Märthyrertum, was ist das eigentlich ?
Zu sterben als Märthyrer, seit Jahrtausenden ist das eine Handlungmöglichkeit für besonders
in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeiten. Insbesondere im kultischen Bereich wurde das
regelmäßig gepflegt: Menschenopfer zur Erhaltung der Freundschaft der Götter, als besonderer Beweis der "Treue" erbracht oder als ritueller Selbstmord bei Niederlagen.
Gemeinsam dabei ist der Charakter einer "Versicherung einer Einstellung", auch wenn die Person
danach nicht mehr für weitere Dienste zur Verfügung stehen kann, soweit man das sicher sagen kann.
Eine solche unbedingte Handlung wird üblicherweise mit vielen verschiedenen sozialen Anerkennungen verbunden, kann aber nicht ganz aus dem Verdacht befreien, daß es sich hier um eine Art
"Nichtkonfrontation" mit Mißerfolgssituationen handelt, vielleicht Verzweiflung , manchmal auch den Feind zu "verfluchen" mit der Schuld an der eigenen Demission.
In der Regel erwarb der Märthyrer vor seiner finalen Tat besondere soziale Anerkennung von bestimmten Gruppen, aber nicht ohne Feindbilder zu schüren. Diese zu unterhalten dient dann auch seine letzte Tat.
Der Märthyrertot dient der Unterhaltung eines Feindbildes zur eigenen sozialen Aufwertung in einer Interessensgruppe und dem Ende eines Strafverfahrens.
Das klingt mehr nach rücksichtsloser Machtarbeit als nach selbstlosem Dienst an einer vorteilhaften Idee.
Gilt das aber auch in religiösem Zusammenhang ?
Gegenfrage: Warum sollte es dort nicht gelten ?
Im Gegenteil, religiöse "Überhöhung" verhindert gedankliche Selbstbestimmung in einer Gruppe -emotional-. Ein religiöser Kontext verschärft die Gefahr einem gruppenpsychologischem Märthyrermechanismus zu folgen.
Ich behaupte mal, das einzig legitime Märthyreropfer ist ein Jurastudium. Weil diese Tat nämlich wirklich
ein schwieriger Dienst an der Rechtsperson Mensch ist und eine besondere Anstrengung, selbst kein Feinbild braucht, aber eine ernüchternde Einschätzung der sich empirisch entwickelnden menschlichen Regelwelt und der verständlichen Schwierigkeiten damit erlaubt.
Märthyrermechanismen findet man auch bei Staatsführern, oft verbunden mit einer Anweisung
"Verbrannte Erde". Der Staatslenker nimmt seinen Staat mit in den Tod, weil sein eigener Lebenserfolg mit dem Staat identifiziert war.
Das ist eine Zwangsvorstellung und sozusagen ein negatives Pay back, also: Ein Racheimpuls. Wenn ihr mir nicht mehr treu seid....
Bei Staatführern gilt also:
Der Märthyrertot des Staatsführers dient der Unterhaltung eines Feindbildes zur eigenen sozialen Aufwertung in einer Interessensgruppe , auch wenn diese dadurch belastet, gefährdet oder gleichzeitig kollektiv bestraft wird und dem Ende eines Strafverfahrens.
Ob Staatsführer oder nicht, der Märthyrermechanismus kann ethisch nicht überzeugen.
In ihm überwiegen verdeckt die selbstbezogenen Handlungsimpulse und die soziale Rücksichtslosigkeit.
Dabei wirken sich erworbene Verdienste verschärfend aus.
Mit besten Wünschen,
Hochachtungsvoll,
Dirk Schwann