Hallo alle zusammen,
ich habe ein Problem, von dem ich euch gern einmal erzählen würde. Es wäre schön, wenn ihr mir Ratschläge geben könntet, bzw. einfach erzählt, was man in so einer Situation tun kann.
Also es ist so, dass ich (m, 22) leider Einzelkind bin. In meiner Familie, bzw. dort, wo ich herkomme, gab es niemals Gefühle, offen gezeigte Emotionen oder Ähnliches. Bis ich vielleicht 14 war umarmte ich meine Mutter regelmäßig, aber geküsst bin ich von der niemals worden. Ich habe auch selbst nie jemanden geküsst, hatte nie Sex oder eine Freundin, geschweige denn je viele Freunde. Das liegt aber daran, dass meine Eltern stets in sozialer Isolation lebten. Besuch war nicht üblich, bzw. ich "kenne das auch einfach nicht", dass man mal Besuch bei sich hat. Meine Eltern standen und stehen morgens auf, frühstücken, fahren zur Arbeit, nehmen mittags die Mittagspause, arbeiten nachmittags weiter, fahren abends nachause, kaufen ein, schauen Fernsehen, und gehen wieder ins Bett. Freunde gab es da nie bzw. wirklich eigentlich nur zwei Leute, die die beiden dreimal im Jahr besuchen. Das sind dann beides Menschen, deren Existenz der meiner Eltern gleicht (keine Kinder, keine Freunde, keine aktive Teilhabe an der Gesellschaft).
Mein Vater ist praktischer Arzt (Internist) und meine Mutter arbeitet bei ihm in der Praxis als Sekretärin/Dame am Empfang. Dumm sind sie also beide wirklich nicht. Nur unfähig zu sozialen Bindungen.
Die beiden sehen sich also immer, den ganzen Tag über. Sie sehen also wirklich, außer den Patienten, die sie mehr oder weniger gut kennen, niemanden in ihrem Leben. Offenbar finden die das halt gut so.
Ich habe vor zwei Jahren Abitur gemacht, mit zwei Komma eins. Die zehnte Klasse hatte ich wiederholt. Danach (nach dem Abi) habe ich drei Semester Wirtschaft studiert, an der FU Berlin, an der ich von Freundschaften jedoch so weit entfernt war wie die Sonne vom Mond. Für mich hat sich dort keiner interessiert. Bzw. es war einfach so, dass die, die dort studierten, in der Lage waren, sofort Freundschaften aufzubauen oder sich generell von früher kannten/aus der Gegend kamen etc. Es war eine schreckliche Zeit für mich, weil ich dort niemanden kannte und niemanden hatte, mit dem ich mich hätte unterhalten können, etwas hätte unternehmen können etc. Es war nur Herumhocken in der Bude. Irgendwann bin ich dann auch gar nicht mehr in die Vorlesungen oder Übungen gegangen. Klausuren hatte ich insgesamt nur drei oder vier mitgeschrieben. Es war generell aussichtslos. Das hätte ich gar nicht erst anfangen brauchen.
Ich komme ursprünglich aus Pritzwalk. Das ist eine Gegend, die praktisch in idealer Weise von jeder Hochschule so weit wie möglich entfernt liegt. Für meinen Studiumsversuch war ein Umzug in eine andere Stadt also unumgänglich.
Naja, und hier in Berlin, das etwa 150 km von Pritzwalk entfernt liegt, wohne ich auch jetzt noch.
Ich habe mich im laufen der letzten 6 Monate für verschiedenste kaufmännische Ausbildungen beworben, da ich ja beruflich auch so langsam mal etwas brauche. Will ja nicht ewig den Erzeugern auf der Tasche liegen. Ich habe insgesamt rund 200 Bewerbungen verschickt, und war bei so vielen Vorstellungsgesprächen, das ich nunmehr genau weiß, was mit mir falsch ist, und dass ich völlig überqualifiziert bin für jegliche Aus(bildungs)-Berufe.
Kein Wunder, dass die mich alle nicht nehmen wollten.
Ich könnte alles studieren und erfolgreich zum Was-weiß-ich-Superakademiker werden. Das Problem ist nur, mir fehlen soziale Kontakte. Und an der Uni lernen sich halt nur solche kennen, die schon viele andere von vorher kennen. Ein völlig vereinsamtes "Superhirn" (übertrieben) nimmt dort niemand mehr auf, weil halt davon ausgegangen wird, dass jeder für sich selbst sorgen kann und keine Probleme damit hat, sich aus jahr(zehnt)elanger Einsamkeit zu re-sozialisieren. Ich bin nunmal dämlicherweise Einzelkind. Hätte ich Geschwister, wäre das alles mit Sicherheit nicht passiert.
Also es ist so, dass ich wie gesagt eine Zusage für einen Ausbildungsplatz bekommen habe, die ich auch (natürlich) angenommen habe. Ich habe den Ausbildungsvertrag unterschrieben und arbeite bereits jetzt in dieser Firma (IT-Branche). Der Beruf an sich macht mir einen riesengroßen Spaß und ich kann mir gut vorstellen, noch viele Jahre in diesem Bereich weiterzuarbeiten.
Das Problem an der ganzen Sache ist nur:
Der Betrieb besteht, mit mir, insgesamt aus fünf Mitarbeitern. Die drei Mit-Azubis sind tranige Luschen. Zwar nett, aber sie beachten mich überhaupt nicht. Warum beachten sie mich nicht?
Weil sie genau wissen, dass ich ein total schlauer Mensch bin, der nur aus dem Grunde dazu gezwungen ist, etwas zu machen, dass unter seiner Würde liegt, weil er keine Freunde hat/keinen Anschluss gefunden hat. Anders ausgedrückt: Ich werde dort hinterrücks belächelt, und egal wie sehr ich die Mit-Azubis unterstütze, um sie zu meinen Freunden zu machen, sie beachten mich einfach nicht und bringen mir keinen Respekt entgegen.
Es ist sowieso so, dass jemand, der meine Vergangenheit erlebt hat, einen solch riesengroßen Respekt verdient, dass die meisten Menschen das einfach nicht verstehen, bzw. wahrhaben wollen. Niemand war so lange einsam wie ich.
Niemand kennt das.
Niemand will so glücklich sein wie ich. Niemand will mehr als ich, dass Einsamkeit und schlechte Stimmung nie wieder passieren. Und deshalb bringt mir auch keiner den nötigen Respekt entgegen, damit ich mich wohlfühlen könnte und ne Menge Spaß mit den drei Leuten haben könnte.
Somit stellt sich mir die Frage: Was soll ich tun?
Ich fahre jeden morgen zur Arbeit, frühstücke vorher, arbeite dann dort, mache die Mittagspause, arbeite nachmittags weiter, fahre abends nachause, kaufe ein, und sitze dann allein herum. Keine Freunde, von Freundin wollen wir ja gar nicht erst reden, keine Küsse, kein Sex, keine Umarmungen, nichts. Wie immer.
Ich habe eine panische Angst, dass sich irgendwann die falsche Frau an mich schmeißt und ich so Ende wie meine Eltern: In Einsamkeit, und ohne das zu merken oder ändern zu wollen.
Was macht man in meiner Situation? Es muss doch Leute geben, die irgendwie ansatzweise dasselbe erlebt haben oder womöglich gerade selbst erleben. Was kann man tun, um Freunde zu finden? Um etwas zu tun zu haben außer der Arbeit?
Würde mich auf Eure Antworten freuen
Daniel