In manchen anderen Threads gibt es die verunsicherte Frage von Männern, welche Teile aus der Damengarderobe sie anziehen dürften, und welche nicht. In aller Regel fragen sie nach dem Geschmack der Leser, fühlen sich dann aber auch gerne beleidigt, wenn sie Ablehnung erfahren.
Daß sie in Richtung der Damengarderobe schielen, ist immerhin damit zu erklären, daß auch die Männer von heute bemerken, daß die Männermode sich in den letzten 100 Jahren nicht nennenswert geändert hat. Interessanterweise ändert sich die Frauenmode oft schon innerhalb eines Jahres. Nun, woran mag das liegen?
Ein mir wichtiges Anliegen, warum ich überhaupt diesen Text schreibe, ist: Zu erreichen, daß sich der Leser (trotz verwendetem männlichen Ausdruck sind selbstverständlich auch die weiblichen Leser gemeint. Das politisch korrekte phallische Binnen i hält nur beim lesen auf) einige Fragen zu seiner eigenen Einstellung stellt und ggf (d.h. wenn nötig) kleine Änderungen vornimmt. Zumindest seine Meinung daraufhin überprüft, ob es wirklich die eigene Meinung ist, oder eine aufdiktierte.
Beispiel hohe Absätze: Feine Absätze sehen nicht nur im Stand gut aus, sofern sie eine Fortsetzung der von den Beinen vorgegebenen Linienführung sind, sondern erzeugen gewisse Haltungs- und Bewegungsformen. Wenn die Schuhe nicht die Fortsetzung der übrigen Figur sind, sehen sie abstoßend aus. Das läßt sich für alle Schuhe an allen Trägern sagen. Ebenso ist es aufsehenerregend, wenn ein Mensch mit Absätzen über 1,80 kommt. Er kann sich der vollen Aufmerksamkeit aller anwesenden sicher sein. Und wenn dann der Schuh nicht zur Gestalt paßt, braucht er ein solides Ego. Aber warum ist es wichtig, daß feine Absätze wirklich nur für Frauen sein sollen?
Beispiel Hosen: Hier verschwimmt der Unterschied geradezu ins Unkenntliche. Natürlich braucht ein Mann ein solides Ego, wenn auf seinem Hintern mit Straßsteinen "Sexy" steht. Wenn es sich jedoch um eine schlichte Hose ohne auffällige Zierelemente handelt, wer will da den Unterschied erkennen, wenn die Hose paßt?
Beispiel Hemden/Blusen: Auch hier ist das Erkennungsmerkmal weniger die Schnittführung, denn mehr die Verteilung von Zierelementen. Was bei T-Shirts/Tops sogar schon soweit gediehen ist, daß es "Unisex" Schnitte und Größen gibt. Wer kann sagen, daß er den Unterschied bemerkt, wenn es sich um schlichte Teile handelt?
Beispiel Röcke: Der Torso eines Mannes ist "normalerweise" wie ein "V" geformt. Der einer Frau meist wie eine Sanduhr mit einer "dickeren Blase" unten. Wenn ein Mann z.B. einen langen "A" förmigen Rock anhat, kommt es zu einer Ergänzung des V zu einem X, was durchaus seine männlichkeit betonen kann.
Beispiel Unterwäsche: Was die Vielfalt an Schnitten, Farben und Materialien angeht, sind die Damen da eindeutig im Vorteil. Auch hier gibt es (auch in der Männerabteilung) Modelle, die ohne weiteres von Vertretern beiderlei Geschlechts tragbar sind. Wobei natürlich die Frage berechtigt ist, warum manche Männer BH tragen wollen, wo es doch nichts zu halten gibt.
Überhaupt stellt sich mir die Frage, warum es so viel wichtiger ist, daß die richtige sexuelle zuordnung draufsteht, und nicht die Sachen zum Träger passen. Warum ist es dazu gekommen, daß ein Bekleidungskaufhaus nach Designer und nicht nach Kategorie sortiert ist?
Ich hoffe auf eine Diskussion.