Hallihallo,
ich möchte mal mein Problem schildern und würde mich freuen, vielleicht den ein oder anderen Tipp von euch zu bekommen, egal in welche Richtung.
Kurz zur Situation, ich bin 32 Jahre alt, weiblich, Single (tut wenig zur Sache), Juristin im öffentlichen Dienst, ich arbeite in einer Verwaltung mit circa 20 Leuten.
Eigentlich bin ich eher zufällig zu dem Job gekommen, da unsere Kanzlei sich aufgelöst hat und ich es leid war, ständig wieder in befristete Verträge zu gehen, habe ich mich dort beworben vor wenigen Jahren und bin eben unbefristet angestellt, faktisch ein Beamtenverhältnis, bei uns wird keiner gegangen.
Der Job ist nach ein bis zwei Jahren Einarbeitung pure Routine und das geht jedem so. Wir sind eigentlich alle überqualifiziert für das, was wir machen und bräuchten auch kein Jurastudium. Mit Ausnahme einiger "Altverträge", die vom Beamtentum her irgendwie mitgeschleift wurden und fast schon überfordert sind mit den paar Verträgen, die wir prüfen und aufsetzen. Das meiste ist eben Routine.
So hat es sich eingebürgert, insbesondere schon von der vor mir eingestellten "Generation", dass sich ordentliche Lästerrunden gefunden haben. Wie halt typisch in Behörden (hab ich auch erst von denjenigen erfahren, die bei uns eine Ausbildung absolviert haben und nichts anderes als den öffentlichen Dienst kennen), wird erstmal morgens ab sechs Uhr (wir haben extreme Gleitmöglichkeiten von 6 bis 20 Uhr) mit dem Kaffee in der Hand im Großraumbüro, in dem ich eben auch sitze, ordentlich gelästert, natürlich über alle anderen im Haus und...insbesondere auch über Kollegen, die halt auch in der Abteilung arbeiten.
Das hielt sich immer in Grenzen und ganz schlimm wurde es erst vor knapp 1 Jahr.
Ich muss sagen, so ganz unschuldig und unbeteiligt bin ich natürlich auch nicht. Elementar war sicherlich mein Fehler, dass ich mich zeitweise wirklich extrem gelangweilt hab und man schwätzt eben mit den Kollegen. Die meisten haben wenig zu erzählen, haben keinerlei Hobbys, keine Interessen oder die sind eben nicht gleich. Und das einfachste der Welt ist, herziehen über andere Kollegen. Das hatte bisher bei uns auch nie ernsthafte Konsequenzen, weil halt jeder mitmacht, bis auf zwei, drei Teilzeitkräfte, die kurz vor der Rente stehen und mit uns Jungspunten eh nichts mehr am Hut haben.
Vor diesem knapp einem Jahr, zu dessen Zeitpunkt es in meinen Augen enorm wurde, haben wir einen neuen Kollegen bekommen, einen 1,60 m Typen mit geschätzten 100 Kilo, der von Beginn an meinte, er könne jede Kollegin angraben. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass das eben ein Schwätzer ist, wie der die Probezeit überlebt hat, ist uns allen schleierhaft. Aber er ist eben jetzt da. Ich hab mich am Anfang auch extrem lustig gemacht über ihn und tu das heute noch. Das hat sich irgendwie fast eingebürgert, dass er zur Witzfigur der Abteilung wurde. Zu Anfang gefiel ihm sogar selbst irgendwie seine Rolle, da ihn keiner wirklich ernst nahm, gab ihm das auch gewisse Narrenfreiheit. Wie typisch in Behörden, jeder weiß es, keiner sagt was.
Fast jeden Morgen nimmt er seit dem an unserer Lästerrunde teilt mit der Besonderheit, dass mindestens 10 der 20 Kollegen offen an ihm herumkritisieren, ihn eigentlich auch lächerlich machen und er mittlerweile das ganze garnicht mehr so toll findet. Ich gehöre irgendwie auch dazu und komme nicht von der Schiene herunter.
Der Wendepunkt hat an einer Betriebsfeier stattgefunden. Dort war seine Freundin auch dabei. Und die fand es natürlich garnicht toll, dass unser Kollege überall im Haus verbreitet, er habe mit fast jeder Kollegin schon "was gehabt". Dass ihm das keiner glaubt, ist zwar ein offenes Geheimnis, doch seine Freundin - die als Außenstehende die Situation nicht einordnen konnte - fand das überhaupt nicht toll, dass ihr Freund bei uns wie der letzte Trottel da steht. Ganz unschuldig ist er nicht, er zieht sich unpassend an, bei uns herrscht Kleiderordnung, d.h. für Herren gilt Stoffhose und Hemd. Er kommt regelmäßig in zerfetzten Jeans, zerlöcherten Shirts und ändert das auch nicht. Sieht oft aus, wie ein (sorry) Penner. Beliebt ist er fachlich nicht sonderlich, aber er wird als Clown eben herumgereicht und jeder findet ihn witzig, solang er nicht mit ihm zusammen arbeiten muss.
Ich denke, dass federführend seine Freundin ihm ordentlich nach dieser Betriebsfeier die Meinung gegeigt hat. Sie wird ihm - so glaube ich - sicherlich eingebläut haben, dass er mir nicht trauen soll. Wieso ausgerechnet ich? Weil ich glaube, dass er auch anfangs mal etwas von mir wollte und ich ihn habe abblitzen lassen.
Trotzdem 10 Leute über ihn offen und weitere sicherlich 5 aus allein der Abteilung hinter vorgehaltener Hand über ihn lästern, sich lustig machen und er das auch weiß, lässt er das ganze nur an mir aus. Tut also so, als sei ich allein die treibende Kraft, was Blödsinn ist, wobei ich natürlich nicht abstreite beteiligt zu sein.
Nun würde ich das ganze gern deutlich einschränken bzw. unterlassen und packe mich ordentlich an der eigenen Nase.
Nur leider klappt das nicht. Ich habe vor Monaten schon meine Arbeitszeiten geändert, d.h. bin extra "nach" den bekannten Lästerrunden gekommen, obwohl ich Frühaufsteher bin, hab ich um 9 Uhr satt 6 Uhr meinen Dienst begonnen, bin halt bis Abends geblieben. Die Lästerrunden gingen munter weiter mitten drinnen unser Kollege, über den sich weiter lustig gemacht wurde.
Ich dachte, wenn ich einfach nicht mehr anwesend bin, bin ich raus aus der Nummer, Pustekuchen. Noch immer haftet mir der Ruf an, den ER mir versucht anzuhaften, dass allein ich der Lästerer bin und ihn zum Clown erklären.
Schon lange schneidet er mich, ein klärendes Gespräch? Fehlanzeige. Ich glaube er ist garnicht daran interessiert. Sein Verhalten basiert grundsätzlich darauf, dass alle anderen Schuld sind an seiner Situation, dass er eine dicke Freundin hat (mit der er unzufrieden ist), dass er selbst übergewichtigt ist, dass er extra aus Hamburg hier her ziehen musste, hier keine Freunde findet, an allem sind andere Schuld und natürlich an vielem in seinen Augen ich.
Jobwechsel oder Abteilungswechsel kommt für mich nicht in Frage. Obwohl ich "lose" auf Jobsuche bin, werde ich sicher meinen gut bezahlten Posten nicht aufgeben, so erdrückend ist das ganze für mich nicht, eher "lästig".
Ich frage euch mal, vielleicht hat jemand von euch Tipps, wie ich diesen Lästerwaggon stoppen kann und wie ich vor allem von mir selbst diesen Ruf los bekomme? Allein nur nicht mehr anwesend zu sein, reicht scheinbar nicht, mit gefangen mit gehangen ok. Aber an mir haftet der Ruf besonders.
Klärendes Gespräch wie gesagt, nicht möglich mit der Person. Die Teamleitung interessiert das alles nicht, die will davon nichts wissen.