kiara_12744435Und da Juristen sich dessen auch oft nicht bewusst sind:
"Er schrieb mir vorhin, dass er es mir wegnehmen wird,"
Wenn er das vom Kontext in dem Sinne meinte, dass wenn du nicht abtreibst, dann würde er dir das Kind wegnehmen, dann könnte versuchte schwere Nötigung vorliegen nach 240 Abs. 1 u. 4 Nr. 2 StGB.
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/\_\_240.html
Denn:
- das "wegnehmen" des Kindes ist, auch wenn es über üblichen sorgerechtlichen Weg erfolgen soll und auch wenn er dabei "anständig" vorgeht, sicher als empfindliches Übel einzustufen (normalerweise wird aber in so einem Sorgerechtsstreit nicht "anständig" agiert, sondern mit Dreck geworfen wie nur möglich, was es dann noch mehr zu empfindlichen Übel macht)
- wenn er das vom Kontext her so formuliert hätte, dann würde die Androhung des empfindlichen Übels dazu dienen, dich zu einer Handlung zu bringen, nämlich Abtreibung
- rechtswidrig ist nach 240 Abs. 2 StGB dann gegeben, wenn die Androhung zu diesem Zweck als verwerflich anzusehen ist; Sinn hinter dem Sorgerecht ist das Kindeswohl; der Mutter seitens des Vaters das Kind "wegnehmen", also seitens des Vaters das alleinige Sorgerecht bekommen, ist dann angemessen, wenn dies letztlich dem Kindeswohl dient, in diesem Fall sollte der Vater das vermutlich sogar versuchen, wenn die mütterliche Sorge dem Kindeswohl abträglich ist; hier jedoch ist das Ziel eine rechtswidrige, wenn auch straffreie, Abtreibung des Nasciturus, der eigentlich - siehe Urteil Schwangerschaftsabbruch II BVerfG 88, 203 - das Recht auf Leben hat und dem dieses auch gelassen werden sollte (weshalb die Abtreibung ja nur straffrei aber immer noch rechtswidrig ist); somit wäre hier das Ziel gerade sozusagen das Gegenteil des Kindeswohles, was als verwerflich anzusehen ist; die Möglichkeit, der Mutter das Sorgerecht wegzunehmen, soll doch gerade nicht als Druckmittel genutzt werden, um diese zur Abtreibung zu bringen; also ist Verwerflichkeit zu bejahen
- ergänzend ist das ganze vielleicht schon rein aufgrund des Zwecks - Abtreibung - als verwerflich anzusehen, denn gemäß BVerfG gilt: "Der Schwangerschaftsabbruch muß für die ganze Dauer der Schwangerschaft grundsätzlich als Unrecht angesehen und demgemäß rechtlich verboten sein", was vielleicht so auszulegen wäre, dass der Zweck Schwangerschaftsabbruch bereits für sich immer verwerflich im Sinne 240 Abs. 2 StGB ist
- da 240 Abs. 4 Nr. 2 StGB explizit die Nötigung zum Schwangerschaftsabbruch als Regelfall der schweren Nötigung nennt und es hier keinen Anhaltspunkt für besondere Milde gibt (immerhin will hier ein als Anwalt zugelassener Volljurist eine junge und in etwas unsicherer Lebenssituation befindliche Frau dazu bringen, abzutreiben), liegt wohl ein besonders schwerer Fall der Nötigung vor
Eine Strafbarkeit ist somit zu bejahen, der Strafrahmen wäre 6 Monate bis 5 Jahre.
In Bezug auf die Anwaltszulassung des Täters scheint es keine Konsequenzen zu geben, da 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO, 45 Abs. 1 StGB nur bei Verurteilung wegen Verbrechen mit 1 Jahr oder mehr eine solche vorsehen, während die schwere Nötigung aufgrund 12 StGB ein Vergehen und kein Verbrechen ist.
(Ob dir das hilft? Eher nicht. Aber ich finde, jedes mögliche Opfer einer Straftat sollte wissen, dass es eventuell Opfer ist, um dann selbst zu entscheiden, ob ihm die Justiz jetzt helfen kann oder nicht. Bin übrigens nur "Halbjurist", also keine Gewähr.
Vielleicht macht es auch Sinn, seine Nachricht, er würde dir das Kind wegnehmen, mit einem "Habe in einem Internetforum von deiner freundlichen Mitteilung geschrieben. Darauf hat irgendein trotteliger Neunmalkluger geschrieben: [copy paste obigen text]. Ich bin im Strafrecht noch nicht so ganz firm, deshalb Frage an dich, denkst du das könnte strafrechtlich zutreffen? Und nein, ich will dir nicht drohen (auch wenn es natürlich legal wäre, mit einer sachlich angemessenen Anzeige einem Nötiger zu drohen, damit er die Nötigungen einstellt), ich will einfach nur mein juristisches Denken schulen"; musst aber selbst wissen, ob das Sinn macht und dir etwas Ruhe vor ihm verschaffen kann)