Schönen Tag liebes Forum!
Ich habe mich aus einer gewissen Verzweiflung heraus hier angemeldet, weil ich derzeit meine Gefühlswelt nicht erfassen kann. Zu den Fakten:
Ich bin mit meinem Freund seit über einem Jahr zusammen, sind beide um die 30 und wir leben seit 4 Monaten in einer 2-Zimmerwohnung zusammen, beabsichtigen, uns eine 4-Zimmerwohnung zu kaufen. Darüber hinaus wollen wir heiraten und Kinder, zumindest waren dies anfänglich angenehme Vorstellungen für mich.
Ungefähr seit dem Zusammenziehen beängstigen mich
die Zukunftsträume mehr und mehr, und als wär das alles nicht dramatisch genug, habe ich die Lust auf Sex komplett verloren. Doch keinesfalls zieht es mich zu anderen Männern hin, es ist eher so, als wäre dieser Trieb nicht mehr vorhanden. Ich habe ein großes Problem mit seiner Anhänglichkeit. Am Sonntag hat er mir abends 8 mal gesagt, dass er mich liebt. Er tut das mehrmals täglich, er ist generell großzügig mit Komplimenten und sehr gefühlsbetont. Ich fühle mich dadurch traurigerweise bedrängt. Wir gehen auch so gut wie immer gemeinsam einkaufen, sehen uns jeden Tag, unternehmen sehr viele schöne Dinge, sitzen jeden Abend gemeinsam auf der Couch und unterhalten uns multimedial. Er will dann ganz viel kuscheln, meine Hand halten, ganz nah bei mir
sein. Mich erdrückt das alles mehr und mehr! :-( Bei mir hat dieses Nähebedürfnis abgenommen, doch er könnte mich immer um sich haben und vermisst mich, sobald ich mal alleine das Haus verlasse. Konsequent genug, ihm diese Wünsche abzuschlagen, war ich bisher noch nicht.
Ich wäre so gerne mal wieder allein, einfach nur allein und irgendwelchen Schund machen, nicht reden, interagieren oder gefragt werden, was ich da mache und warum ich nicht auf die Couch kuscheln komme.
Ich denke, dass ich ihn liebe, aber so langsam zweifle ich an meinen Gefühlen und grübele darüber, was hier Ursache und was Wirkung ist.
Er ist keineswegs ein unsicherer Typ, er ist mit sich im Reinen und bei Unstimmigkeiten so schnell versöhnlich, umgänglich. Er würde auch nie etwas gegen einen Mädelsabend sagen. Er liebt mich einfach abgöttisch, evtl. idealisiert er mich dabei auch. Er hat auch einen etwas kranken Humor, sagt gemeine und obszöne Dinge aus Spaß zu mir.
Ich dagegen bin unsicher, mag es gar nicht, wenn jemand immer alles sieht, was ich tue, jede meiner Angelegenheiten in die Hand nehmen will und meine Art, Dinge zu regeln, kritisiert und optimiert. Mag sein, dass ich nicht sofort die Initiative ergreife und mich durchsetze, mein Erfolg liegt in zeitaufwändigeren Verfahren.
Ich hab ihn auch schon darauf öfters angesprochen, dass ich Zeit für mich brauche, nicht alles, was ich tue,
kommentiert haben will, mich sehr schnell unter Druck fühle. Er bemüht sich dann kurzzeitig um meinen Freiraum,
aber eben nur temporär, dann hängt er wieder jeden Tag an mir und ich bin nie allein. Gelegentlich platze ich auch und schrei ihn an, er solle gewisse Dinge nicht tun und sagen, weil es mich stört :-(
Wie ertragen das andere Paare, die zusammenleben, frage ich mich? Die einzigen Momente, die ich für mich habe, ist
morgens, wenn ich mich für die Arbeit richte und die Autofahrt dahin, gelegentlich auch mal unter der Woche 2 Stündchen.
Würde es besser in einer größeren Wohnung? Oder bin ich eine Person, die Beziehungen lieber in getrennten Wohnungen führt? Ist er nicht der Richtige für mich und ich denke deswegen so? Ist er der Richtige und ich kann es nur nicht sehen weil er mir mit seiner Nähe die Sicht versperrt?
Ich weiß, Reden ist das beste. Aber wenn ich ihm sage, dass mich Gedanken um Heirat, Kinder und Zusammenwohnen derzeit nur überfordern, würde ihn das irreversibel kränken. Er sieht sich in der Zukunft eben als verheirateter Familienvater,... und so viel Veränderung kann ich nicht von ihm verlangen.
Ich habe mir bei dem Versuch, diese Entwicklung zu verstehen, schon so sehr den Kopf zerbrochen! Ich bin durcheinander, rotiere und weiß absolut nicht mehr, was ich möchte. Vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen und Gedanken zum Austausch bereit.
Liebe Grüße! Pfötele