Hoffnung
Nein, du hast natürlich nicht Unrecht!
Es ist nur so, dass der Begriff "religiöses Gefühl" gerne verwendet wird, ohne, dass ich jemals eine Definition dazu gehört hätte. Ich persönlich nehme an, dass religiöse Gefühle ein Sammelbegriff ist, dessen verschiedene Ausprägungen anderen Menschen gar nicht unbedingt verschlossen bleiben muss. Ich denke, dieses "religiöse" daran bezieht sich auf das, worauf man seine Gefühle projiziert, aber wer weiß, vielleicht gibt es tatsächlich etwas, was ich mir selbst vorenthalte.
Aber auch dann glaube ich noch nicht, dass dieses Gefühl mehr wert ist, als spezielle Gefühle die ich für mich entdeckt habe. Ich hab auch meine "Obsessionen". Sehr wichtig ist mir zum Beispiel das erschließen der Welt durch Logik und Wissenschaft und eben die Dinge, die wir dadurch entdecken. Ich finde es z.B. wahnsinnig aufregend, befriedigend, respekteinflößend und wunderschön zugleich, wenn ich etwas über die Funktionsweise des Gehirns lerne und gleichzeitig mein eigenes Bewusstsein life miterleben kann. Dann bin ich auch wahnsinnig dankbar (ohne "jemandem" dankbar sein zu müssen), dass ich so ein funktionierendes Teil in meinem Schädel habe, das mir nicht nur das Leben und Handeln an sich ermöglicht, sondern auch Sinneserfahrungen wie eine sanfte Berührung, Tau auf einer Rose, in dem sich die Sonnenstrahlen fangen, Musik.... usw :)
Und diese Begeisterung gegenüber der Natur und dem eigenen Körper gegenüber kennen nun längst nicht alle Menschen!
Was mir Hoffnung gibt, wenn es mal schlecht läuft? Hm, ganz wichtig: Daran zu glauben, dass es besser werden kann! Und dass ich auch einen gewissen Einfluss darauf habe.
Wenn du Katastrophen meinst, wie z.B. wenn ein geliebter Mensch stirbt... ich fürchte, das ist immer schwer. Manche kommen besser damit zurecht, wenn sie meinen, der Tod hätte einen Sinn gehabt, ich hingegen finde diesen Gedanken grausig! Ich habe etwas verloren, aber ich soll mich über einen vermeindlichen Sinn freuen? Never! Und mir wäre es auch kein Trost, den geliebten Menschen im Jenseits zu vermuten. Mein Trost wären in dem speziellen Fall die Erinnerungen an die Person, bis ich für die gemeinsame Zeit endlich wieder dankbar sein kann.
Ich habe mich auch schon gefragt, warum Menschen gläubig sind. Meine Antwort darauf ist aber nicht: Weil es Gott gibt, sondern: Weil Menschen personifizieren, weil Menschen nicht dabei waren, als die Erde entstanden ist und deswegen intuitiv nicht begreifen können, dass es ohne einen Schöpfer geht, weil sie sich hilflos fühlen, wenn sie nichts machen können um etwas unvermeidliches abzuwenden (dann doch zumindest beten, dann tut man wenigstens irgendetwas), weil ein gemeinsamer Glaube die Gemeinschaft stärkt und die Gemeinschaft überlebenswichtig ist, weil man Erklärungslücken hat, weil Glaube bestens zu Riten und Traditionen passt und diese so elementar für Menschen und Gesellschaften sind und weil man im inneren Monolog gerne zu jemandem spricht.
Kurz gesagt: Weil sich der Mensch etwas geschaffen hat, das bestens zu seiner Psyche passt. Natürlich sind das keine Beweise. Ich finde es so nur am einleuchtendsten.
Ich hoffe, du kannst meine Sichtweise verstehen. Du musst sie ja nicht übernehmen ;)
Weiterhin viel Freude an deinem Leben wünscht
Ele