Hm...
1. Was hast du für Erfahrungen mit dem Thema Depressionen und Ängste?
Ängste: generalisierte Angst- und Panikstörung seit weit über 20 Jahren
Depressionen: immer mal wieder Schübe, teils mit heftiger Todessehnsucht
2. Wie Äußert sich das ganze in deinem Fall?
Ängste: Ja, wie äussert sich eine Panikstörung... sich unwohl fühlen bis hin zu Panikattacken, wo ich dann zitternd und heulend auf dem Boden liege. In meinem Falle u.a. ( alle Beispiele würden Seiten füllen...) überall dort, wo viele Menschen sind - öffentliche Verkehrsmittel, Volksfeste etc. unglaublich stark, ein normaler Laden beim Einkaufen oder ein Meeting in der Firma mit mehr als 5 Leuten reicht aber (zu) oft auch schon.
Depressionen: fängt mit massiver Antriebslosigkeit / Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit / Verzweiflung an, geht meist bis zu nahezu unkontrollierbarer Todessehnsucht
3. Was hast du für Tipps für betroffene Menschen? Was hilft dir in Situation "XY"?
hm... bei mir hängt (in beiden Punkten) sehr viel an der Wahrnehmung - also ist das auch mein Hauptansazupunkt. Der zweite ist die Tatsache, dass ich immer versuche, mich von meinen Gefühlen nicht kontrollieren zu lassen. Ok dann habe ich eben jeden verdammten Tag Angst, in die UBahn zu steigen. Ist nur ein Gefühl, ich lasse nicht zu, dass es mein Leben bestimmt. Es ist da - be it, ich mache dennoch weiter. (Nur wenn ich mal wieder jemanden treffe, der mir mit dieser Binsenweisheit ala "Man muss sich nur mal trauen, dann merkt man, dass einem nichts passiert und dann hat man auch keine Angst mehr" bei einer Angststörung kommt, ist mein Humor sehr, sehr begrenzt :-/ )
Was auch hilft: genau abwägen, was wirklich nötig ist - und was nicht. Wenn man der Angst zu viel Macht gibt, kann man bald nicht mehr das Haus verlassen. Aber wenn die Meetings in der Firma intern sind, dann stehe ich beispielsweise in der offenen Tür statt mit im Raum zu sitzen. Auf Volksfeste möchte ich eh nicht, aber wenn hier in München Oktoberfest ist, nehme ich meist einen Teil der Zeit Urlaub, weil die öffentlichen Verkehrsmittel in der Zeit grundsätzlich überfüllt sind und ich muss mich da nicht um jeden Preis in Situationen begeben, die so massiven Druck erzeugen. Die ganze Zeit aber auch nicht, die restlichen Tage gehe ich normal zur Arbeit und dann kann ich es entweder abfangen oder ich muss halt durch die Panik-Attacke durch.
Also Tipps für Betroffene:
1) (Selbst-) Kontrolle nicht verlieren. Ängste und Depressionen verändern unsere Wahrnehmung. Massiv. Das was man dann wahrnimmt, sieht, ... ist stark verzerrt, man darf es nie für "das Original" halten, auch wenn es sich noch so sicher anfühlt, dass es das ist. Vor allem Vermeidungsreaktionen unbedingt kontrollieren, die werden zu schnell zu einer Spirale.
2) Unbedingt lernen, zwischen "ich KANN nicht" und "ich WILL nicht" zu unterscheiden. Das ist der schwerste Punkt, denn es gibt da immer beides - auch und gerade an Punkten, die für Gesunde so gar kein Problem darstellen - die taugen also nicht zur Referenz. Noch nicht einmal man selbst taugt als Referenz, weil sich das an manchen Tagen sehr unterscheiden kann. Ausserdem fühlt sich "ich WILL nicht" oft ganz genauso an wie "ich KANN nicht".
3) unnötigen (!!!) Druck konsequent heraus nehmen. Man läuft leicht in die Falle das "unnötig" bissl arg grosszügig auszulegen (siehe Punkt 2) aber hier hilft oft der Vergleich mit einer körperlichen Erkrankung, z.B. einem gebrochenen Bein. Es ist falsch, sich gar nicht mehr zu bewegen, aber dennoch muss man seinen Alltag erst einmal umstellen und sich genau überlegen, was man wie tut - und was nicht. Und auch wann man wieder anfängt, selbst einkaufen zu gehen, statt sich alles von anderen mitbringen zu lassen - zu früh schadet einem. Zu spät aber auch.
4. Wie wünscht du dir von anderen behandelt zu werden, die von deiner Krankheit wissen?
Da ist mir ein Punkt WIRKLICH wichtig: Punktuelle Rücksicht - ja. Aber niemals generelle. Ein "weisser-Ritter-Syndrom" schadet beiden. Sehr. Andere Menschen sollen im Umgang mit mir bitte, bitte, bitte vor allem auch auf ihre (!) eigenen Grenzen achten und die niemals aus "Rücksicht" auf mich zu weit überschreiten. Menschen, die in so einer Situation stecken, können oft nicht genug auf die Grenzen anderer achten, sie teilweise noch nicht einmal wahrnehmen, bevor es nicht viel zu spät ist - also meine Bitte: die Menschen, die mit uns umgehen, sollen bitte selbst verstärkt darauf achten.
Ein zweiter Punkt: Menschen, die mit psychisch Kranken umgehen, sollten die Fähigkeit haben zu akzeptieren, dass etwas, worin sie (ausser ev. einer gewissen Unlust) gar kein Problem erkennen können, für einen anderen *nicht möglich* sein kann.