Ja,
ihr habt auf jeden Fall alle Recht. Es ist wirklich keine einfache Situation. Vor allem, da Kritik an den Eltern, auch wenn sie wirklich schlimm waren, immer noch ziemlich tabu ist.
Meine Mutter ist einfach ein psychisch kranker Mensch. Sie handelt immer noch vollkommen unlogisch, ist nicht belastbar und wird unvorhersehbar vollkommen unkontrollierbar und emotional. Ich kann und will ihr auch einfach nicht mehr helfen. Vor etwa einem Jahr habe ich es ja noch einmal versucht, ich bat sie darum, endlich eine Therapie zu machen, bei der ich sie auch unterstützt hätte. Sie sagte zu, ich sah Hoffnung, sie meldete dich dann einfach nicht mehr bei mir. Der letzte Kontakt bestand in einem Telefonat vor ein paar Wochen. Da vermittelte sie mir quasi, dass sie nur Kontakt zu mir haben wolle, wenn ich sie auf keine ihrer Mängel anspreche, ihr bescheinige, eine gute Mutter zu sein. Danach hat sie mir zwei Stunden lang nur von sich, ihren Problemen, ihrer Kindheit erzählt und indirekt über meine Geschwister/ihren Mann hergezogen. Keine Frage, wie es mir geht, sie gab an, mich öfters angerufen zu haben (obwohl das nicht stimmte) und warf mir quasi vor, dass ich nicht mit ihr auskäme. Das war dann wirklich zuviel für mich und ich habe wirklich ernsthaft über einen generellen Kontaktabbruch nachgedacht. Und es ist ja nicht nur sie. Es gibt in unserer "Familie" keine familiären Bindungen. Meine Mutter hasst ihre Mutter und ihre Geschwister. Mein Onkel ist Choleriker, einer meiner Tanten Alkoholikerin, eine andere leidet unter enormer Platzangst und kann werder Auto fahren noch in Aufzügen fahren, hat mehrere Therapien abgebrochen, da sie alle Therapeuten für ungeeignet hält. Ich bin nicht stolz auf meine Verwandtschaft, ich bin zusätzlich die einzige Akademikerin, die einzige mit normaler Beziehung, dieeinzige, die mit 18 nicht ihr erstes Kind bekam und die einzige, die nicht im näheren Umkreis von 25 km lebt. Was meine Brüder anbelangt: ich liebe sie und habe sie immer unterstützt. ein normales Verhältnis wird nie möglich sein, da ich mich immer eher als ihre Mutter begriffen habe. Heute lehnen sie mich ab, da sie sich nicht mit dem Thema Mutter auseinandersetzen wollen. Sie sind auch beide mit 18 ausgezogen, haben im Gegensatz zu mir "nur" mittlere Reife gemacht und sich für eine Ausbildung entschieden. das ist natürlich O.K., nur hätten sie auch mehr erreichen können. Einer meiner Brüder hat eine Zeit lang Drogen vertickt (was meine Mutter natürlich nicht glaubt), selbst Drogen und Alkohol konsumiert, um mit ihr als Mutter fertig zu werden. Er wies mich bei unserem letzten Telefonat auch darauf hin, dass sich ja alles geändert habe und es ja gut sei, wenn meine Mutter ein schlechtes Gewissen habe, da man dann mehr von ihr bekommen würde. So kalt kann und will ich einfach nicht sein, nicht für ein paar Kröten. Beide leiden zusätzlich an Bindungsangst. Der besagte Bruder hat in seinen "wilden Jahren" mehrfach beinahe ihm kaum bekannte Mädchen geschwängert, heute will er mit seiner festen Freundin auch nach Jahren nicht zusammenziehen. Ich kann ihr Verhalten nachvollziehen, ich kann keinen radikalen Bruch, wie ich ihn vollzogen habe, von ihnen erwarten. Fakt ist, dass ich glücklich mit mir, meiner Art und Weise und meinem Leben bin, ich bin nicht bereit, ihre Verdrängungstaktik mitzutragen, da ich nichts davon halte. Man kann Dinge nicht totschweigen, sowas geht nie gut. Für den Augenblick mag das funktionieren, aber ob nun morgen oder in 20 Jahren, es wirdin dieser "Familie" immer wieder zum Eklat kommen. Ausserdem möchte ich nicht, dass meine Kinder irgendwann mal mitkriegen, aus welchen Verhältnissen ich stamme. Ich möchte sie nicht der Unberechenbarkeit meiner Mutter aussetzen, darin sind mein Verlobter und ich uns einig. Um meine Mutter herum befinden sich nur Kälte, Selbstmitleid und Hass. Sie hat mir schon als Kind Angst eingejagt, mittlerweile ist sie noch runtergekommener.
Ich denke einfach, dass dieser Kreislauf nicht ewig weiterlaufen darf. Jeder hasst jeden, jeder hat Ausflüchte für sein Versagen, immer geht man den Weg des geringsten Widerstandes. Ich weiss nicht, ob ich einmal eine bessere Mutter werden werde. ich weiss nur, dass ich keinen Kontakt mehr zu meinen Verwandten haben möchte. Und das aus guten Gründen.
Puh, tut mir Leid, dass ich wieder so viel geschrieben habe. Ich rede oft mit meinem Verlobten über diese Dinge, der mir auch sehr viel Rückhalt gibt bei dieser Entscheidung. Aber es war auch schön, eure Meinung zu hören. Ich freue mich wirklich über eure Tipps und hoffe, dass wir uns alle nicht von unseren grauenvollen Müttern einschüchtern lassen. Ja, sie hatten lange Einfluss auf uns, mit zunehmenden Alter sieht man sie aber auch immer objektiver, aus einer immer größer werdenden Entfernung. Ich habe mir Jahre lang Vorwürfe gemacht, dachte, dass ich sie retten könne, dass wurde mir quasi von klein auf an eingeimpft. Es ist schwierig, aus dieser Rolle rauszukommen. Aber es ist auch befreiend zu sehen, was alles schönes auf einen wartet, wenn man es tut. Ich bin ohne sie besser dran, ich kann und will ihr nicht helfen, meinen Brüdern mittlerweile auch nicht mehr.
Ich sende euch ganz liebe Grüsse, bedanke mich bei euch und wünsche euch alles Gute!!!
P.S.: Sind wir doch mal ehrlich, so tolle Töchter wie uns haben die garnicht verdient!!!:)