Jetzt wohin?
Jetzt wohin,
Gern würd ich nach England gehn,
Wären dort nicht Kohlendämpfe
Und Engländer - schon ihr Duft,
Gibt Erbrechen mir und Krämpfe.
Manchmal kommt mir in den Sinn,
Nach Amerika zu segeln,
Nach dem großen Freiheitstall,
Der bewohnt von Gleichheitsflegeln -
Doch es ängstet mich ein Land,
Wo die Menschen Tabak käuen,
Wo sie ohne König Kegeln,
Wo sie ohne Spucknapf speien.
Russland, dieses schöne Reich,
Würde mir vielleicht behagen,
Doch im Winter könnte ich
Dort die die Knute nicht ertragen.
Das muntre Frankreich scheint mir trabe,
Das leichte Volk wird mir zur Last.
Oh,Deutschland, meine ferne Liebe,
Gedenk ich Deiner, wein ich fast!
Nur der Verstand, so kalt und trocken,
Herrscht in dem witzigen Paris -
Oh, Narrheitglöcklein, Glaubensglocken,
Wie klingelt ihr daheim so süß!
Höfliche Männer! Doch verdrossen
Geb ich den artgen Gruß zurück. -
Die Grobheit, die ich einst genossen
Im Vaterland, das war mein Glück!
Lächelnde Weiber! Plappern immer,
Wie Mühlenräder stets bewegt!
Da lob ich Deutschlands Frauenzimmer,
Das schweigend sich zu Bette legt.
Und alles dreht sich hier im Kreise,
Mit Ungestüm, wien toller Traum!
Bei uns bleibt alles hübsch im Gleise,
Wie angenagelt, rührt sich kaum.
Dem Dichter war so wohl daheime,
In Schildas teurem Eichenhain!
Dort wob ich meine zarten Reime
Aus Veilchenduft und Mondenschein.
Heinrich Heine (entstanden 1839 im französischen Exil)