Vielen Dank für Eure Antworten.
Es tut echt gut, wenn man auf Leute trifft, die verstehen, was man da jeden Tag durchmachen muss. Ich kann Eurer Einschätzung nur zustimmen, in meinen Augen ist sie wirklich ein ärmlicher Charakter. Also seitens der Kollegen wird dies zwar schon gesehen wie sie mich behandelt, aber niemand sagt natürlich was. Kann ich auch verstehen, weil ja niemand seinen Job gefährden will und dann schon gar nicht für einen Referendar, der nicht mal ein Jahr da sein wird. Diese Macht nutzt meine Chefin eben schamlos aus. Wechseln in der Kanzlei dürfte auch schwierig werden, ich denke, das ginge nur, wenn sie mich freiwillig an einen Kollegen abgeben würde (was sie aber wohl kaum machen wird). Auch an eine Beschwerde bei der Anwaltskammer habe ich schon gedacht, aber letztlich wieder verworfen. Ihr Vater hat einen sehr guten Ruf als Anwalt und das wird dann natürlich auf die Tochter übertragen. Ich denke, dass mir eine Beschwerde am Ende mehr schaden als nutzen würde und es mir bei ihr dann noch mehr an den Kragen ginge. Außerdem würde sie es eiskalt in mein Zeugnis schreiben und das macht dann später bei einer Bewerbung auch nicht den besten Eindruck. Ich lerne aber selbstverständlich auch etwas, sie deckt mich mit Arbeit immer sehr gut ein. Ich sitze oft bis Mitternacht am Laptop und tippe Klageschriften etc. Aber fachlich hat sie meist nicht viel auszusetzen, möglicherweise ärgert sie das auch.
Heute war schon wieder so ein toller Tag. Ich hatte seitens eines Kollegen erfahren, dass am Freitag zur WM in der Kanzlei ein Großbildschirm aufgestellt wird, damit wer Lust hat das Spiel anschauen kann. Allerdings wollte ich eigentlich lieber mit einigen Kumpels zum Public Viewing in der Innenstadt. Ich fragte daher später meine Chefin, ob ich Freitags bereits um 13.00 Feierabend machen könnte, damit ich es noch zum Anstoß schaffen würde. Es sei mir sehr wichtig, weil ich ein großer Fußballfan bin. Sie meinte nur trocken, dass das nicht möglich sei, weil sie mich freitags bereits für die Neuordnung des Kellerarchivs eingeteilt habe und es daher durchaus möglich sei, dass ich auch länger wie bis 15.00 arbeiten müsse. Ich bot ihr an, die Arbeit am Samstag nachzuholen, aber sie lehnte ab. Dann kam mir noch eine Idee. Ich fragte sie, ob ich das Spiel in der Kanzlei anschauen dürfte, wenn ich für sie und ihre Kollegen als Kellner tätig würde und sie während des Spiels mit Erfrischungen versorge. Nach kurzem Überlegen willigte sie ein. Ist zwar alles andere als toll, aber das Spiel ist mir halt wichtiger wie mein Stolz. Man sieht ja schon, was sie für eine Person ist, wenn sie mir nicht mal ein WM-Spiel gönnt.
Heute nachmittag kam dann noch eine Anwaltskollegin von ihr ins Büro und für mich hieß das wieder Demütigung vom Feinsten. Ich musste den beiden Damen auf die Kanzleiterrasse zwei Tassen Kaffee bringen, natürlich muss ich die ganze Zeit stehen und die Tassen auf dem Tablett halten, weil nur zwei Stühle da sind und kein Tisch. Als meine Chefin ihre beiden Zuckerpäckchen in die Tasse entleert hatte, legte sie sie nicht aufs Tablett, sondern steckte sie sie mir in die Reverstasche meines Sakkos. Ihre Kollegin ist anscheinend von der gleichen Sorte, denn sie meinte nur, "ach, das ist ja wirklich praktisch" und stopfte mir ihren Abfall auch in die Reverstasche. Das gleiche taten sie dann mit der Verpackung ihrer Amarettini. Ich weiß wirklich bald nicht mehr, wie ich mich noch verhalten soll, aber das kann es doch nicht sein. Ich hoffe, Ihr habt Verständnis dafür, dass ich diese Peinlichkeiten meinen Freunden nicht erzählen kann, weshalb ich hier im Forum mein Leid klage. Freue mich auf weiteren Zuspruch. Vielen Dank.