Mein Vater hat sich vor zwei Tagen das Leben genommen. Er hatte starke Depressionen und nach einem einschneidenden Erlebnis hat er es Anfang des Jahres schon einmal versucht. Er hat mir danach 100000 Mal versichert, wie leid ihm das tut und das er eingesehen hat, dass dies keine Lösung ist. Er hat mir versprochen und geschworen, das nie nie wieder zu tun. Am Samstag waren wir noch bei ihm. Mama, meine Schwester und ich um meinen Geburtstag nachträglich zu feiern... Und am Dienstag hat meine Mutter mir das dann erzählt... Es gibt keinen Abschiedsbrief. Ich mache mir große Vorwürfe... Das ich ihn mal hätte anrufen sollen, nach dem wir bei ihm waren. Denn er war da schon sehr still und hat kaum etwas erzählt. Aber irgendwie war ich auch bockig. Denn immer war ich diejenige, die angerufen hat. Er hat sich nie gemeldet. Nicht mal an meinem Geburtstag hat er angerufen. Aber ich denke mir heute, dass es vielleicht nicht so weit hätte kommen müssen, wenn ich angerufen hätte. Ich kann gar nicht beschreiben, wie es mir geht. Ich habe vom Arzt Beruhigungsmittel bekommen, die mich emotional einfrieren. Nehme ich die nicht, weine ich pausenlos und habe schlimmes Kopfkino. Ich versuche mir immer einzureden, dass er an seiner Krankheit gestorben ist. Also an seinen Depressionen. Er war erst vor drei Wochen in seine neue Wohnung gezogen. Alles war neu, noch am Freitag hatte er sich Schränkchen aufgebaut und eine Couch gekauft. Ich denke nicht, dass es geplant war. Und ich stelle mir ständig vor, dass er lange leiden musste und vielleicht um Hilfe gerufen hat, aber niemand ihn gehört hat. Diese Gedanken machen mich wahnsinnig. Ich mache mir große Vorwürfe und bin auch irgendwie sauer und wütend. Und das tut mir leid. Ich habe so viele Fragen. Und ich vermisse ihn jetzt schon wahnsinnig. Ich weiß nicht, was ich tun kann, um es zu verstehen. Ich glaube, es ist noch nicht mal bei mir angekommen, dass er nun für immer weg sein soll. Das ich ihn nie wieder sehen werde, nie wieder seine Stimme hören und mit ihm lachen werde.
Ich habe zwar viele liebe Menschen um mich, die für mich da sind. Aber denen erzähle ich immer wieder das gleiche. Und denen gehen langsam die Antworten aus. Das mein Vater stirbt, war immer meine große Angst. Vor 15 Jahren war er man schwer krank und seitdem lebe ich mit schlimmen Verlustsängsten. Ich habe seit dem fast jede Nacht davon geträumt, dass er stirbt und nun ist es tatsächlich passiert. Ich kann es einfach nicht verstehen. Ich habe seit Dienstag immer wieder so eine Wut in mir, dass ich am liebsten Schreien und etwas kaputt schlagen würde. Und wenn ich die Tabletten nehme, bin ich einfach emotional tot. Dann denke ich zwar Daten, aber ich fühle nichts. Und das hat er aber auch nicht verdient. Ich möchte trauern. Aber ich verliere einfach den Boden unter den Füßen und habe immer diese schrecklichen Bilder im Kopf.