Nachtrag...
Du schreibst, dass dir küssende Menschen den Magen umdrehen....
Irgendwann letztes Jahr, als Bilder vom Missbrauch durch ein Familienmitglied bei mir hochkamen und der orale Missbrauch, da konnte ich keinen Joghurt essen oder etwas das weiß und milchig war, ich erbrach mich sofort.
Dann schenkte eine Freundin mir ein Buch von Louise L. Hay "Gesundheit für Körper und Seele" und da ist auch ein Kapitel über Sexualität drinnen. Ich lehnte Sex damals ab und hatte mich total in mich selbst zurück gezogen, wollte keine Männer mehr haben um mich, von Sexualität schon ganz zu schweigen. Alles machte mich krank und wenn ich schmusende Paare sah, dann ging es mir auch so.
Irgendwann habe ich in dem Buch gelesen und gemerkt, dass Louise L. Hay auch missbraucht worden war und sie mit positiven Affirmationen und Sätzen die negativen Gedanken bezwungen hat. Also zwang ich mich, jeden Tag 300 x zu sagen, "ich öffne mich für den Gedanken, wieder Sex zu haben". Anfangs sagte ich das gegen Ende mit einer Betonung, als würde mich jemand zwingen, einen faulen Apfel oder einen Regenwurm runter zu schlucken. Ich kam mir dumm vor, aber sie schrieb in ihrem Buch, da wo man Widerstände spürt, erkennt man nur, dass dieser Bereich des Lebens der Heilungsarbeit bedarf.
Diesen Satz fand ich sehr klug. Daher machte ich weiter, manchmal weinte ich, die Tränen flossen als mir klar wurde, dass die Sexualität ein Bereich ist, der irgendwie etwas ist, was ich möchte und was ich mal als schön erleben will, aber ich hatte keinen blassen Schimmer wie ich das anstellen sollte. Ich habe trotzdem weiter geübt und mit der Zeit flossen immer mehr Tränen.
Mir war klar, dass ich Sexualität mit Missbrauch gleich setzte, aber Sexualität mit einem Menschen den man liebt und der zärtlich mit einem schläft ist etwas Schönes. Missbrauch ist etwas das einem aufgezwungen wird und ich wusste in mir innerlich nicht, wie ich das differenzieren sollte.
Mein jetziger Freund hat mich irgendwie aus diesem inneren Gefängnis rausgeholt. Ich weiß auch nicht wieso. Er war plötzlich da und klopfte an meine Tür, ich schickte ihn weg und er kam wieder und klopfte noch einmal, so lange bis ich durch das Wiederholen meines Satzes so weit war, es doch noch einmal mit Berührungen und Sex probieren zu wollen. Wir haben viel geredet und er ist total verständnisvoll und als er erfuhr, was mir als Kind widerfuhr hat er auch verstanden warum ich Angst vor geschlossenen Türen habe und es immer brauche, dass die Tür offen ist.
Es dauert eine Weile, bis du heraus gefunden hast, warum du dich innerlich so verschließt. Wenn du die küssenden Paare siehst und dir wird schlecht, dann steckt eine vergessene Erinnerung dahinter, die noch unbewusst in dir steckt und die dich Übelkeit spüren lässt.
Eine Weile konnte ich auch nichts zulassen, aber in dem Buch AUSATMEN von Staci Haines habe ich gelesen, dass man seinen sexuellen Spielraum trotz Ängsten immer um einen Fingerbreit versuchen soll auszudehnen. Und aufschreiben soll, was einem Ekel oder Angst bereitet und wie man dann überlegen soll, wie man die Angst überwindet oder es abwandelt dass es doch schön sein kann für einen selbst und für den Partner.
Ich habe früher immer gedacht, dass sexuelle Heilung etwas ist wie ein Knie zu verarzten, du klebst ein Pflaster drauf, desinfizierst die Wunde vielleicht noch vorher bevor das Pflaster kommt und wartest dann bis es wieder gut wird, die Wunde heilt, sich säubert und eine Kruste drüber wächst, die dann irgendwann abfällt, bis das Knie wieder aussieht wie neu.
Aber inzwischen sehe ich den Heilungsprozess wie eine Zwiebel. Du pellst die äußere Schale ab und im Innern hast du noch viele viele zusätzliche Schichten, die du auch noch abpellen musst. Außerdem sehe ich es wie die Büchse der Pandora. Hast du erstmal die Gefühle und Erinnerungen lange unter Verschluss gehalten und öffnest den Deckel, dann gibt es kein zurück mehr für dich.... Dann magst du den Deckel zwar wieder verschließen wollen, aber du weißt, selbst wenn du den Deckel wieder drauf machst oder sogar festschraubst und verschließt, wird es nicht besser oder sein wie vorher. Du musst dich in Wellen durch deine inneren Schichten, durch dein Seelenleben arbeitetn, ob es dir gefällt oder nicht..-.
... und dazu gehört eben auch, unangenehme Gefühle anzuschauen, nieder zu schreiben und auszuhalten, bevor einem bewusst wird, warum du sie eben hast.
Viel Glück dabei!