ablehnen sinnlos, denn sie hätten sie mir unter Zwang verabreichen dürfen. Um dieser Demütigung zu entgehen, nahm ich, was man mir gab. Neurolepika, Antidepressive und noch ein oder zwei andere Pillen. Dort lernte ich ein wenig, was Struktur bedeutet und das es sinnlos war, gegen Regeln zu verstoßen. Da man dort, in der geschlossenen nicht frei ist, darf man selbst nicht entscheiden über Ausgänge, Zigaretten oder Freizeitaktivitäten. Alle Privilegien und Vertrauen beim Pflegepersonal musste man sich verdienen. Am Ende verbrachte ich 5 Monate dort. Wenn ich Besuch bekam, dachten diese ich würde Cannabis rauchen, weil ich durch die Medis sediert war. Selbst hatte ich das kaum so empfunden und im Gespräch mit Ärzten wurden diese Bedenken relativiert, kleingeredet, es wurde einfach nichts geändert. Ins Heim sollte ich nicht zurück entlassen werden, da dort die Gefahr des Rückfalls zu groß war. Also ging ich in eine Reha für psychisch Kranke. Hier wurden die Medikamente etwas reduziert, aber mein Gemütszustand blieb gleich. Keine Freude, keine Trauer, keine Gefühle jeglicher Art. Ab und zu mal ein wenig von allem, ... und dann wieder nichts. Ich konnte ständig und lange Schlafen.
Nach einem halben Jahr brach ich diese Therapie dort ab, weil ich mittlerweile 17 war und das Gefühl hatte, dort meine Zeit zu verschwenden. Dann ging ich zu meiner Mutter zurück, mit der ich immer noch nicht im Reinen war, aber durch die sedierende Wirkung von Risperidon kam mir das ganze nicht so schlimm vor.
Ich meldete mich an einer berufsbildenden Schule an, kurz vor Ende der Sommerferien und nahm eine Klasse, wo noch platz war. Berufsvorbereitungsjahr Textil und Körperpflege. Warum nicht....
Da machte ich meinen Hauptschulabschluss ohne wirklich etwas dafür tun zu müssen. War einfach nur da, meistens. Noten waren gut. Mittlerweile nahm ich auch meinen Medi-Cocktail nicht mehr.
Hauptschule reichte mir nicht, da blieb ich noch ein wenig länger, in der Hauswirtschaftsklasse bekam ich dann die mittlere Reife und ging danach ans Fachgymnasium für Technik, wo die Lust auf die Institution Schule schon stark nachließ. Fehlzeiten waren die Regel und Schlafstörungen schlichen sich wieder ein.
In der 12. Klasse brach ich dann diese Schulform ab, weil mir die Ausdauer und Belastbarkeit fehlte, das noch durchzuziehen und ich zog von zu Hause aus. Suchte mir eine Ausbildungsstelle, machte Praktika und bekam eine Ausbildung in der Altenpflege, wo ich drei Jahre lernte. Nebenbei pfeilte ich an der Idee der Selbstständigkeit und setzte das dann auch prompt in die Tat um.
In der Zeit der Ausbildung war ich öfter mal mental völlig am Ende, aber die Depression kam so schnell nicht wieder. Außer an Schultagen. Merkwürdig.
Das ist so die grobe Geschichte. Vielen Dank fürs Lesen. Wünsche euch eine gute Nacht.