Hallo,
meine Erinnerungen an die 6 Jahre andauernden ständigen Angriffe auf meine Menschenwürde und mein Selbstbestimmungsrecht sind überdeutlich.
Angefangen hat der Missbrauch an Weihnachten 1982 (damals war ich 10 Jahre alt, mein Bruder 13), als unser Vater bereits schwer erkrankt war (er selbst wusste bis zu seinem plötzlichen Tod drei Wochen später nichts davon). Weil unsere Oma mütterlicherseits bei uns zu Besuch war, schlief mein Bruder in meinem Zimmer. Es begann scheinbar "harmlos" mit Anfassen im Intimbereich und küssen. Das sollte unser Geheimnis bleiben. Das dürfte niemand wissen. Dass ich quasi von Geburt an extrem introvertiert und verschlossen war, machte es meinem Bruder mehr als einfach, mir in den folgenden Jahren die Hölle auf Erden zu bereiten... Ich war so verwirrt und schämte mich dermaßen, dass ich es tatsächlich nicht wagte, mich unseren Eltern oder auch der Oma anzuvertrauen.
Kaum war unser Vater gestorben, sagte er wortwörtlich, er wäre jetzt "der Herr im Haus". Nach der Beerdigung war meine Patentante einige Zeit bei uns zu Besuch, um meiner Mutter beizustehen und ihr in den schwersten Stunden zu helfen. Auch ihr konnte ich nichts sagen. Obwohl die Schwägerin meiner Mutter (meine Patentante ist die Ehefrau des ältesten Bruders meiner Mutter) schon sehr früh den wahren Charakter meines Bruders erkannte.
Er hat bereits als relativ kleines Kind angefangen, die Menschen in seiner nächsten Umgebung gegeneinander auszuspielen und zu manipulieren: unsere Eltern gegeneinander, seinen Patenonkel (der älteste Bruder unserer Mutter) gegen dessen Frau, mich gegen unsere Eltern, die Lehrer gegen unsere Eltern etc. Er beklaute unsere Mutter noch zu Lebzeiten unseres Vaters und lässt mich bis heute als die Schuldige dastehen. Für unsere Mutter ist es schlicht bequemer, sich nicht wirklich mit diesem Monstrum auseinander zu setzen, welches sie 1969 auf die Welt brachte. Nur 1 oder 2 Jahre, bevor unser Vater starb, sagte er zu unserer Mutter "... ist meine ... ... Er wusste sehr genau, was dieser Ausdruck bedeutet.
Etwa eineinhalb Jahre nach dem Tod unseres Vaters bedrohte mein Bruder mich mit einer Schusswaffe - erst vor wenigen Jahren erfuhr ich durch unsere Mutter, dass es sich dabei um eine so genannte Luftpistole handelte - und schoss in der nächsten Sekunde auf mein Zwergkaninchen. Dieses hatten mir zwei Schulfreundinnen zum Geburtstag geschenkt. Er hatte mehr Glück als Verstand, dass "Moritz" und ich lediglich einen Riesenschock erlitten, ansonsten aber unversehrt blieben. Auch diesen "Vorfall" behielt ich für mich.
Wenige Monate kaufte unsere Mutter eine Eigentumswohnung und damit begann für mich endgültig die Hölle auf Erden. Auch nachdem unsere zwischenzeitlich zum Pflegefall gewordene Oma mütterlicherseits bei uns lebte (oder sollte ich vielmehr schreiben, vegetierte?), hatte ich in den nächsten 4 Jahren keine ruhige Minute mehr. Mein Bruder nutzte jede noch so kleine Abwesenheit (einkaufen, Elternabend, Theaterbesuch, Gesprächsgruppe für Alleinerziehende) unserer Mutter eiskalt aus, um über mich herzufallen. Er zwang mich zum Oralverkehr. Er drang zwar nie in meine Vagina ein, aber auch der Oralverkehr ist nach meiner eigenen Definition eine Vergewaltigung.
In der Schule hatte ich am traurigen Beispiel eines drogensüchtigen ehemaligen Mitschülers erfahren, dass ich keinem Erwachsenen vertrauen konnte. Uns Kindern/Jugendlichen wurde eine blühende Fantasie unterstellt, als wir die Schulleitung auf die Probleme unseres Freundes aufmerksam machten. Aufgrund meiner ständigen geistigen Abwesenheit galt ich als Störenfried. Ich war mit dem Gedanken überall, nur nicht beim Unterricht. Von den Lehrern/Lehrerinnen kam nie jemand auf die Idee, mal zu fragen, ob bei mir zu Hause eigentlich alles in Ordnung wäre. Warum ich ständig so aggressiv reagierte. Das Vertrauen in die katholische Kirche hatte ich da schon lange verloren. Der einzige Pfarrer, mit dem ich VIELLEICHT hätte sprechen können, starb zu Beginn der 1990er Jahre an Nierenversagen.
Zu meinem Glück las ich mit 16 Jahren das erste Mal über Prostitution. Mein Bruder bot lächerliche 5,00 DM (in Worten: fünf Deutsche Mark) für Sex. Auf dem Kinderstrich hätte ich locker das Hundertfache kassieren könnte... Ab diesem Moment hatte ich zumindest körperlich endlich meine Ruhe. Die Selbstvorwürfe (warum habe ich mich nicht genug gewehrt? Warum habe ich immer nur den Mund gehalten? Warum? Warum? Warum?) sollten allerdings nie aufhören. Und genau das war sein Ziel: mich zu zerstören.
Während dem Missbrauch drohte ich mehrfach, meinen Bruder irgendwann zu töten. Unsere Mutter wunderte sich zwar immer über meinen Hass, nahm diesen aber nicht sonderlich ernst. Ich war ja schließlich noch ein Kind... Ich war nie selbstmordgefährdet und bin es bis heute nicht. Mein Bruder ist derjenige, der im Grunde seit Weihnachten 1982 in ständiger Lebensgefahr schwebt. Und es fehlt nicht mehr viel, dass ich ihm früher oder später tatsächlich den Schädel einschlage.
Mit 18 Jahren rang ich mich schließlich dazu durch, endlich meiner Mutter zumindest oberflächlich von dem Missbrauch zu erzählen. Sie kennt bis heute nicht alle Einzelheiten. Ich habe ihr viele Dinge mit vielen Jahren Abstand anvertraut. Von der Oralvergewaltigung weiß sie dagegen nichts. Lange Zeit wollte ich nichts von einer Therapie wissen. Ich wollte einfach nicht mehr darüber sprechen.
Mittlerweile weiß ich, dass ich sofort Strafanzeige hätte erstatten müssen. Dies hatte meine Mutter immer mit dem Hinweis und auch der Verharmlosung verhindert, mein Bruder sei doch selbst noch ein KIND gewesen. SEIN Leben würde mit einer Anzeige zerstört werden. Ich müsste damit rechnen, dass mir eine Mitschuld an dem Missbrauch gegeben würde. Eben der ganze Schwachsinn, der Opfern so gerne eingeredet wird.
Viele Jahre hielt ich selbst die Fassade der "heilen Familie" aufrecht. Anstelle meines eigenen Seelenfriedens war mir der ganz schlicht verlogene "Familienfriede" wichtiger. Bloß nicht an den Grundfesten rütteln. Ich war sogar bei seiner Hochzeit im Februar 2010. Wenn ich an diesen verlogenen kirchlichen Scheiß denke, der damals veranstaltet wurde, wird mir immer noch schlecht. Wie gerne hätte ich seiner Frau und seinen so genannten "Freunden" die Wahrheit um die Ohren gehauen...
2 Therapien (die letzte im Rahmen mit einer 6-wöchigen Kur von Ende Dezember 2011 bis Anfang Februar 2012) und 1 "Citalopram"-Behandlung von gut 6 Monaten später, weiß ich, dass einzig und allein ich selbst wichtig bin. Dass mein Bruder auch nach 30 Jahren lediglich nach Jugendstrafrecht verurteilt würde, ist mir offen gestanden scheißegal. Er wusste von Beginn an, WAS er mir antat und DASS sexueller Missbrauch schlicht und ergreifend eine Straftat IST.
Ja, ich bin unglaublich wütend. Ich will um mich schlagen. Ich will Vergeltung. Ich will schlicht und einfach die nichtsnutzige, beschissene Existenz meines Bruders zerstören. Dieser Mensch hat seit seiner Geburt nichts, aber auch gar nichts Gutes bewirkt. Es tut einfach unglaublich weh, dass meine Mutter dieses widerwärtige fette ... nach wie vor als ihr "Kind" bezeichnet. Sie weiß seit seiner frühesten Kindheit, wozu mein Bruder fähig ist. Nein, ich akzeptiere nicht länger, dass sie ihn ihren "Sohn" nennt. Ein Mensch, der ganz bewusst und zielgerichtet das Leben seiner kleinen Schwester zerstört, ist niemandes Kind.
Ich hatte in meinem ganzen Leben nur 2 ernsthafte Beziehungen. Allerdings war mein Vertrauen in meine jeweiligen Partner so dermaßen gering, dass beide bereits nach jeweils ca. 6 Monaten zerbrachen. Seit 1999 bin ich eher mehr als weniger freiwillig Single. Hat den Vorteil, dass ich niemanden verletze und selbst auch nicht verletzt werden kann. Es gibt durchaus Momente, in denen ich mir wieder einen liebevollen Partner wünsche. Aber gleichzeitig ist meine Angst, einfach nicht beziehungsfähig zu sein, es einfach nicht wert bin, geliebt zu werden, zu groß. Ich schaffe es einfach nicht, auf andere Menschen zuzugehen. Nähe zuzulassen. Zärtliche Berührungen sind für mich etwas völlig fremdes. Auch die sexuelle Ebene existiert für mich schon lange nicht mehr. Ich kann mir einfach nicht mehr vorstellen, jemals wieder mit einem Mann zu schlafen. Auch die Vorstellung, mich auf eine Frau einzulassen, lässt mich kalt.
Gleichzeitig bin ich - mittlerweile 42 Jahre alt - eitel (seit einigen Monaten verändere ich nach und nach meinen Mode- und Frisurenstil), flirte unverbindlich. Aber echte Bindungen will ich einfach nicht eingehen. Einzig mit meiner mittlerweile 8-jährigen Katze "Laura" verbindet mich ein bedingungsloses Vertrauensverhältnis.