dania_12916096Hallo Müzelchen. Hier kommt ein laaaaanger Text.
Also ich bin zwanzig und hab vor zwei Jahren mein Abi gemacht. In dem Jahr und dann immer zum
Wintersemester hab ich mich bei der ZVS beworben, da ich an den Unis, die das Studium zum
Sommersemester anbieten nicht studieren wollte. Dieses Jahr ist es also mein dritter Versuch, denn
Du hast richtig geraten, ich wurde letztes Jahr im Auswahlgespräch nicht genommen. Ich möchte
übrigens auch Medizin studieren.
Parallel zur ersten Bewerbung bei der ZVS hatte ich mich aber auch um einen Ausbildungsplatz
beworben, denn die ZVS entscheidet sich ja leider erst so furchtbar spät. Den hab ich dann auch
bekommen und angetreten, frei nach dem Motto; wenns mit dem Studium klappt kündige ich halt in
der Probezeit. Aber dem war nicht so. Ende Mai diesen Jahres hab ich nun jedenfalls meine
Ausbildung, die ich zweimal um ein halbes Jahr verkürzt hatte, abgeschlossen.
Da ich in einer Tagesklinik gelernt habe, konnte ich das bei dem Auswahlgespräch letztes Jahr quasi
als Dauerpraktikum anbringen. Dazu hatte ich während der Schule schon einige Praktika in
verschiedenen Kliniken gemacht und während der Ausbildung einiges an Fort- und Weiterbildungen
besucht. Damit will ich mich jetzt nicht hervortun, sondern das geht schon mal in Richtung
Auswahlgespräch.
Das lief nämlich so ab, daß ich Anfang September letzten Jahres (noch bevor ich den
Ablehnungsbescheid von der ZVS hatte) die Einladung zum Auswahlgespräch an der Uni
Greifswald (meiner Wunschuni Nr. 1) bekam. Der Einladung waren noch zwei biographische
Fragebögen beigefügt, die man zusammen mit einer Mappe zum Gespräch mitbringen mußte. Diese
Mappe sollte folgendes enthalten: einen handschriftlichen Lebenslauf als Text, ein Lichtbild,
Kopien des Abiturzeugnisses und eben Kopien von Praktikumsbescheinigungen, Bewertungen usw.
So weit alles noch kein Problem.
Ich mußte mich dann an einem Montag morgens um acht in der Uni einfinden. Mit mir waren an
dem Tag 31 Bewerber eingeladen worden. Uns wurde gesagt, daß es 31 Plätze für insgesammt 93
Bewerber gibt und wir wurden über den folgenden Ablauf unterrichtet. Der sah so aus, daß wir
zunächst erstmal alle in einen großen Aufenthaltsraum mußten, wo die Anwesenheit festgestellt
wurde und die mitgebrachten Mappen abgegeben werden mußten. Dann zogen wir Lose, auf denen
die Zahlen von 1 bis 3 standen, denn es gab drei Kommisionen, die sich mit den Bewerbern je eine
halbe Stunde unterhielten. Mit dem Los hatte man eben eine der Kommission gezogen.
Anschließend bekamen wir die Uhrzeit gesagt, wann unser Gespräch beginnen würde. Bis zu
unserem Gespräch durften wir den Aufenthaltsraum nicht verlassen. Meines begann um 12.30 Uhr
und war einfach nur schrecklich. Vor mir saßen ein Medizintechniker, ein Dr. der Neurologe und
ein Prof. der Theologie. Anfangs mußte ich mich beschreiben, was ich mir unter dem Studium
vorstelle, warum ich es machen möchte und ob ich mich denn überhaupt für fähig dazu halte. Dann
kamen Fragen dazu, was ich von den Vorfällen am 11. September halte und wie ich mir den
Umgang mit einer solchen Situation vorstelle und sie wollten wissen, was ich über die
Veränderungen im Gesundheitssystem und in der Gesundheitspolitik weiß. Das Problem waren aber
nicht die Fragen an sich sondern die entwürdigende Art, wie sie gestellt wurden. Jede Frage war so
konzipiert, daß sie Dir klar macht, wie klein und dumm Du eigentlich bist.
Ich bin eigentlich ein recht resoluter Mensch und hab nicht so dicht am Wasser gebaut, aber als ich
dort nach etwas über einer halben Stunde heraus kam, hätte ich heulen können, so fertig war ich.
Und das ging fast allen so, die vor mir raus kamen. So mancher hat seinen Gefühlen freien Lauf
gelassen, was natürlich besonders entmutigend ist, wenn Du dort sitzt und erst noch rein mußt.
Herausgelassen haben sie mich übrigens mit den Worten, daß ich ja noch recht jung wäre und mich
vielleicht auch nochmal umorientieren könnte und daß sie meinten, ich hätte das Jahr nach dem Abi
noch intensiver nutzen können. Daß ich das bei acht bis zehn Stunden Arbeit pro Tag wohl schlecht
kann, interessierte sie nicht.
Zwei Wochen nach dem Gespräch bekamen wir die Zu- oder eben Absage per Post.
Fazit: man sollte ziemlich gut gewappnet in ein solches Gespräch gehen und man hat einen großen
Vorteil, wenn man ein Mann ist. Denn alle neun Leute, die dort aussuchten waren es und fast alle
männlichen Bewerber wurden genommen.
Ja, viel kann ich dem jetzt gar nicht mehr hinzufügen, aber der Text ist ja auch schon lang genug.
Das sind natürlich alles nur meine Erfahrungen an einer Uni. Es mag an anderen anders sein, aber so
habe ich es halt erlebt.
Ich hoffe, ich habe Dich jetzt nicht total abgeschreckt.
Wenn Dich irgendwas noch näher interessiert, oder ich Dir sonst irgendwie weiter helfen kann,
meld Dich.
Kannst auch an himmel_u_hoelle@yahoo.de schreiben, denn bei gofeminin bin ich in letzter Zeit
eher selten.
Also...
Viele liebe Grüße und laß Dich von meinem langen Text nicht entmutigen.
Madeleine