Quelle: stillen-und-tragen.de
Grundinformationen zur Einführung von Beikost
In letzter Zeit gab es einigen Wirbel um neue Empfehlungen rund um die Ernährung von Säuglingen.
An dieser Stelle haben wir die wichtigsten Infos zum Thema zusammengetragen.
Beikostreife
Mit der ersten festen Nahrung sollte prinzipiell erst begonnen werden, wenn das Baby beikostreif ist. Beikostreife lässt sich an folgenden Kriterien gut erkennen:
* das Baby kann mit Unterstützung sitzen, auf dem Schoß oder im Hochstühlchen,
* das Baby kann selbst Nahrung gezielt greifen (zunächst mit der ganzen Hand, später im Pinzettengriff) und zum Mund führen
* das Baby kann Kaubewegungen machen. Dazu muss der sog. Zungenstoßreflex verschwunden sein, der bei jüngeren Babys kleine Gegenstände reflexhaft direkt wieder aus dem Mund heraus befördert.
Babys unter 4 Monaten sollten keinesfalls schon feste Nahrung bekommen. Sie könnten sie nur schlecht verwerten und das Risiko für eine Reihe von Gesundheitsstörungen wie Allergien, Nährstoffmangelerscheinungen und Verdauungsbeschwerden wäre deutlich erhöht. Die meisten Babys sind mit etwa 6 Monaten beikostreif.
Geeignete Lebensmittel
Grundsätzlich gut geeignet für den Start mit Beikost sind frische, möglichst unverarbeitete Obst- und Gemüsesorten guter Qualität, am besten aus kbA. Gedünstet werden viele Obst- und Gemüsesorten besser vertragen und verwertet als roh. (Manche Gemüse können auch Erwachsene praktisch nur gegart verdauen, z.B. Kartoffeln und Hülsenfrüchte).
Welches Obst und Gemüse genau angeboten wird, ist schlichtweg Geschmackssache. Es muss sich dabei keineswegs auf die klassischen Baby-Sorten wie Apfel, Birne, Karotte, Kürbis beschränkt werden. Je nach Saison sind z.B. Beeren- und Südfrüchte, Frucht-, Blatt- und Wurzelgemüse, Hülsenfrüchte und Steinobst genauso gut geeignet. Pauschalaussagen wie Erdbeeren machen Ausschlag, Orangen machen wund oder Zwiebeln machen Blähungen sind heute überholt.
Ebenso geeignet sind Getreide diese müssen im Allgemeinen aufgeschlossen sein, d.h. mit Wärme behandelt bzw. gegart (als Brei oder körnig) oder gebacken (Brot). Getreide, das roh lediglich gequetscht/geschrotet/gemahlen wurden, ist (auch für Erwachsene mitunter) schwer verdaulich und für Babys nicht so gut geeignet.
Fleisch, Fisch und Eier dürfen jeweils gegart - ebenfalls ab Beikoststart angeboten werden. Sie sind gute Quellen für hochwertiges Eiweiß. Fleisch enthält außerdem nennenswerte Mengen Eisen.
Grundsätzlich dürfen Babys ab dem Beikoststart SELBST auswählen, was und wieviel sie gern essen mögen. Bei sehr leichten/untergewichtigen Babys ist es sinnvoll, dabei auf besonders hochkalorische Beikost zu achten.
Ungeeignete Lebensmittel
Nur wenige Lebensmittel sind für die Babyernährung prinzipiell ungeeignet, und dies zum Teil aus ganz unterschiedlichen Gründen, sei es wegen möglicher Vergiftungen oder wegen der Darreichungsform. Dazu zählen:
* Fisch, Fleisch, Eier im ROHEN Zustand es sei denn, es kann 100%ig sicher gestellt werden, dass die Speisen absolut frisch und hygienisch unbedenklich sind.
* Honig (auch erhitzt)
* Nüsse, die größer sind als im gemahlenen Zustand
Zucker (und andere Süßungsmittel) und extra Salz haben in der alltäglichen Babyernährung nichts verloren, v.a. wegen der zu erwartenden Gewöhnung an diese Geschmacksverstärker. Einfach weglassen, egal wie fad es uns Erwachsenen schmeckt! Vollreifes Obst ist sowieso süß genug, und würzen kann man auch bestens mit frischen Kräutern wie Schnittlauch, Kresse, Petersilie und Mittelmeer-Kräutern. Seltener Verzehr von gesüßten oder gesalzenen Speisen spielt sicherlich keine Rolle. Geringe(!) Mengen Salz an frischgekochtem Familienessen sind in Ordnung.
Finger weg von Zutaten, die eher an Chemiebaukasten als an Essen erinnern. E-Nummern, Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Süßstoffe, Aromen und Farbstoffe scheinen unvermeidlich in der industriellen Lebensmittelherstellung. Deren gesundheitliche Unbedenklichkeit jedoch ist nicht gesichert, und bei der Etablierung gesunder Essgewohnheiten können sie definitiv Schaden anrichten.
Rund um die Milch
Stillkinder brauchen keine Tiermilch, sie bekommen ja bereits Menschenmilch. Der Verzehr geringer Mengen Tiermilch und Milchprodukte (z.B. wenig Kuhmilch im Brei, Sahne im Gratin, etwas Käse und Joghurt,) ist ab dem Beikoststart erlaubt, aber bietet auch keine Vorteile, wenn noch häufig gestillt wird.
Im ersten Lebensjahr ist Muttermilch als Hauptnahrungsmittel vorgesehen. Solange noch mindestens 2 mal in 24 Stunden gestillt wird, sind keine weiteren Milchprodukte notwendig. Für bereits abgestillte Kleinkinder werden pro Tag 2 Milchportionen empfohlen (z.B. morgens ein Glas Milch und abends ein Käsebrot, oder morgens ein Müsli mit Milch und nachmittags einen Joghurt usw.). Aber auch milchfreie Ernährung ist ab dem 1. Geburtstag problemlos möglich, wenn das Kind auf anderem Wege genug Calcium und Eiweiß bekommt.
Ausführliche Info zu künstlicher Säuglingsmilch gibt's hier.
Vegetarische Ernährung
Diese ist für Babys möglich. Wichtig ist dann, dass das Baby auf anderem Wege genug Eisen und Eiweiß bekommt (häufiges Stillen, eisenhaltige Getreide und Früchte, Eiweiß aus Hülsenfrüchten und Eiern). Vegane Ernährung erfordert darüber hinausgehende Kenntnisse und häufig Nährstoffsupplementierung.
Darreichungsform
Beikost kann als Brei oder als Fingerfood angeboten werden. Hier einfach nach den Vorlieben des Babys gehen! Möglicherweise essen Fingerfood-Babys zunächst mengenmäßig etwas weniger als Brei-Liebhaber, werden dafür aber recht schnell geschickt im Umgang mit Essen - unterm Strich sind sicher beide Gruppen gleich gut versorgt. Mag das Baby gerne größere Mengen Obst und Gemüse (-Brei) essen, dann sollte stets 1-2 TL Fett zugegeben werden. Brei bitte ausschließlich vom Löffel (oder mit den Fingern), aber niemals aus der Flasche. Überfütterung, Bauchweh und Verdauungsbeschwerden sind häufige Folgen von Breiflaschen.
Uhrzeit und Häufigkeit spielen überhaupt keine Rolle. Dem Baby ist es vollkommen wurscht, ob es 10 Uhr morgens oder 4 Uhr nachmittags ist, und es ist auch egal, ob zu Beginn einmal täglich Beikost angeboten wird, oder ob es gleich 3 mal über den Tag verteilt in einen Apfel beißen oder am Brötchen lutschen darf.
Auch die genaue Essensmenge spielt nicht die geringste Rolle. Babys müssen weder Mindestmengen erreichen (nein, "eine Portion" sind nicht 190 g! ), noch sollten Mengen künstlich begrenzt werden (à la "mit wenigen Löffen starten"), wenn das Baby gerne essen mag. Am besten misst man der Menge überhaupt keine Bedeutung bei.
Werden neue Lebensmittel einzeln eingeführt, jeweils mit dem Abstand von ca 1 Woche, dann können mögliche Unverträglichkeiten leichter festgestellt werden, als wenn es von Beikostbeginn an jeden Tag ein anderes Riesenmischmasch gibt. Manche Babys sind recht empfindlich und zeigen Unverträglichkeitsreaktionen, z.B. bekommen leicht Bauchweh und Blähungen, spucken sehr viel oder werden sehr schnell wund. Hier empfiehlt sich zu Beginn ein langsames Tempo. Reagiert ein Baby möglicherweise auf ein bestimmtes Nahrungsmittel mit einer Unverträglichkeitsreaktion, dann das Nahrungsmittel für mind. 2 Wochen konsequent streichen und danach noch einmal probieren. Bestätigt sich der Verdacht, dieses Lebensmittel erst einige Monate später (frühestens nach dem 1. Geburtstag) wieder probieren. Viele Unverträglichkeiten wachsen sich mit der Zeit aus.
Die meisten Babys haben überhaupt kein Problem damit, von Beikostbeginn an ganz normal vom Familientisch mitzuessen, ohne Beachtung spezieller Abstände oder Einzelkost.
Stillempfehlungen
Auch nach dem Start mit Beikost wird einfach nach Bedarf weiter gestillt. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für alle Babys 6 Monate ausschließlich stillen, danach neben geeigneter Beikost weiter stillen bis zum 2. Geburtstag oder darüber hinaus, solange Mutter und Kind wünschen.
Ob vor oder nach (oder während *g*) dem Essen fester Nahrung gestillt werden sollte, ist im Grunde völlig egal insbesondere wenn sowieso ohne Mahlzeitenkonzept gestillt wird. Hier einfach nach den Signalen des Babys gehen. Jedenfalls gilt: Stillmahlzeiten sollten NICHT gleich durch Beikostmahlzeiten ERSETZT werden, sondern das Stillen wird durch Beikost ERGÄNZT.
Es heißt absichtlich BEIKOST, nicht ANSTATTKOST. Kleiner, aber feiner Unterschied
"Baby Led Weaning (BLW)"
Hinter diesen Begriff (eigentlich: "Baby-gesteuertes Abstillen") verbirgt sich die Tatsache, dass gesunde Babys (wie alle anderen Tiere auch ) über angeborene, instinktive Fähigkeiten verfügen, ihre Nahrungsaufnahme selbst zu steuern. Babys "wissen" selbst, mit welchen Nahrungsmitteln sie am besten zurecht kommen, welche sie am besten vertragen, wie viel sie davon essen sollten - sprich: wie ihr individueller Nährstoffbedarf aussieht und wie sie den decken können.
Dies klappt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Babys (und Kinder) lediglich Zugang zu Lebensmitteln haben, die im mutmaßlich natürlichen Nahrungsangebot des Menschen vorgesehen sind! Nur dann dürfen und sollen wir Babys frei wählen lassen.
Wir Erwachsenen wissen, welche Lebensmittel uns eigentlich schaden, weil uns Bücher oder unser Arzt (oder Spiegelbild ) dies sagen. Wir begrenzen uns dann mehr oder weniger erfolgreich, halten Maß und hören auf unseren Kopf, der uns sagt, dass wir jetzt besser nicht so viel Schokolade, Chips oder Dosensuppen essen sollten, wie wir laut unserer Hirnchemie eigentlich gerade gern würden... (und wir alle wissen, dass die Hirnchemie oft stärker ist als der Intellekt: trotz unseres Wissens gelingt uns ein gesunder Umgang mit überzuckerten, übersalzenen, überaromatisierten Industrieprodukten oft nicht.)
Babys und Kinder können nicht Maß halten. Industrienahrung mit künstlich zusammengesetzten Inhaltsstoffen ist im natürlichen Speiseplan des Menschen nicht vorgesehen, deshalb funktioniert ein instinktiv richtiger Umgang damit nicht. BLW funktioniert tatsächlich! Aber nur, wenn Babys und Kinder vor eine entsprechend faire (Aus-)Wahl an gesunden Nahrungsmitteln und Speisen gestellt werden.
BLW ist keineswegs gleichbedeutend mit "ausschließlich Fingerfood". Es ist nicht das Gegenteil von "Brei". BLW bedeutet schlichtweg, dass
1. die Mutter so lange stillt, bis das Kind seiner biologischen Stillzeit von allein entwächst ("natürliches Abstillen"),
2. Hunger- und Sattsignale, Essverhalten und Nahrungsmittelvorlieben des Babys konsequent respektiert werden und
3. das Baby meistens selbst isst, ob mit Fingern oder mit Werkzeug.
Getränke
Babys trinken - ganz anders als Erwachsene - eigentlich nur aus einem Grund: Durst. Klassische Beikost ist oft sehr wasserhaltig (Breie, Obst, Gemüse,... haben Wassergehalte von oft über 90%), die zusätzlich zum Stillen sehr häufig den Flüssigkeitsbedarf des Babys komplett deckt. Deshalb "verweigern" viele Babys das Trinken. Keine Sorge deswegen! Sobald das Kind 2 Stunden im Garten rumgetobt und dann noch 2 Knäckebrote gegessen hat, wird es trinken, ganz sicher
Im Grunde einzig empfehlenswertes Getränk: Wasser. Einfach Leitungswasser (abkochen nicht nötig!), oder Mineralwasser aus der Flasche, falls die Rohre mit Altmetall belastet sind.
Ein Kind, welches kein Wasser trinkt, aber Saft sehr wohl, trinkt nicht aus Durst, sondern bereits aus falschen Ernährungsgewohnheiten!
Wenn das Kind Wasser gewohnt ist, gehen später auch Tees (bitte OHNE heilpflanzliche Wirkung!) oder dünne Schorlen, aber notwendig sind sie nicht.
Manche Babys finden Wassertrinken bereits ab Beikoststart lustig, dagegen spricht natürlich auch nichts.
Beikosteinführung bei nicht (mehr) gestillten Babys
Es gibt keine gesicherte Antwort auf die Frage, ob das Prinzip "Beikost, nicht Anstattkost" auch für künstlich ernährte Babys gilt (sprich: ob sie ihre Flaschen wie Stillkinder weiterhin wie gewohnt nach Bedarf bekommen sollten und Beikost zusätzlich, oder nicht). In gängigen Ernährungsempfehlungen werden die Flaschenmahlzeiten nach und nach erst durch Gemüse, dann Gemüse/Kartoffel/Fleisch, dann zusätzlich Obst und Getreide in der Tat ERSETZT, d.h. die Beikost ANSTATT Flaschenmilch angeboten.
Am besten wird wohl sein: in Absprache mit dem Kinderarzt nach dem eigenen Gefühl und den Vorlieben des Babys richten
Beikost für Kinder mit Erkrankungen und Unverträglichkeiten
Alles bislang geschriebene gilt für gesunde Babys. Wenn ein Baby bereits eine Unverträglichkeit entwickelt hat (dies kann z.B. eine Allergie sein, ein Enzymmangel oder eine unspezifische Unverträglichkeitsreaktion ohne Beteiligung des Immunsystems), dann kann und sollte das betreffende Lebensmittel normalerweise problemlos aus dem Speiseplan gestrichen werden, ohne dass gleich Mangelerscheinungen drohen. Reagiert das Baby aber auf viele Lebensmittel oder zeigt es schwere Symptome wir Atemnot, blutige Stühle oder schlimme Hautverletzungen, dann muss der Kinderarzt ran. Infos zum Thema "Unverträglichkeiten beim (Still-)Baby" gibts hier.