Mal was ganz anderes......
Pöter
Reinhard Mey
Immer wieder streif ich mit verklärtem Blick durch Wald und Flur,
und ich kann mich gar nicht sattsehn an der Vielfalt der Natur,
und ich werd nicht müd, den Reichtum und die Launen
und den Aberwitz der Schöpfung zu bestaunen.
Kugelfisch, Rohrdommel, Steinlaus, Milbe, Maibock, doch indes
die schönste, bunte Vielfalt hat das menschliche Gesäß.
Es gibt dicke Pöter und todschicke Pöter,
es gibt selbstbewusste Ich-fang-alle-Blicke-Pöter,
Pöter, damit kannst du Geldschränke aufbrechen
Und die allen DIN-Vorschriften widersprechen.
Es gibt bleiche Pöter und steinreiche Pöter,
es gibt Ich-verbitte-mir-alle-Vergleiche-Pöter.
Manche Pöter dienen dem Gesetz der Schwerkraft als Beweis,
andere kriegen den Deutschen Landwirtschaftspreis.
Es gibt ehrliche Pöter, brandgefährliche Pöter,
es gibt völlig unerklärlich unentbehrliche Pöter,
Pöter, die die ganze Last des Erdballs tragen,
und Pöter, die beim Abschied leise „Servus“ sagen.
Es gibt ebene Pöter, gottgegebene Pöter,
es gibt Immer-voll-im-Trend und voll danebene Pöter.
Manchen hat die Vorsehung zum Staatsoberhaupt auserkor'n,
andere sehn immer nur aus wie’n Arsch mit Ohrn.
Es gibt wunderliche Käuze und die sammeln voller Fleiß
Zuckerwürfel, Kronenkorken, Bierdeckel und all so’n Scheiß,
und den ordnen sie in langen dunklen Wintern
in ihre Alben ein und ich, ich sammle Hintern,
aber streng nach Katalog, und wenn der Frost vorm Hause klirrt,
sortiere ich meine Südpole, dass mir’s warm ums Herze wird, ja wird.
Es gibt zackige Pöter und stiernackige Pöter,
es gibt splitterfasernackige, pausbackige Pöter,
es gibt stirnrunzelnde, es gibt sorgenvolle,
und welche, die gehen durch jede Gesichtskontrolle.
Es gibt faltige Pöter, ganz gewaltige Pöter,
vielgestaltig mannigfaltig doppelspaltige Pöter;
und manch gutmütigen Pöter, der still in der Hose hängt,
bis er die oben offene Richterskala sprengt.
Es gibt klägliche Pöter, es gibt ekliche Pöter,
es gibt unerträglich unsäglich alltägliche Pöter,
es gibt Pöter, die sehn aus als ob sie schielen,
und Pöter, die schon leicht ins kanzlerhafte spielen.
Es gibt friedliche Pöter, es gibt niedliche Pöter,
es gibt ziemlich unterschiedlich appetitliche Pöter,
es gibt Pöter, die tun, jawoll! nur immer ihre Pflicht,
es gibt Pöter, die gibt es einfach nicht.
Gern verschenk ich meine Freundschaft, gern verschenk ich mein Vertraun,
einst glaubt ich, du musst den Menschen nur tief in die Augen schaun,
und du kannst dich ihrer Treue sicher wähnen,
doch ich sah nur falsches Lächeln, falsche Tränen.
Heute schau ich auf die Pöter, ich schau nicht mehr ins Gesicht,
denn eins hab ich begriffen: Pöter lügen nicht!
Es gibt ruppige Pöter, es gibt struppige Pöter,
aalglatte, Drei-Tage-Bart oder schuppige Pöter,
Zeitgeistpöter und Pöter vom alten Schlage,
Pöter oder nicht Pöter, das ist die Frage!
Es gibt verkrumpelte Pöter und verschrumpelte Pöter,
völlig ahnungslose, total überrumpelte Pöter,
unschuldige Pöter, gnadenlos in Hüfthalter gepresst,
mehr als sich unsere Schulweisheit träumen lässt.
Es gibt ranke Pöter und Nein-danke-Pöter,
es gibt blanke, schnell-versteck-dich-hier-im-Schranke-Pöter,
Pöter, die zwängen sich nachts in eine Fessel
und bei Tage in einen Ministersessel.
Es gibt stille Pöter, es gibt schrille Pöter,
es gibt Glitzer-und-Pailletten-in-der-Rille-Pöter,
es gibt Pöter, die blähn sich auf und werden schließlich ganz enorm
und sind dann wie geschaffen für die Uniform.
Es gibt coole Pöter, es gibt schwule Pöter,
es gibt die Kuckuck-ich-gehe-noch-zur-Schule-Pöter,
manche haben kecke Grübchen in den Backen,
wieder andere können Kokosnüsse knacken.
Es gibt prollende Pöter, es gibt schmollende Pöter,
mit einem jovialen Arschzwinkern wohlwollende Pöter,
es gibt Pöter, die sehn aus wie eine Schiffsschlacht vor Cap Horn,
und das nächste Mal sing ich euch was,
das nächste Mal sing ich euch was,
das nächste Mal sing ich euch was von vorn.