Hallo linea,
oft haben Menschen vor ihrem Coming Out schon negative Erfahrungen gesammelt: Selbstzweifel, Witze oder Abscheu gegenüber Schwulen, Lesben, etc. Man versucht sich zu schützen, baut hier und dort eine Mauer um sich herum, damit andere Einflüsse, die gerade gewonnene Erkenntniss nicht in Frage stellen können. Eine Arte Blase sozusagen, ein Tunnelblick. Vielleicht versucht man, das gerade erst gewonnene zarte Coming Out Bewusstsein zu schützen.
Ob es jetzt bei mir so war, weiss ich nicht. Ich kenne aber einige andere, die im Coming Out stecken und extreme Selbstzweifel haben.
Ich denke, wenn sich jemand so verändert, kann das für andere ein Schlag ins Gesicht sein, eine Infragestellung der eigenen Identität. Ich kenne eine lesbische Frau, die vor kurzem Ihr Coming Out als Transmann hatte (war sich dessen aber schon seit Jahrzehnten bewusst, konnte aber aus kleinstädtischen Zwängen nicht heraus) und nun bei einigen in der lesbischen Gruppe mit Argwohn betrachtet wird. Das finde ich erschreckend.
Diskriminierungen gegenüber queeren Menschen hat es immer gegeben, zurzeit auch von einigen Gruppierungen verstärkt. Ich glaube, dass dann Queers (ich hasse diese Begriff, aber mir fällt kein anderer ein) sich in ihren hart erkämpften Werten angegriffen fühlen und deswegen intensiver auf solche Veränderungen reagieren.
Viele Grüße,
zorack67
P.S.: Ich erinnere mich daran, wie ich über den Film "Coming In" gelästert hatte, weil ich in ihm auch eine Gefahr -nach dem Motto - "oh es ist ja doch möglich, dass man wieder heterosexuell werden kann" gesehen habe. Ich hatte damals meine -größtenteils homosexuelle Orientierung als nicht veränderbar angesehen. Es gibt ja leider auch die Gruppen, die da denken, Homosexualität müsse und könne "therapiert" werden. Das halte ich, nach wie vor, für Blödsinn. Aber dass die sexuelle Orientierung sich durchaus wandeln kann, habe ich ja nun erfahren.
Tja, und nun ist mir das nahezu Gleiche passiert. Das hat mich dazu gebracht, nichts mehr als gegeben hinzunehmen. Und generell nicht mehr in Kategorien wie "schwul", "Bi", "Hetero" etc, zu denken.