Wenn man innerlich stirbt....
Verstehe ich das richtig - deine Mutter ist seit 3 Jahren so und davor war alles "ok" ?
Ferner: "ich komme nie wieder" - du schreibst, wenn du sowas hörst, bekommst du Angst ? Bist du nie wütend auf deine Mutter, dass sie sich nun schon seit Jahren in ihrem Elend nur um sich selbst dreht und mit Selbstmordgedanken um sich wirft, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein, was das in ihrem Umfeld eigentlich anrichtet ? In eurer Familie wird das alles stillschweigend toleriert ?
Gibt es Schritte ihrerseits, dass sie sich Hilfe holt ?
Und was für eine Rolle spielt der zweite Erwachsene in eurer Familie. Wie geht dein Vater mit der Situation um ?
Gibt es IRGENDJEMANDEN in der Verwandtschaft/Nachbarschaft/Freundschafen, der sieht, was da bei euch abläuft ? Wer stärkt dir den Rücken, wer schützt euch Kinder ?
Und wenn es niemand tut, wann tust es du ?
Meine Mutter-Geschichte ist eine ganz andere aber wenn ich zurückblicke auf die Zeit mit meiner Mutter dann hat weder Verständnis noch Fürsorge für ihre Lage uns weitergeholfen, aber ich war da einfach auch von Kleinauf drinnen, kannte das gar nicht anders. Es war "normal", die Mutter zu idealisieren, unabhängig davon, wie sie sich verhielt. Deswegen war der Weg heraus auch viel mühsamer. Dennoch: es gab Zeiten, da habe ich ihr den Tod sogar gewünscht, wenn sie wieder in ihren Selbstmordfantasien schwelgte, die sie in unserem Fall übrigens nur als Werkzeug benützte, um ihr Umfeld zu instrumentalisieren. Wenn man das jahrelang mitmacht, hört man irgendwann nicht mehr hin oder wünscht sich einfach, dass es eintrifft und alles endlich ein Ende hat. Damals habe ich solche Gedanken und Gefühle aber unterdrückt, denn ich fühlte mich deshalb einfach nur mies und schuldig. Heute ist das anders. Ich finde es verständlich und menschlich, so gefühlt zu haben, es war die Hölle, als Mädchen mit so einer Mutter aufzuwachsen. Und das sage ich, obwohl mir bewusst ist, dass meine Mutter aus einer inneren tiefen Not heraus handelte.
Was ich damit sagen möchte: du sollst deiner Mutter nichts Schlechtes wünschen, aber du darfst auch anderen Gefühlen fernab von Sorge, Verständnis und Traurigkeit Raum geben und zum Anderen darfst du dich auch um dein eigenes Leben kümmern. Ich denke, dass es das Eine für das Andere braucht, um einen Schritt auf dich selbst zuzugehen. Weißt du, wie ich meine ?
Wenn ich deine Zeilen lese, dann denke ich mir, dass man als 19Jährige ganz viele andere Themen haben könnte, denen man sich öffnen und widmen könnte. Du stehst am Anfang deiner Eigenständigkeit, du musst nicht mitleiden, du kannst und wirst sie nicht retten können, aber du kannst dich entscheiden, dein eigenes Leben fortzufahren. Du bist volljährig und wenn du dich sosehr um deine Mutter kümmern kannst, dann bin ich mir sicher, dass du auch auf eigenen Beinen stehen wirst können. Ich weiß, die innere Abhängigkeit lässt sich nicht so leicht durchbrechen. Es ist schwer, aus einer symbiotischen Beziehung herauszutreten, aber schwierig bedeutet nicht unmöglich !
Dennoch ist es möglich, dich nicht mehr in die Gefühle deiner Mutter verstricken zu lassen, dich selbst an 1. Stelle zu setzen und zu hinterfragen, wie du dir eigentlich dein weiteres Leben vorstellst, UNABHÄNGIG von den Anderen. Denn dein Leben besteht nun mal nicht nur aus einem unsicheren Haus, dem verwelkten Garten und falsch geschliffenen Zähnen deiner Mutter, die nie mehr wieder kommen will und es doch immer wieder tut.
Der Frühling beginnt, ich sehe junge Mädchen auf der Straße, die neugierig sind aufs Leben. Bitte sei auch eins davon und mach dich frei !
Alles Liebe
JT