Ich bin 60 Jahre und bekenne mich öffentlich. Eine Reportage über meine Kindheit wird Anfang 2015 gedruckt in einer Zeitung vom Axel-Springer-Verlag.
Ich möchte über meine Kindheit sprechen. Aufklären, was ich und mein Bruder erlebt haben. Unser Vater, er lebt noch, war bei der Waffen-SS-Totenkopf. Das habe ich dieses Jahr erfahren. Er ist ein eiskalter, brutaler Mensch, der nie im Leben hätte Kinder in die Welt setzen dürfen. Wir hatten nichts zu lachen. Wir bekamen Schläge, bis er nicht mehr konnte. Wir wurden verachtet. Dieser Sadist nahm sich an Frauen, was er bekommen konnte. Oder er vergewaltigte z.B. Familienangehörige. Jetzt ist er alt. Seit ich im Mai in Frontal 21 die Sendung von Auschwitz mitbekam, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich möchte den Menschen mitteilen, dass es zwar Millionen Holocaust-Opfer gab. Es gibt noch Üb erlebende dieser KZs. Es gibt aber auch Opfer, zu denen die Kinder dieser SS-Bestien gehörten bzw. gehören. ich habe meine Erfahrung mit diesem Menschen Gott sei Dank nicht an meine Kinder weitergegeben. Ich könnte niemals die Hand gegen ein Kind heben. Jetzt liegt mein Vater alleine da. Er hat seit diesem Jahr keine Gewalt mehr über mich. Ich habe mich von ihm befreit. Sein Deal um sein Erbe interessiert meinen Bruder und mich auch nicht. Er soll sein verdammtes Geld mit ins Grab nehmen. ich habe nur einen Wunsch, dass er Worte findet, uns Kindern zu erklären, warum er so gehandelt hat. Ich empfinde keinen Hass. Doch ich kann ihn auch nicht lieben. Ich wäre glücklich, wenn es Personen gibt, die sich offenbaren, was sie erlebt haben. Es ist befreiend, wenn man alles rauslässt, was einem bis jetzt belastet hat. Ich stand nachweisbar 2006 vor dem Suizid und bin seit längerer Zeit in voller Erwerbsminderung. Was eine Familie, in der Kinder beschützt groß werden sollen, anrichten kann, haben wir, mein Bruder und ich erlebt. Es kann nicht gestrichen werden. Es war. Doch ich möchte, dass jeder erfährt, dass es solche Zustände wie vor 70 Jahren nicht mehr geben darf. Kriege gibt es in aller Welt. Jeder setzt sich für sein Land ein. Ich tue es für mein Vaterland. LG gudrun