Guten Abend liebe Community, bin neu hier.
Ich komme gleich zum Punkt:
In letzter Zeit bereitet mir etwas ziemliches Kopfzerbrechen. Also mir, des wirklichen "Ichs". Und zwar gab es bei mir letztens ein ausschlaggebendes Ereignis - das mich sehr verwirrt hat. Davor kurze Vorinformationen:
Ich bin 16, habe Depressionen, gehe in Therapie, oft Streit mit meinem Vater (er und meine Mutter sind leiblich, außerdem habe ich noch einen 4 Jahre jüngeren Bruder). Als Kind wurde ich früher zwar geschlagen, aber das hat mich scheinbar nie beeinflusst. Ich kann mich eigentlich auch gar nicht mehr an meine Kindheit erinnern, außer an die Momente, die wir auf Videokassette aufgenommen haben und ich im Nachhinein gesehen habe. Auch so habe ich oft Probleme, mich an irgendwelche Sachen zu erinnern, aber es ist nicht so schlimm wie eine Amnesie.
Nun zum Ereignis (an das ich mich jetzt erinnern muss... ;) ) Mein Vater bedrängt mich oft damit, Sport zu machen, um meine Depression zu bekämpfen, da das der einzige wirklich wirksame Weg sei. Er leidet auch an Depressionen und meint deshalb, alles "perfekt" über die menschliche Psyche und mich Bescheid zu wissen. Jedenfalls war ich in der Schule, in meinem Physik LK, wo wir alleine (statt bevorzugt zu zweit) ein Praktikum durchführen sollten. Es war eigentlich ein einfaches Thema, doch da mir ein paar Bauteile fehlten, kam ich in eine Art Trance-Zustand (Derealisation), bekam Angstzustände und entschuldigte mich schließlich, um schnell auf die Toilette zu rennen, zu weinen und in meine Haut zu schneiden (was ich nur sehr selten tue). Meine Freundin kam als ich sie um Hilfe gebeten habe, hat mich getröstet und mir vorgeschlagen, nach Hause zu gehen, da ich es nicht mehr in der Schule aushielt. Also bin ich gegangen.
Zu Hause die große Überraschung: Mein Vater war kurz zu Hause, bevor er wegfahren sollte. Er war sauer und ich erklärte ihm meine Situation. Irgendwie gerieten wir in eine Auseinandersetzung. Ich wurde rausgeschmissen um zu joggen, damit es mir "wieder gut geht".
Und in den 10 Minuten, in denen ich gelaufen bin, ging es mir gut. Etwas neues ist in mir geboren. Bzw. etwas ist erwacht oder deutlich geworden: "Anders", wie ich dieses Ich nenne. Für die nächsten zwei Tage war Anders noch da soweit ich weiß, er hasst mich und wollte mich auslöschen, weil ich schlecht bin und kein Selbstbewusstsein etc. habe. Außerdem schlägt, kratzt und beißt er mich, bis blaue Flecken kommen. Darauf entdeckte ich eine andere Persönlichkeit von mir, Kimi. Sie ist sehr traurig, und sie war es, die in Physik ihren "Auftritt" hatte. Nur sie und Anders verletzen unseren Körper. Aber die deutlicheren Persönlichkeiten, die wirklich eigene Personen sind, sind Fynn und die "gute Anna" (ich heiße Anna..).
Fynn hat eine Essstörung, er macht sich keine Sorgen und hat keine Ängste wie ich. Er ist sehr leer, fast emotionslos, aber er kann auch mal lächeln, doch traurig ist er nie. Er absorbiert alles, was mich verletzen könnte...
Die "gute" Anna ist unser Vorbild. Sie ist fröhlich, passt auf uns auf, kann sehr gut mit Menschen umgehen, ist auch interessiert an ihnen, liebt die Musik (wir unterscheiden uns auch in Interessen und Geschmack), ist offener, hat einen anderen Gang usw. Sie war wahrscheinlich die ursprüngliche Anna, bevor ich in meine Depression verfiel vor ca. zwei Jahren. Außerdem trat noch ein anderes "Ich" auf, das ich mal "Nyu" genannt habe, weil sie sich wie ein Kind benimmt, Geräusche wie ein Kind macht, oft einfach so lächelt, (macht die gute Anna auch) und zb. sehr gerne Süßigkeiten isst.
Wir unterscheiden uns also in jeglichen Dingen (Denkweisen, Glaube, Einstellung) - und doch glaube ich nicht, dass es sich um eine "Multiple Persönlichkeitsstörung" handelt, ja mir kommt es sogar lächerlich vor in diesem Moment.
Nun zu meiner Frage.
Bilde ich mir das alles nur ein? Was ist los mit mir? Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Ich hab angefangen, ein Tagebuch zu führen, aber es kommt mir nicht real vor. Ich hab auch Angst, mit meiner Therapeutin darüber zu reden, weil ich mir wirklich unsicher bin, was die Sache angeht und nicht möchte, dass sie mich für dumm hält.
Vielen Dank im Voraus, DesperateCat
PS: Die ganzen "Derealisations"prozesse haben schon davor stattgefunden. Also, alles fühlt sich nicht echt an, mir ist egal was ich tue, die Konsequenzen sind egal, weil alles nicht real ist usw. Ich vermute auch stark, dass ich in einer Art Identitätskrise stecke. Ich weiß nicht, welches Ich "ich" ist, und kann mich bei verschiedenen Sachen gar nicht entscheiden. Zum Beispiel fragte mich letztens meine Therapeutin: "Magst du lieber die Sonne oder den Regen, bzw. wenn es kälter ist?" Und ich konnte einfach nicht antworten. Ich mochte die Sonne nicht, aber die gute Anna liebt sie und erfreut sich an ihr. Fynn und ich mögen die Kälte nicht, weil wir schnell frieren. Der Meinungen der anderen bin ich noch nicht wirklich bewusst, weil sie nicht so oft auftauchen. Und falls ich es noch nicht erwähnt habe: Ich bin sehr vergesslich. Nicht im Zusammenhang mit meinen "Stimmungen" oder "Persönlichkeiten", und wie gesagt an meine Kindheit kann ich mich gar nicht erinnern, genauso wenig bis zu 14 Jahren schätze ich mal. Ab der Depression habe ich stärkere Erinnerungen an mich selbst und wer ich selbst bin.
Tur mir Leid für den langen Text und danke falls ihr es so weit geschafft habt!!