:snif:
Um zu erklären, wie ich damit klarkomme, muss ich etwas ausholen.
Alle meine Kinder hatten "Bauchnamen". Mein Mann und ich haben uns jeweils vorgenommen die Namen nicht zu früh zu verraten, daher hatten unsere Kids ab positivem Test immer geschlechtsneutrale Spitznamen.
Die erste Schwangerschaft mit Krümel lief bilderbuchmäßig, immer alles gesund, nie ein auffälliger Befund, alles immer top. Auch die Geburt lief super und ich hatte ein kerngesundes Baby - total pflegeleicht und ohne Sorgen. Doch ich bekam eine Wochenbettdepression. Diese hat sich nur nicht gezeigt wie es immer in allen Ratgebern steht. Ich hatte keine Bindungsstörung zu meinem Kind. Ich hab ihn geliebt von Anfang an, aber mich selbst hab ich nur noch gehasst. Es hat über ein Jahr gedauert bis ich mir eingestanden habe, dass ich krank bin und ein weiteres halbes Jahr bis endlich Hilfe anschlug. Meine Ehe stand auf der Kippe und es waren rückblickend einfach nur furchtbare 18 erste Monate als Mutter.
Dann ging es mir wieder gut, die Ehe renkte sich nach einem großen Streit wieder ein, wir waren wie neu verliebt und haben fleißig das Herzeln nachgeholt, was vorher lange unter den Depressionen zu kurz kam. Am Vatertag schließlich sagte mein Mann, er wünscht sich ein zweites Kind. Ich hatte Zweifel, weil ich Angst hatte, dass die Depression zurückkommt, aber er war sich sicher auch das bekämen wir hin. Also hab ich noch am selben Tag die Pille abgesetzt.
Als es dann geklappt hat, wusste ich es schon wenige Tage nach dem Eisprung. Ich fühlte mich einfach schwanger. Am 3. Oktober machte ich morgens den Test, kletterte zu Mann und Kind ins Bett und sagte bald sind wir zu viert. Ich fühlte mich stark und weiblich und hatte vollstes Vertrauen in meinen Körper und diese Schwangerschaft. Zum FA wollte ich erst wenn man einen Herzschlag sieht. Unser zweites Kind nannten wir Knöppken (Ruhrdeutsch für Knöpfchen). In der Woche drauf änderte sich plötzlich schlagartig mein Gefühl. Ich bekam plötzlich Angst, dass ich mir die Schwangerschaft nur einbilde und der Test falsch war. Ich stand nachmittags am Bahnsteig und heulte plötzlich ohne Grund los. Ich wurde nachts wach, weil ich träumte ich läge in einer Blutlache oder ich wäre beim Gyn gewesen und der hätte keine Schwangerschaft feststellen können. Anfang der siebten Woche ging ich dann bange zum Gyn, jetzt sollte man ja einen Herzschlag sehen. Die Fruchthöhle entsprach nur der Größe von 5+5, kein Herzschlag und ein großes Hämatom zeigte der US. Der Arzt war aber noch guter Dinge. Er gratulierte mir zur Schwangerschaft, meine es sei ein Eckenhocker, da könnte es schonmal sein, dass man den Herzschlag erst später einfangen kann und sagte mir Sorgen mache er sich nur wegen des Hämatoms. Ich sollte zwei Wochen Sofaruhe halten und Progesteron nehmen. Nach diesen zwei Wochen, in denen ich zwar versuchte Hoffnung zu haben, aber nach wie vor kein gutes Gefühl hatte, ging ich wieder zur Kontrolle. Der Befund war unverändert. Der Doc schallte und schallte und änderte die Einstellung, maß nochmal nach und nochmal aus der anderen Richtung. Bis ich es irgendwann nicht mehr aushielt und fragte ob mein Körper das selbst regelt wenn ich das Progesteron absetze. Die Sprechstundenhilfe drehte sich mit Tränen in den Augen weg und mein Gyn sagte, ziehen Sie sich erstmal wieder an, dann besprechen wir alles. Er sagte ich könne selbst entscheiden ob ich einen natürlichen Abgang möchte oder eine Ausschabung machen lasse. Er wüsste, dass es kein Trost wäre, aber viele Frauen würden das gleiche durchmachen, an guten Tagen, müsste er diese Diagnose 5x stellen. Ich bin nach Hause und erst dort liefen die Tränen. Ich habe stundenlang nur geweint und mein süßer grade 2jähriger Sohn hat mich in den Arm genommen und versucht zu trösten. Als keine Tränen mehr übrig waren, sagte ich meinem Mann, dass das schlimmste wäre, dass ich nichts zu beerdigen hätte.. 2mm-Fruchthöhle würde ich nicht erkennen können, ich bräuchte aber einen Ort zum Erinnern. Wir haben dann einen Birnbaum im Internet bestellt. Einige Tage später kam er und wir haben ihn im Garten eingepflanzt, an die Wurzeln habe ich einen kleinen Knopf in Form eines gelben Schaukelpferdes gelegt. Das hat uns beiden sehr gut getan und ich gucke jeden Tag nach unserem Erinnerungsbäumchen. Für mich war das Pflanzen ein guter Abschluss, ich hatte mich verabschiedet, jetzt hätte die Blutung einsetzen können, das tat sie aber nicht, also ging es doch in den OP.
Nach der OP wollten wir eigentlich erstmal die erste Mens abwarten bevor wir es wieder versuchen. Aber die Nähe meines Mannes war mir wichtig, ich wollte lebensbejahende Dinge tun, gut essen, ein gutes Glas Wein trinken, Sex haben. Für den unwahrscheinlichen Fall des Falles wieder zu verhüten erschien mir dabei übertrieben vorsichtig..
Wenige Wochen nach der OP kam über die App von Frauenärzte im Netz die Meldung wie wichtig Folsäure gerade in den ersten Wochen sei. Ich bekam plötzlich ein komisches Gefühl und überlegte Symptome für den Eisprung etc pp und kramte vorsichtshalber mal lieber die Folsäuretabletten wieder aus dem Schrank. Das heißt: Meinem Mann sagte ich vorsichtshalber, gefühlsmäßig wusste ich es da schon und zwei Wochen später hatte ich den positiven Test für Muckel in Händen. Heute bin ich bei 35+6.
Ich bin zunächst also gut damit zurecht gekommen, einfach weil die große Freude nicht schlagartig durch großes Entsetzen ersetzt wurde, sondern weil es ein schleichendes Abschiednehmen war. Außerdem haben mir mein Mann und mein Sohn geholfen und unser Ritual mit dem Bäumchen.
Trotzdem war der ET von Knöppken ein schwieriger Tag für mich und ich bin nicht sicher ob ich noch einen Versuch gewagt hätte, wenn es nicht direkt unverhofft wieder geklappt hätte. Ich fühle mich als Mutter von 3 Kindern, auch wenn die meisten wohl immer nur zwei sehen werden.