tex_12662517Schön gesagt, aber....
Hey musicsavedmylife,
Deine Postings sind wirklich rührend und zeigen dass es auch noch gute, bodenständige und tiefsinnige Männer gibt.
Du hast ja so recht. Eigentlich.
Allerdings bist Du ein Mann und wurdest nie damit konfrontiert, wie es ist, als Frau den täglichen Blicken anderer ausgesetzt zu sein. Und ich kann dir sagen, es scheint weitaus mehr Menschen zu geben, die NICHT so denken wie Du. Leider.
Weißt Du wie das ist, jeden Tag prüfend von Männern (und Frauen!) angeschaut zu werden? Wie es ist, abschätzige Blicke zu bekommen nur weil man mal ein paar Kilos zu viel (oder zu wenig!) auf den Rippen hat? Wie es ist, von wildfremden (!) Personen Kommentare zu bekommen darüber, wie die eigene Figur aussieht? (Flachland! Lange Dürre! oder, andererseits: Fette Sau!) Wie es ist wenn einem täglich vor Augen geführt bekommt wie man eigentlich auszusehen hätte? Weißt Du wie es ist auf offener Straße herabgewürdigt zu werden, nur weil der eigene Körper bestimmten Kriterien nicht standhält?
Vermutlich weißt Du es nicht.
Uns Frauen passiert das sehr, sehr häufig. Umso mehr, je weniger wir "durchschnittlich" aussehen.
Es ist NICHT einfach, darüber zu stehen und sich zu sagen, ach, macht ja nix, ich bin toll wie ich bin.
Vor allem für Frauen, die aus welchen Gründen auch immer noch kein so großes Selbstbewußtsein aufbauen konnten ist das kaum machbar.
Es ist dagegen sehr leicht, die vermeintllich einfache Lösung zu befolgen, nämlich, sich den Standards zu nähern so weit es geht. Die Medien machen es ja vor: Mach dich dem Schönheitsideal bestmöglichst passend und du wirst akzeptiert/ gelobt/ geliebt. Und es ist ja auch leider tatsächlich so!
Denn es ist definitiv nicht so, dass man "die Medien" und "die Alltagswelt" als zwei getrennte Bereiche sehen kann. Beide durchdringen sich und die Alltagswelt wird von den Medien extrem beeinflußt. Auch wenn viele Menschen von sich behaupten, nein, die Medien haben doch keinen Einfluss auf mich, ich lebe doch wie ich es will - Illusion. Z.B. die Art wie wir uns kleiden, unsere Wohnung einrichten, wovor wir Angst haben und was wir als schön empfinden werden nicht nur, aber auch von den Medien geprägt.
Die Rückbesinnung auf traditionelle Ansichten ("frag Oma") ist da eine nette alternative Lösung, kann aber in einer Zeit in der sich Generationen in quasi getrennten Lebenswelten befinden kaum von großer Relevanz sein.
Heutzutage ist der eigene Körper identitätsgebend und der Grad seiner (standardisierten) Schönheit ein Indikator für den persönlichen Erfolg. Das ist so, auch wenn viele es nicht wahrhaben möchten.
Ich zähle ganz gewiss nicht zu den Menschen die unreflektiert durchs Leben gehen, habe einen soziologisch-feministisch geprägten Hintergrund - aber all das hilft einem wenig, wenn der eigene Körper zum Dreh- und Angelpunkt der eigenen Identität geworden ist und man ihn als mangelhaft empfindet.
Ich selbst habe über zehn Jahre (!) mit mir gerungen, ob ich die Brustvergrößerung machen soll, mich also quasi dem Schönheitsideal unterwerfen soll. Es hat so sehr meinen Idealen widersprochen. Aber ich habe es dennoch getan, weil ich schlichtweg sehr unglücklich blieb, trotz aller Aufklärung und gender-theorien und feministischem Zuspruch z.B. einer Judith Butler.
Und ich bin heute, da ich dem Schönheitsideal besser entspreche, tatsächlich glücklicher und ausgeglichener als vorher. Wenngleich mich das irgendwie auch selbst ärgert. Aber es ist so...