Hallo gofeminin-Gemeinde,
es fällt mir aktuell sehr schwer zu schreiben. Aber ich denke, vielleicht hilft es ja, wenn ich einfach mal meine Gedanken loswerden kann, wenn einfach mal irgendwer zuhört. Ich weiß aber nicht, wie ich fremden Menschen verständlich machen kann, wie ich zu diesen Gedanken komme und so weiter. Ich weiß, es ist ein langer Text. Aber das ist bereits die kürzeste Fassung
Ich fange am besten erst einmal ganz vorne an: Ich wurde vor mittlerweile 23 Jahren als Alexander in einer kleinen hessischen Stadt geboren. Seit ich bewusst denken konnte, war mein Vater bereits weg, stattdessen wuchs ich bei meiner Mutter und meinem Stiefvater auf. Mein Stiefvater war gelinde gesagt ein riesiges ... Oder anders formuliert: Bei ihm zählte das "ohne Essen zu Bett gehen" auch bereits vor dem Frühstück zum Strafenkatalog, selbst wenn man eigentlich nichts angestellt hat.
Um es zu verkürzen: 2010 hat das Jugendamt endlich Ermittlungen gegen ihn eingeleitet, nachdem ihnen aufgefallen ist, dass da einige Berichte vorlagen, denen sie nicht zureichend nachgegangen sind. Hierbei lautete die Anklage vorerst auf "Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Minderjährigen, Misshandlung von Schutzbefohlenen und schwere Körperverletzung" - alles davon war korrekt. Aber der Missbrauch und die Misshandlung waren schlecht nachzuweisen. So wurde Januar 2011 Anklage gegen ihn erhoben aufgrund schwerer Körperverletzung. Er wurde "im Zweifel für den Angeklagten" freigesprochen, weil der Zeitraum der Taten nicht zu 100% klar gewesen ist, obwohl jeder im Raum wusste, dass er schuldig war, und er keinerlei Reue empfunden hat.
Jedenfalls bin ich in diesem Haushalt aufgewachsen. Mit diesem Stiefvater und meiner Mutter, die alles ignoriert hat, was er getan hat... die niemals geholfen hat. Ich glaube ihr könnt euch vorstellen, wie froh ich war, als ich endlich zeitweise diesen Haushalt verlassen konnte - Kindergarten. Nun war es aber so, dass mein Vater häufiger in der Nähe des Kindergartens gesehen wurde, und so wurde ich wieder vom Kindergarten herunter genommen... also eine der ersten bewussten Erinnerungen an meinen Vater ist, dass ich wegen ihm wieder den ganzen Tag in dieser Wohnung verbringen musste ...
Einige Jahre später (gefühlt waren es mehr als 10 ...) durfte ich dann an die Schule. Ich habe mich riesig darauf gefreut, weil sie mich da nicht so einfach runternehmen durften und mich stattdessen zu Hause behalten... aber da ich in keinem Kindergarten war, musste ich in die sogenannte Vorklasse. Eine Klasse, die offenbar den Ruf hat, dass da alle dummen Kinder hinkommen - dies haben mir meine Mitschüler von der ersten bis zur vierten Klasse sehr deutlich gemacht. Und das, obwohl ich bereits in der Vorklasse Lesen und Schreiben konnte. Aber egal: In der Schule wurde ich zwar gemobbt, aber immerhin wurde ich nicht verprügelt... also überspringen wir den Teil. Ich brauche nicht beschreiben, wie Mobbing ist... viele hier in diesem Subforum kennen das bereits aus eigener Erfahrung.
Jetzt hat sich bereits in der Zeit ein für mich noch bis heute präsentes Problem entwickelt: Ich habe festgestellt, dass ich transsexuell bin. Aus Angst habe ich versucht es zu überspielen. Die Folge war, dass mich viele mich für "extrem männlich" gehalten haben, weil ich es eben übertrieben habe. Ich hatte schlicht Angst, was mir wohl zu Hause bevorsteht, wenn ich mich eben nicht so verhalte wie "andere Jungen", sondern so, wie ich nun mal bin: weiblich. Ich habe es jeden Tag aufs Neue versucht beiseite zu schieben ... nur Personen die mich wirklich gut kannten, wussten, dass irgendwas nicht stimmt. Damals haben sie es aber ausschließlich auf den Stiefvater geschoben, weil das ja naheliegend war. Irgendwann dann hat mein Vater eines der Sorgerecht-Verfahren (für mich und meinen Bruder) gewonnen - aber das auch nur, weil meine Mutter wörtlich sagte "Er soll sie haben, ich will sie nicht mehr!" Dann bin ich zu meinem Vater gekommen... müsste 2001 gewesen sein oder so. Als Abschiedsgeschenk gab es von meinem Stiefvater noch die herzlichen Worte - ebenfalls wörtlich: "Wenn ich dich noch einmal sehe, dann bring ich dich um!". Die Folge war, dass ich alleine immer Angst hatte, nicht ohne Licht schlafen konnte und zu große Angst hatte auch durch das vollkommen abgeschlossene und verbarrikadierte Haus alleine auch nur aufs Klo zu gehen, wenn es draußen dunkel war.
Aufgrund der "Geschehnisse" bei meinem Stiefvater wollte man mir dann was Gutes tun, und ich wurde zur Therapie bei mehreren Psychotherapeuten angemeldet (nacheinander) die alle gescheitert sind. Das lag vielleicht daran, dass ich meine Vergangenheit komplett verdrängt hatte, weil ich sie nur so ertragen konnte... und durch die Natur der Therapien, bei denen ich gezwungen wurde, jedes Mal über die Dinge zu reden, die da passiert sind, wurden sie immer präsenter und ich bin immer weiter kaputtgegangen. Das ging so weit, bis eine Psychotherapeutin beim Kinderschutzbund damals wörtlich zu meinem Vater sagte "Das Kind muss sich erst selbst fangen, bevor eine Therapie sinnvoll ist." ... kleine Randbemerkung: Auch hier habe ich lieber für mich behalten, dass ich transsexuell bin. Ich wollte es lieber keinem sagen - immerhin wusste ich nicht, wie diese mir ziemlich fremden Personen darauf reagieren würden, wenn ich ihnen sage, dass ich ein Mädchen bin.
Dann kam die neue Schule. Versucht hier "cool genug" zu wirken, um mich ein bisschen aus dem Schussfeld zu ziehen. Hat eine Zeit lang funktioniert. Nur dass ich selbst als Mobbingopfer eben versucht habe anderen Mobbingopfern zu helfen. Das hat schnell dazu geführt, dass ich eben selbst wieder zum Mobbingopfer wurde. Da war ich etwa 12 und die Pupertät hat langsam begonnen. Und mit ihr fing ebenso meine Verzweiflung an weiter zu wachsen... immerhin hat sich mein Körper vollkommen in die falsche Richtung entwickelt. Die Folge durch mein dann weiter von der Norm abweichendes Verhalten war verstärktes Mobbing. So ging es weiter bis zur Mittelstufe... wo viele von denen mit dem Stoff nicht mehr mitgekommen sind... da hat es sich ausgezahlt jeden Stoff in kurzer Zeit zu verstehen und ihn auch erklären zu können. Dann ging es schulisch zwar ein bisschen bergauf, aber durch die anhaltenden körperlichen Veränderungen wurde ich zunehmend depressiver und ebenso suizidaler. Ich habe einfach keinen Sinn darin gesehen, so weiter zu leben.
Ich suchte mir fremde Freunde zum reden - ähnlich wie hier - damals in einem Forum für Borderliner und deren Angehörige. Dort waren Menschen, die mich verstanden haben, und selbst der ruppigste Typ dort hatte tiefstes Mitleid mit mir. Ich freundete mich mit ihm nach einiger Zeit an. So fand ich mit 13 meinen ersten richtigen Freund. Dass er damals bereits über 50 war, war mir egal. Ich habe ja ohnehin nur mit ihm geschrieben. Dann - nur wenige Wochen später - ist meine gesamte Welt wieder zusammengebrochen: Auf der Homepage stand bloß eine kleine Beleidsbekundung ... mein einziger Freund war verstorben. Ich weiß nicht, ob meine Laune tiefer gesunken ist, oder ob es mir nur so vorkam, weil ich zum ersten Mal Glück erfahren habe...
Es dauerte eine Zeit lang, dann lernte ich in einem Forum zu einem Browsergame, was ich durch meinen Bruder kennengelernt habe eine Freundin kennen. Sie wusste wie es ist derart depressiv zu sein. Sie hörte mir zu, hatte immer ein offenes Ohr und auch den ein oder anderen guten Ratschlag, der mir geholfen hat weiter zu machen. Über sie lernte ich viele andere Leute kennen, mit denen ich noch sehr lange Kontakt hatte, und die mir einfach gutgetan haben. Doch dann kam auch hier der Rückschlag: Sie war eine ganze Zeit lang nicht online... und dann steht in den Forenankündigungen wieder eine Beleidsbekundung. So wurde mir so kurze Zeit später wieder ein Freund genommen.
Das meine Laune im Keller war, blieb nicht lange unbemerkt. Ein guter Freund dieser Freundin (nachfolgend Ivan genannt) schrieb mich dann an. Er sagte, er kann nachvollziehen, dass sie mir sehr nahegestanden hat, und dass er über meine Situation Bescheid wisse, weil sie öfter mal bei ihm Rat gesucht hätte. So musste er kurzerhand ihren Platz einnehmen. Wir schrieben immer gerne miteinander, zumindest kann ich das von mir behaupten.
Zu Hause war dann häufiger mal ein Freund meines Vaters da. Der hatte schon des Öfteren ein Auge auf mich geworfen. Dann irgendwann hat ihm das wohl nicht gereicht. Er übernachtete bei meinem Vater, blieb auch, wenn dieser gegangen war, und war so fast allgegenwärtig. Die Zeit, wenn mein Vater gerade mal nicht aufpassen konnte (zum Beispiel, weil er an der Arbeit war) nutzte dieser Freund um sich sexuell an mir zu bereichern so ging das etwa zwei Jahre, und ich habe mich nie getraut irgendwem davon zu erzählen. Es war mir einfach so unglaublich peinlich außerdem sagte er mir immer wieder, dass ich es niemandem sagen solle, weil es keiner verstehen könne. Und wie so viele brave vierzehnjährigen Mädchen habe ich einfach meine Klappe gehalten. In dieser Zeit fing ich an, und meldete mich bei u25 Freiburg als hilfesuchend. Das ist eine Gruppe von Personen unter 25, die sich mit Menschen unter 25 befassen, die sich in Krisen und Suizidgefahr befinden. Ich gehörte definitiv in den Personenkreis, mit denen sie sich beschäftigten. Denn in diesem Alter fing ich an Suizid wirklich als Option zu sehen. Ich weiß nicht, ob mein Vater irgendwann spitzbekommen hat, was sein damaliger Freund da getan hat. Jedenfalls fragte er mich irgendwann, ob irgendetwas zwischen mir und ihm vorgefallen ist, was ich zwar verneint habe, aber dennoch ist dieser Freund des Hauses verwiesen worden und es herrscht seitdem absolut kein Kontakt mehr.
Es begann nach diesen Erfahrungen, dass mein Kopf schlicht Gefühle, wenn überhaupt, nur noch sehr abgestumpft zugelassen hat. Mittlerweile war ich 17 geworden bis hierhin hatte ich wirkliche Liebe nicht erfahren. Dann traf ich mich mit Ivan. Ivan war durchgehend ein Gentleman und hat mich an keiner Stelle auch nur ein kleines bisschen behandelt, als wäre ich ein Typ. Wir näherten uns immer weiter an, und irgendwann führte es eben auch dazu, dass wir uns küssten und irgendwann dann auch im Bett gelandet sind. Da er selbst bisexuell ist, hatte er damit überhaupt keine Probleme gehabt. Doch die Beziehung sollte einfach nicht lange halten. Wie auch, wenn die Distanz einfach zu groß wird
So war ich wieder alleine, und ausgerechnet in dieser Zeit verlor ich eine weitere Freundin. Sie hatte den Fehler gemacht, nicht zuzusehen, wie ein kleines Kind von mehreren Erwachsenen geärgert wird. Sie sagte ihnen, sie sollten das lassen. Als Reaktion haben die drei sie verprügelt, wodurch sie auf der Intensivstation gelandet ist, wo sie eine Woche später an ihren Verletzungen verstorben ist. Auch darüber musste ich mit meinem Berater bei u25 reden. Sonst wäre ich ihr damals vermutlich direkt gefolgt
Der Berater bei u25 hörte sich alles an, was ich zu sagen hatte. Er hörte meine ganze Geschichte an. Er war zutiefst bestürzt, was ich bereits alles hatte erleben müssen. Dass er mich bewundern würde, dass ich so lange dennoch durchgehalten habe, sagte er mir, und dass er es verstehen könne, wenn ich irgendwann dennoch aufgeben würde. Ich weiß: Einige von euch denken, dass es unverantwortlich ist, solche Dinge zu sagen. Es war aber genau das, was ich in dem Augenblick hören musste für ihn bin ich nach wie vor eine Kriegerin die erst aufgibt, wenn es absolut nicht mehr geht. Mit ihm habe ich auch heute noch Kontakt. Ich musste ihm versprechen, dass ich ihm zumindest Bescheid gebe, wenn ich nicht mehr kann.
Seitdem lebe ich mehr oder weniger alleine. Eine kurze Beziehung von nicht einmal zwei Monaten und danach keine wirklichen Beziehungen mehr, weil ich mich stets weigere irgendwas wie One-Night-Stands oder ähnliches zu akzeptieren. Ich finde, dass ich dann für die Typen einfach nur mal ein Spielzeug für zwischendurch wäre. Das einzige, was ich in dieser Zeit hatte war ein Typ der meine Beine total klasse fand und zwar heterosexuell war, aber obwohl ich halt noch nicht wirklich weiblich ausgesehen habe, hat er sich nicht davor gescheut mit mir zu kuscheln, sich öffentlich mit mir zu zeigen und auch nicht mich ab und an zu küssen. Doch auch das sollte nicht lange halten.
Vor diesem Typ kam dann die oben genannte Gerichtsverhandlung. Nur wenige Tage danach schnitt ich mir die Unterarme und die Oberschenkel von oben bis unten auf ich erinnerte mich dann an mein Versprechen, verband meine Wunden so gut es eben auf die Schnelle ging, habe meinem Berater bei u25 Bescheid gegeben, dass ich nun professionelle Hilfe vor Ort brauchen würde. Anschließend lies ich mich von meiner Hausärztin in die Psychiatrie einweisen. Dort blieb ich eine Zeit lang, und auch dort hatte ich wieder damit zu kämpfen auch nur soweit akzeptiert zu werden, dass ich mich dort etwas erholen konnte. Es ist nicht leicht mit Typen in einem Zimmer zu sein, die einen täglich aufziehen wollen und Pflegern, die mir nicht einmal den Gefallen tun wollten, mich nicht andauernd Herr zu nennen. Also entließ ich mich vielleicht etwas zu früh wieder aus der Klinik nach nicht einmal zwei Monaten, nachdem ich mehrfach pro Woche mit einer Psychologin darüber reden musste, was eigentlich so in meiner Kindheit gewesen ist.
In dieser Zeit hatte ich wenigstens gelernt, dass viele Menschen nicht total allergisch darauf reagieren, wenn sie hören, dass ich kein Junge bin. Damit outete ich mich in meiner Familie. Mein Vater reagierte vollkommen gelassen, ebenso wie mein Bruder, wobei letzterer das schon ein Jahr lang wusste. Meine eine Oma und ihr Ehemann reagierten völlig entspannt darauf, weil sie eben schon etwas in die Richtung vermutet hatten. Die andere Oma hingegen kam nicht so wirklich gut damit klar zu der Zeit hat sie uns immer zum Kleidungskauf begleitet und diese eben auch bezahlt. Sie wollte einfach nicht akzeptieren, dass ich viel lieber in der Abteilung Girls gestöbert habe, als in der Abteilung Boys in die sie mich immer reinzerren wollte. Das führte dazu, dass ich meine Kleidung ab dem Zeitpunkt eben lieber alleine kaufen gegangen bin.
Seit dem Aufenthalt in der Psychiatrie habe ich immer wieder Flashbacks. Sie werden immer intensiver, und ziehen mich immer weiter herunter. Irgendwas hat dafür gesorgt, dass einfaches Verdrängen einfach nicht mehr funktioniert. Und jeder Flashback ist bei mir sehr intensiv wie eine Zeitreise mittlerweile. Ich spüre, rieche, schmecke, höre und sehe alles, alles so wie damals. Eine dieser Erinnerungen ist beispielsweise die, wo mein Stiefvater einen Kochlöffel an meinem Kopf zerschlagen hat. Ich hatte da eine Platzwunde, kam aber nicht ins Krankenhaus, weil es ja sonst aufgefallen wäre, was er so mit uns anstellt. Bei dieser Erinnerung rieche ich das Essen, dass gerade gekocht wurde. Ich höre die Nachbarskinder, wie sie gerade das Treppenhaus herunterlaufen. Ich höre den Fernseher, in dem meine Mutter eine von den vielen Quiz-Sendungen geguckt hat. Ich sehe jeden Riss in der Tapete, jedes Haar auf dem Teppich, spüre, wie mich der Kochlöffel am Kopf trifft spüre den stechenden Schmerz der meinen ganzen Kopf durchzuckt und spüre anschließend, wie das Blut langsam meinen Kopf herunterläuft. Rieche das Blut, dass an meiner Nase vorbeiläuft. Schmecke noch immer diesen Eisengeschmack meines Blutes, wie es über meine Lippen langsam in meinen Mund gelaufen ist spüre den kalten Nassen Waschlappen, der mir zur Linderung dann auf den Kopf gepresst wurde, während ich beschimpft werde. Ich erinnere mich an alles derart detailreich, als würde es in genau dem Augenblick noch einmal passieren. So kommt es immer wieder vor, dass ich für eine halbe Stunde bis Stunde überhaupt nicht ansprechbar bin und einfach nur noch heule.
Seitdem ich diese Flashbacks habe, bin ich wieder Rückfällig was Selbstverletzung betrifft. Vorher hat mir das Rauchen als Ersatzbefriedigung ausgereicht. In dieser Zeit merkte ich sehr deutlich, dass ich nun eine Person brauche, die mir zur Seite steht, die für mich da ist, und mich von größerem Unfug abhalten kann. Seitdem war ich immer auf der Suche nach einer Person, die das kann, die gerne für mich da ist. Doch alle die ich irgendwie kennenlernen wollte, haben direkt abgeblockt, nachdem sie bemerkt haben, dass ich transsexuell bin. Natürlich im Internet im realen Leben haben sie sofort abgeblockt, wenn ich sie auch nur angesprochen habe. In dieser Zeit habe ich fast meine komplette Hoffnung verloren, dass ich jemals einen Menschen finden könnte, der mich so akzeptiert wie ich bin. Der gerne für mich da ist. Einfach nur so ein kleines bisschen Zuneigung habe ich mir gewünscht, doch offenbar war auch schon dieser Wunsch zu viel, denn nie wollte sich jemand darauf einlassen.
Es verging einige Zeit, in der ich dermaßen am Boden zerstört war, dass ich mein Abitur hingeschmissen habe, dann auf Drängen meiner Familie auf Jobsuche bin, und dann ein Praktikum bei einem Bekannten angefangen habe, weil alle anderen Unternehmen in dem Bereich mich schlicht abgelehnt haben, weil ich so unglaublich dumm war, zum Thema meiner Vorkenntnisse zu sagen, dass ich diese durch den Kontakt mit diesem Bekannten sammeln konnte. Dann gab es per Mail die Absage nach dem Vorstellungsgespräch, dass es von Seiten der Geschäftsführen Bedenken wegen der Wettbewerbssituation zu meinem Bekannten geben würde. Jedenfalls wurde mir während des Praktikums zugesichert, ich könne dort auch eine Ausbildung in dem Bereich machen, gerade weil ich für die Firma mich bereits zu einem unverzichtbaren Mitarbeiter entwickelt habe. Ich erledige Aufgaben, die alle anderen nur sehr erschwert erfüllen könnten. Mittlerweile bin ich in der Ausbildung in diesem Betrieb und gehöre in meiner Schulklasse zu den leistungsstärksten Mitschülern und würde vermutlich auch einen guten bis sehr guten Abschluss machen können. Aber das ist ja noch nicht das Ende der Erzählung, was mein Leben so geprägt hat
Vor wenigen Wochen habe ich mich endlich zum ersten Mal verliebt und dann musste es mich ja gleich richtig treffen seit dieser Zeit geht er mir absolut nicht mehr aus dem Kopf. Selbst wenn ich schlafe, ist er immer noch in meinem Kopf. Ich werde ihn so schnell nicht wieder vergessen können, auch wenn das vielleicht besser wäre. Denn obwohl er eigener Aussage zufolge zuerst Gefühle für mich gehabt hat, sind diese wohl schlicht nicht mehr existent, seit er weiß, dass ich eben noch keine OP haben konnte und das sagt er mir gleichzeitig mit der Aussage, dass er dachte, er hätte in mir seine Traumfrau gefunden, während ich jeden Tag bis heute immer noch denke, dass er mein Traummann ist, und sich daran auch nie wieder etwas ändern wird.
Er kannte schon alle meine Phasen und kam mit diesen auch zurecht aber das ich keine OP hatte überforderte ihn. Dass ich es nicht beschleunigen kann, war ihm offenbar egal. Er beteuerte zwar, er würde es selbst scheiße finden, und es würde ihm wehtun, dass es wegen ihm nicht dazu kommen könne, dass wir zusammenkommen, aber dennoch bleibt immer so dieser fade Beigeschmack. Diese rationale Stimme im Kopf, die ganz laut schreit Wenn es so wäre, würdest du uns eine Chance geben!
Ich hatte nicht viele Ziele für mein Leben. Ich dachte sogar, diese Ziele würden eigentlich noch so niedrig angesetzt sein, dass sie eigentlich klappen müssten. Zumal drei davon alleine auf dem Punkt der Liebe aufbauen ich wollte bloß eine Beziehung, in der ich glücklich bin, ich wollte später mal heiraten und Kinder adoptieren, ich wollte halbwegs erfolgreich sein in meinem Beruf und zuletzt war es mein Ziel irgendwann komplett ich zu sein. Doch nun glaube ich nicht, dass ich auch nur eines dieser Ziele erreichen kann
Das Ziel der Beziehung scheitert daran, dass ich gefühlt eine Ewigkeit brauche, um jemanden zu finden, der mich auch nur so akzeptieren kann, wie ich bin, und mit dem ich prima klarkomme. Und an der fehlenden Beziehung scheitert dann auch das Ziel der Heirat und der Adoption wer weiß schon, wann ich wieder Mal einen solchen Menschen finde in 10 Jahren? Aber dann muss es ja schon echt klasse laufen. Zum Job: Dort bin ich auch geoutet. Eigentlich weiß dort jeder Bescheid, wie das mit mir ist. Dennoch darf ich dort nicht ich selbst sein so hatte ich an einem Tag noch eine kleine Spur Eyeliner um die Augen. Direkt kam von der Leiterin der Personalabteilung, dass das ja nicht ginge, ich würde ja aussehen wie ein Mädchen und dass ich so unter keinen Umständen mit zu einem Kunden fahren könnte, und dass ich das Zeug gefälligst aus meinem Gesicht zu waschen hätte. Also im Grunde genommen: Du kannst zwar hierbleiben, aber du selbst sein ist schlicht nicht möglich. Das könnte bei unseren Kunden einen schlechten Eindruck hinterlassen. Und das obwohl mein Chef da eigentlich etwas Anderes dazu gesagt hat aber was will ich schon daran ändern? Zuletzt bleibt bloß das Ziel ich selbst zu sein. Und das scheitert daran, dass ich derzeit wieder dermaßen depressiv bin, dass ich bezweifele, dass mein Psychiater, bei dem ich leider erst am 6.6. wieder einen Termin bekommen konnte, mir die Indikation aussprechen würde, die ich so dringend haben möchte. Die vielleicht alles ins Lot bekommen könnte ich mein, ich kann ein Ziel aufgeben, aber doch nicht alle und dann habe ich herausgefunden, dass die Wartezeit für meine OP bei allen Spezialisten mindestens zwei Jahre beträgt. Und das auch nur für ein einfaches Vorgespräch
Einigen von euch diejenigen die bis hierher überlebt haben ist nun vielleicht klar, was in meinem Kopf derzeit so alles vorgeht. Gelinde gesagt bin ich von dieser Welt nur noch müde. Ich will einfach nicht mehr weitermachen. Meine letzte Hoffnung, dass vielleicht doch noch irgendwas in Richtung Liebe passieren könnte, habe ich heute aufgegeben. Ich habe es zu Grabe getragen, als mein Herz aufgehört hat hinter diesem einen Mann hinterher zu Schmachten, der so deutlich gemacht hat, dass er so nichts für mich empfinden könnte seitdem herrscht in mir wieder bloß diese Leere und dieser Drang mir die Arme aufzuschneiden und beides war weg, solange ich die Hoffnung hatte, ich hätte vielleicht diesen einen Menschen gefunden, der so schwer zu finden ist. Der Eine, der mich so akzeptiert. Der Eine, der gerne bei mir ist. Der Eine, der mich auf meinem Weg unterstützt, der einfach nur für mich da ist.
Ich hätte absolut alles dafür getan, dass ich diesen Menschen finde, und dass er sich in mich verliebt nichts aber auch gar nichts hätte ich unversucht gelassen damit er sich für mich interessiert. Vielleicht war das der Fehler. Vielleicht hätte ich weniger von mir selbst aufgeben sollen, nur damit ich mehr so bin, wie er sich seine Traumfrau vorgestellt hat. Vielleicht hatte ich aber auch von Anfang an keine Chance gehabt wer weiß das schon so genau. Faktisch weiß ich, dass ich wohl lange Zeit keine OP haben werde, die ich so dringend brauche. Die meinem Leben wieder einen Sinn geben könnte.
Aktuell bin ich jetzt so dermaßen verzweifelt, dass ich kurz davorstehe, entweder alles zu beenden, oder wobei das kein Widerspruch sein muss schlicht die OP selbst durchzuführen, wenn ich dann endlich genug für irgendjemanden wäre. Doch alle Kontakte zu Leuten, die mir gefallen enden immer ziemlich gleich die einen verabschieden sich kurz nachdem sie wissen, dass ich transsexuell bin. Die anderen kurz nachdem sie wissen, dass ich noch keine OP hatte.
Ich danke allen, die hier angekommen sind, dafür, dass sie es einfach mal gelesen haben. Vielleicht gibt es auch den ein oder anderen hilfreichen Tipp, wie ich damit jetzt umgehen kann, wenn ich ihn nicht vergessen kann, und jeden Tag tausend Tode sterbe, weil ich weiß, dass er mich nie lieben wird dass es ewig dauert, bis ich ich selbst sein könnte. Das einzig Positive an der Sache ist, dass es mir im Augenblick noch wichtig ist, ob er dagegen ist, dass ich mein Leben selbst beende denn sonst ist alles was mich davon aktuell abhält die Angst, dass ich überleben könnte das ich keine weitere Chance habe, dieses Leben endlich zu verlassen.
Liebe Grüße
Sophie Alexandra :snif: :snif: :snif: :snif: