Hallo!
Ich weiß nicht, was mich dazu bringt, jetzt das hier zu posten, vielleicht lösch ich es auch wieder. Im moment jedenfalls möchte ich das alles loswerden, als ventil sozusagen.
Also, die vorgeschichte im zeitraffer:
Ich (40) wurde vor 3 jahren essgestört, begann eine psychotherapie und kam wenige monate drauf, dass der grund sexueller missbrauch meines vaters war. Anfangs hab ich es nicht wahrhaben wollen, weil ich meinen vater - der inzwischen schon verstorben war - sehr geliebt hatte. Auch hatte ich nahezu alles verdrängt, kenne meine schulzeit nur durch einen nebel hindurch und weiß inzwischen, dass es meiner schwester ebenso ergangen ist.
In diesen 3 jahren therapie (ich gehe immer noch) hatte ich die verschiedensten hochs und tiefs. Ich nahm medikamente gegen depressionen, hatte aber auch einige einige erfolge erzielt. In manchen situationen - zum beispiel bei beziehungen - gelingt es mir nur sehr schwer, alte verhaltensmuster aufzulösen.
Die letzten monate ging es mir jedoch wirklich gut. War sehr selbstbewußt, habe erfolge erzielt und war richtig stabil. Ich habe die therapiestunden minimiert und sah mich schon als "geheilt".
Und plötzlich ist "er" wieder da. Begleitet mich ständig, so als würde er noch leben. Es kommen einige wenige mir bekannte situationen auf, ich fühle mich so sehr als opfer, so als wäre mir gerade alles jetzt passiert. Ich habe aggressionen gegen meine mutter, die ich auch sehr liebe, aber instinktiv frage ich mich, was sie wohl gewußt und toleriert hatte. Habe umgekehrt wieder ein schlechtes gewissen über diese gedanken....
Ich weiß, das sind verhaltensmuster, wie sie bei sehr vielen mißbrauchsopfern sind. Aber das hilft mir zur zeit nicht.
Was mir etwas angst macht:
Ich resigniere. Ich kann nicht mehr und ich mag nicht mehr an mir arbeiten. Die schlechten phasen werden immer wieder kommen. Es ist einfach mächtiger und "er" läßt mich nicht in ruhe. Ich kann mich nicht dagegen wehren und möchte mich einfach treiben lassen.
Aber ich ertappe mich auch, wie mir - ich weiß nicht, wie ich es sagen soll - "komische" gedanken durch den kopf gehen: z.b. wer auf mein begräbnis gehen würde. Wie meine umwelt reagieren würde, wenn ich plötzlich nicht mehr hier wäre. Ob sie sagen würden: "mein gott, man hat ihr nie etwas angemerkt".. oder: "....ich hab immer schon gesagt, dass sie komisch ist!". Wie vielleicht im büro einige schockiert wären, aber sich der alltag relativ bald einstellen würde. Überlege, wie ich einen abschiedsbrief formulieren würde und muß weinen, wenn ich daran denke, wie doch einige menschen unter meinem tod leiden würden, so wie ich auch jetzt weinen muß.
Und solche gedanken machen mir angst. Surfe in suizidseiten herum, um anhaltspunkte zu suchen, ob ich gefährdet bin.
Es ist nicht so, dass es mir so schlecht geht wie früher manchmal. Wo ich wußte, da muß ich durch, dann gehts wieder. Ich will da jetzt auch nicht wo durch, weil ich weiß, dass es wieder kommt. Es ist irgendwie anders. So als würde ich aufgeben und ihm sagen: "da hast du mich, ich kann dir nicht entkommen".
Mein vater hatte gestern geburtstag. Gestern ging ich nicht auf sein grab, weil ich es nicht schaffte. Heute ging ich zuliebe meiner mutter, die von seiner abartigkeit und meinem leiden nichts weiß. Die letzten monate hätte ich ihm aufs grab spucken können, so gehaßt habe ich ihn. Heute hab ich mir vorgenommen, hinzugehen, die kerze proforma hinzustellen und gleich zu gehen. Und als ich hinkam, sah ich die liebevoll arrangierten rosen, die kerzen und die ganze trauer meiner geschwister und meiner mutter, die da zum ausdruck gekommen ist. Von meinen geschwistern, denen es ebenso ergangen ist wie mir und damit leben können.
Bloß ich kann es nicht. Mir kamen die tränen, als ich das gesehen habe und ich hörte ihn förmlich sagen: "siehst du, alle verzeihen mir, alle trauern um mich, bloß du nicht..."
Und komm mir dabei furchtbar schlecht vor.... Weil ich ihn trotz allem, was er mir angetan hat, auch sehr geliebt habe.
Ich weiß im moment echt nicht, wie es weitergehen soll. Zwar habe ich morgen therapie, aber obwohl diese frau mein allergrößtes vertrauen genießt, habe ich angst, von diesen komischen suizidgedanken zu sprechen. Ich weiß nicht, ob ich mich ernst nehmen soll. Ich will mich nicht umbringen, hab es auch nicht vor, aber ich bin irgendwie so schrecklich müde.......
danke fürs zuhören...
tina