Erstaunliche Reaktionen
Ich war eingige Tage nicht hier im Forum.
Als ich die erstzen zwei etwas unqualifizierten Bemerkungen zu meinem Beitrag gelesen hatte, dachte ich, dass man wohl doch kein Verständnis für meine Geschichte haben kann. Daher "traute" ich mich gar nicht mehr her, bin aber froh, dass ich es doch getan habe.
Erstmal möchte ich den verständnisvollen Lesern danken, die ernsthaft versucht haben, mir Ratschläge zu geben. Ich bin froh, dass es doch nicht so abwägig ist, das mir das alles nah geht.
Erstaunlich finde ich, dass mein Beitrag als unstimmig empfunden wird und sogar unterstellt wird, dass ich mir das ausgedacht hätte.
Nun, dazu muss ich sagen, ich schreibe tatsächlich zuweilen Kurzgeschichten, in deren Richtung dieser Beitrag sogar passen würde. Allerdings denke ich, wenn ich mir das ausgedacht hätte, wäre ich froh, eine "gute" Geschichte geschrieben zu haben.
Aber so ist es definitiv nicht. Die angeblichen Unstimmigkeiten sind auch keine in der Form, wenn man richtig gelesen hätte.
<<Müssen wir jetzt den Begriff Fehlgeburt und die Konsequenzen erörtern?
Wenn es eine Fehlgeburt war, dann kann es unmöglich eine Abtreibung
gewesen sein.... !!!>>
Meine Mutter war jung und hatte kein medizinisches Wissen, sie wusste also nicht wirklich wie man Fehlgeburt oder sonstwas definiert. Man sagte ihr, es wäre entweder ein behindertes Kinde oder es würde schon vorher eine Fehlgeburt. Da hat sie sich für eine Abtreibung entschieden, weil sie weder eine Fehlgeburt noch ein behindertes Kind riskieren wollte.
<<Später stellt sich dann urplötzlich heraus, dass das Kind weder behindert
noch eine Fehlgeburt war. Seltsam, oder?>>
Ich habe mich bei einem Gynäkologen erkundigt, wie es gewesen sein könnte und zwar vor ein paar Wochen, also so etwa 24 Jahre nach dem Ereignis. Dort erfuhr ich, dass ein Spirale kein Grund für eine Behinderung oder Fehlgeburt ist. Das weiß man heute jedenfalls. Ob man es damals gewusst hat, ist mir nicht bekannt.
<<Deiner Mutter wurde gesagt, es wäre ein Junge gewesen, daraus schließt du es müsse die 12 Wo gewesen sein, oder vielleicht sogar später (Da man bei Behinderung ja auch zu einem späteren Zeitpunkt abtreiben "darf" - da ist noch,
oder wieder die Behinderung im Spiel)>>
Ich habe aus der Tatsche, dass das Geschlecht schon feststellbar war geschlossen, dass es so die 12. Woche gewesen sein müsste, weil man viel länger vorher noch keine äußeren Geschlechtsmerkmale unterscheiden kann.
Da man damals und auch heute bei bekannter schwerer Behinderung eines Kindes auch noch später als 12. Woche abtreiben darf, schloss ich daraus, dass es auch später gewesen sein könnte.
Da meine Mutter von mir auch erst erfahren hatte, als sie im 5. Monat war (das kann der Leser natürlich nicht wissen, da ich es nicht erwähnt hatte), könnte es ja sein, dass sie es auch beim zweiten Mal nicht sehr früh bemerkt hat, zumal sie mit Spirale denken musste, sie könnte gar nicht schwanger werden.
<<Ab der 12 Woche gilt das werdende Kind als FETUS. So viel zur medizinischen Bildung...>>
Bitte keine Beleidigungen. Ich hab nie gesagt, dass ich Mediziner wäre oder sowas. Ich habe eine augenheilkundliche Ausbildung, da kommt Pädiatrie und sowas vor. Also hab ich mehr medizinisches Wissen als ein kompletter Laie, bin aber auch kein Profi.
<<"Ich sehe in meinem Kopf Bilder, wie der kleine Embryo eine diffuse Angst hat,
nicht versteht was mit ihm passiert, bevor er aus seiner Mutter herausgerissen wird.">>
Es kann gut möglich sein, dass eine solche Formulierung schon irgendwo mal verwendet wurde. Ich maße mir nicht an, dass alles was ich schreibe noch nie da gewesen ist.
<<Obwohl du erst 2 Jahre alt gewesen bist, hast du gespürt das etwas fehlt.
Das wird meines Erachtens eher die fehlende Aufmerksamkeit deiner Mutter gewesen sein, die mit Kopfschmerzen auf der Couch lag...>>
Das mit der fehlenden Aufmerksamkeit mag auch ein Teil gewesen sein, aber ich bin mir sehr sicher, dass ich unterschwellig das Gefühl hatte etwas wäre nicht in Ordnung, es wäre nicht so, wie es sein sollte. Natürlich bin ich als Zweijährige sicher nicht auf die Idee gekommen ein ungeborenes Geschwisterkind zu vermuten, aber trotzdem nehmen Kinder unterschwellig sehr viel wahr, das hat mir auch meine Psychologin bestätigt. Wenn die Eltern sich streiten, dann merkt das das Kind, auch wenn sie es nie vor dem Kind tun.
<<Als du 19 Jahre warst hat dir deine Mutter von ihrer Abtreibung erzählt -
deine EIGENEN Worte...
Ganz unten aber schreibst du: "Ich leide sehr darunter, dass meine Mutter nie was erwähnt hat." !!!>>
Ja, ich habe es mit 19 erfahren, von meiner Mutter persönlich, das ist so. Wie man sich vielleicht denken kann, meinte ich, dass sie vorher nie etwas davon erwähnt hatte und auch danach nie wieder darüber gespochen hat. Es geht ja nicht in erster Linie um die Abtreibung an sich, sonder eher darum, dass ein Kind, das da gewesen war, nie wieder erwähnt wurde und es damit mehr als tot war, denn man erhält Tote ja irgendwie auf bestimmte Art "am Leben" indem man sie erwähnt und über sie redet.
<<Aber wie hätte sie dir denn ihre Gefühle mitteilen sollen (wenn es das ist, was du meinst), wo du doch nur mit deinem eigenen Ego beschäftigt bist?>>
Es ist schon seltsam, dass mir ein übersteigertes Ego vorgeworfen wird, wenn ICH doch von MEINEN Gefühlen und Empfindungen berichte. Wie sollte ich das anders ausdrücken.
Zweitens möchte ich mal zum Nachdenken darauf hinweisen: wenn jemand stirbt, an was denkt man dann?
Ist es nicht der Fall, dass man dan immer denkt wie sehr man ihn vermisst, oder vielleicht noch, wie sehr andere Angehörige unter seinem Tod leiden. Eigentlich geht es dabei nie um den Toten an sich, sonder immer um die Empfindungen der anderen.
Und an Erinnerungen mit ihm, wie es vielleicht beim Tod einer Großmutter oder sowas wäre, kann ich ja schlecht nachdenken, da es die aus verständlichen Gründen nicht gibt.
soviel erstmal zu Sternennacht2.
Ich muss sagen, ich halte mich für relativ hart im Nehmen, aber wenn ich mir vorstelle, dass jemand der so nicht ist, hier seine innersten Gefühle schildert und dann von vielen so "angegriffen" wird, ist das schon gefährlich, denn jemand könnte sich das sehr zu Herzen nehmen und Probleme bekommen.
Als nächstes möchte ich klar stellen, ich bin KEINE millitante Abtreibungsgegnerin. Ich finde es sollte natürlich wohl bedacht werden, aber wenn die Frau meint, sie sieht keine Möglichkeit das Kind zu bekommen, ist es zwar nicht schön aber OK.
Ich für mich habe ausgeschlossen, dass ich jemals abtreiben könnte, weil ich weiß, dass ich psychisch nicht damit fertig werden würde, aber ich würde keine Frau verurteilen, die es tut oder getan hat
Wie Itemba geschrieben hat, habe ich mich tatsächlich gefragt, ob meine Eltern meinen Bruder bekommen hätten, wenn ich nicht krank gewesen wäre. Aber ich habe mich auch gefragt, wenn ich an meinem Herzfehler gestorben wäre, hätten sie mich dann auch nie wieder erwähnt und so getan, als hätte es mich nie gegeben?
Das ist das eigentliche Problem.
Die Idee irgendwo eine Art Grab zu bauen, um bei ihm zu sein, finde ich nett, aber ich glaube das liegt mir nicht so. Ich gehe auch so gut wie nie zum Grab meiner Verwandten. Außerdem wohne ich weit weg von "Zuhause" und muss im Moment wegen meinem Studium alle halbe Jahre umziehen.
Es käme mir ja eher darauf an, dass meine Eltern "zugeben" dass es ihn gegeben hat, das sie mir erzählen, wie es damals für sie war, das Kind zu verlieren, ob sie wirklich gedacht haben, Zellklumpen, was solls, oder ob sie gelitten haben, all diese Ding...
Aber ich habe etwas anderes getan, so etwa mit 20.
Ich habe mir ein Tattoo machen lassen, einen Kolibri, auf der linken Seite meines Dekoltees.
Das ist die Gestalt,
die ich meinem Bruder verliehen habe,
ich trage ihn ganz nah bei meinem Herzen
und ich stelle mir manchmal vor,
wie er lebendig wird,
umher fliegt,
ein kleiner, friedlicher Vogel, der sich nur von Nektar ernährt,
niemande weh tut,
trotzdem unglaubliche Leistungen vollbringt,
so wie mein Bruder,
der gegen alle Widrigkeiten gekämpft hat
und weit gekommen ist.
Das gibt mir oft viel Kraft, denn ich habe auch einen Wirbelsäulenschaden, der operiert wurde und immer wenn ich mit meinem "minderwertigem" Körper hadere, denke ich, dass die Kinder dieser Verbindung, meiner beiden Eltern, stark sind, denn er hat sich durchgekämpft und ein paar Jahre bevor ich kam hatte man meiner Mutter gesagt, sie könnte nie Kinder bekommen, man könnte ja aber mal auf ein Wunder hoffen.
Jetzt werde ich bestimmt wieder wegen Unstimmigkeit im Text angegangen, aber es war tatsächlich so. Mit 18 oder so sagte der Arzt meiner Mutter, sie könnte keine Kinder haben, den medizinischen Grund konnte sie mir natürlich nicht nennen, und meine Oma erzählte, dass der Arzt zu ihr gesagt hätte, dass es ja aber manchmal noch Wunder gäbe.
Ich nehme an, es war irgendwas, wo man heute sagen würde, es ist nicht so wahrscheinlich auf natürlichem Weg schwanger zu werden. Sicher war sie nicht steril, so gutgläubig bin ich nun auch nicht.
Aber ich mag einfach die Vorstellung, dass meine Entstehung unwahrscheinlich war und trotzdem zustande kam. Wäre mein Erbgut minderwertig, oder hätte ich nicht einen gewissen "Kampfgeist", wäre es nicht zu meiner Entstehung gekommen.