Es klingt ganz einfach, ist ne schwere Entscheidung - und kann zur Katastrophe werden!
Diesen Satz hätte mir mal einer vorher sagen sollen. Irgendjemand hätte mich aufrütteln sollen. Wenn ich es schon selbst nicht geschafft habe, mir vor Augen zu führen, was ich da eigentlich tue!!! Aber die Schuld trifft niemanden, ausser mich selbst!
Meine Geschichte:
tja, ich war 22 jahre alt und hatte schon lange keinen freund mehr. deshalb hatte ich auch die pille abgesetzt. ich war jedes wochenende feiern und kippte dabei so einige drinks. dazu rauchte ich auch noch sehr viele und sehr starke zigaretten. dann lernte ich IHN kennen. ER, das ist ein netter kerl ende zwanzig. hat einen sohn, der gerade in die schule ging. wir hatten ein date, dann noch eins und schwupps - ist es passiert. wir hatten sex.
ich, als "verantwortungsvolle junge frau" (wie ich mich damals sah) hatte gummies gekauft, weil ich ihn an dem abend "flachlegen" wollte. hab ich auch getan aber zum einsatz kamen sie nicht. er ratterte die ganze leier runter, von wegen kein gefühl mit kondom und so... ich bestand erst drauf aber nachdem er absolut nicht wollte, dachte ich mir, scheiss drauf, kann eh nix passieren, ich hatte 2 tage vorher meine periode. (völlig untypisch für mich, als "verantwortungsvolle junge frau") aber ich hatte zu dem zeitpunkt auch ne ganz fiese magen-darm-grippe und die hat meinen zyklus durcheinandergebracht.
ich hab es damals schon geahnt, bin aber nicht zum artzt gegangen.
wir hatten in dieser woche noch einmal sex, auch ohne kondom. der sex war unspektakulär und der typ auch, das merkte ich ziemlich schnell und wollte das ganze beenden.
soviel zur vorgeschichte.
5 wochen später wurde ich nervös. meine tage kamen nicht. normalerweise würde mir das nichts ausmachen, meine tage kamen sehr unregelmäßig aber ich wusste es einfach. ich kaufte mir einen test, der tagelang bei mir zu hause rumlag. ich konnte nicht mehr schlafen, war dauernd müde und mein ganzer körper begann zu schmerzen, ganz besonders meine brüste. irgendwann nahm meine mom mich zur seite und fragte mich was mit mir los sei. ich bekam einen heulkrampf, erzählte ihr meine angst und wir machten den test zusammen.
- POSITIV -
"schluss mit zigaretten, schluss mit alkohol - bis ich mich entschieden habe!" (Zitat von mir selbst)
für mich ging die welt unter. aber ich wusste schon in dem moment, ich würde abtreiben. aber ich war mir nicht sicher. ich hatte angst. ich nahm mir vor, mir eine woche zeit für die entscheidung zu geben (zu dem zeitpunkt war ich schon in der 6. SSW) es war weihnachten und ich wollte einfach meine ruhe. ich ging gleich zu pro familia und redete mit einer psychologin. sie erklärte mir, was bei einem abbruch ablaufen würde aber auch, was für chancen ich mit dem kind hätte. sie war es auch, die sagte, ich müsste es dem vater sagen, ob so oder so. denn ich hatte eigentlich vor, dem vater nichts davon zu erzählen.
also erzählte ich es ihm. er war wie vor den kopf gestossen, hatte ja schon ein kind. er sagte nur, er wäre nichts scharf drauf und ich solle entscheiden. dann fuhr er für ne woche in den urlaub. und lies mich allein!
ich hatte mittlerweile meine beiden besten freundinnen eingeweiht und meine schwester. ich wollte immernoch die abtreibung. und meine mutter war die einzigste, die mich zum behalten drängte. sie war es, die immer wieder sagte, ich solle mir das nochmal überlegen. ich solle auch an das leben denken.
aber ich war fest entschlossen. mir war dauernd schlecht, ich war immer müde, musste dauernd aufs klo, mir war immer kalt (und damit meine ich eine kälte, die bis durch die knochen dringt) und ich hatte IMMER hunger. ich dachte, ich könnte so nicht weiterleben.
aber ich schob es vor mir her. ging nochmal zum arzt. der zeigte mir die ersten bilder von meinem kind. (8. woche; 4,2 cm groß) das war der tag an dem ich anfing zu heulen. aber ich zog das durch. ich ziehe alles durch, ich bin konsequent! ich dachte allen ernstes, ich wäre zu abgestumpft, und würde nie bereuhen, was ich da tun würde, weil ich kein sehr emotionaler mensch bin.
also machte ich den termin. er sollte gleich am nächsten tag stattfinden, nicht viel zeit für einen rückzieher. und den wollte ich machen, denn ich wusste im grunde meines herzens, dass ich das falsche tue. ein fehler, einen riesengroßen fehler. denn ich träumte nachts nicht von meinem partyleben, das ich danach weiterführen wollte, von meiner unabhängigkeit und meiner karriere. ich träumte von mir und einem kind auf einem spielplatz, ich träumte von barbies, schultüten und familienidyll. trotzdem fuhr ich zum termin. meine mom begleitete mich. kurze besprechung mit dem arzt, narkoseraum, einschlafen fertig.
noch während dem einschlafen dachte ich
- FEHLER -
aber war nix mehr zu ändern, ausserdem war ich konsequent. konsequent in allen lebenslagen. ich, als verantworungsvolle frau habe nach gründlicher überlegung beschlossen, dieses kind abzutreiben.
weil ich nicht in der lage bin, ein kind großzuziehen.
weil ich die finanziellen mittel nicht habe.
weil ich keine ahnung ahbe, was ich tun muss, wie ich mit dem baby umgehen muss.
weil ich erst noch selbst leben will
weil ich karriere machen will (mir war gerade eine beförderung angeboten worden)
weil... es gab tausend gründe.
aber den einen der dafür sprach, den hatte ich vergessen
!weil es mein baby ist!
ich wachte auf und war total leer. auch den nächten tag. ich hatte überhaupt keine gefühle und fuhr total erleichtert wieder nach hause. und an diesem abend brach die welt für mich endgültig auseinander. ich heulte die ganze nacht durch, überlegte, wie ich mich bestrafen könnte. ich fing wieder an mit rauchen (ich hatte eigentlich überhaupt kein bedürfnis, wollte mich aber bestrafen!), ich aß nichts kaum noch was und weinte nur noch. ich verkroch mich zu hause und weinte. und weinte. und weinte.
ich meldete mich ab und zu bei den "eingeweihten", damit die sich keine sorgen machten aber sonst bei niemandem. ich konnte auch mit niemandem drüber reden. alle hatten sie mich gewarnt, dass ich es bereuen könnte.
dann ging ich wieder arbeiten aber es war eine katastrophe. ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, musste immer mit den tränen kämpfen und redete kaum ein wort. meine kollegen machten sich sorgen aber immer wenn einer fragte was los sei reagerte ich pampig. so ging das wochenlang. ich aß kaum noch was, trank kaffee ohne ende - um wach zu bleiben, ich konnte ja nicht mehr schlafen. außerdem ich hatte angst vorm schlafen, denn immer wenn ich im bett lag, akm alles wieder hoch.
ich bin sooo selbstsüchtig
ich bin sooo verantwortungslos
was habe ich nur gemacht?!?
wie konnte ich das nur tun!?!
immer wenn ich schwangere frauen sah schaute ich weg. immer wenn ich kinder und babys sah, schaute ich weg. wenn ich hunde sah, schaute ich weg. während der arbeit hatte ich mich dann ganz gut im griff, zuhause dann nicht mehr.
ich musste mich bestrafen!
also trat ich aus dem betriebsrat aus (ich liebte diese arbeit!!!) das war noch nicht genug. also kündigte ich meinen job. ich empfand keine befriedigung. ich ging auf eine billigfliegerseite und buchte mir einen flug nach irland. One-Way.
ich sitze jetzt hier, an meinem letzten tag in deutschland und schreibe, wie zum abschied meinen brief.
vielleicht liest diesen brief eine frau, die in derselben situation steckt. die nicht mehr weiss, was sie machen soll.
wenn ich damit nur einer frau helfen konnte, hat dieser brief seinen zweck erfüllt.
dass heisst nicht, dass ich jetzt gegen abtreibung bin, ganz im gegenteil. das heisst nur, das es für mich das falsche war und dass sich jede frau ganz genau überlegen sollte, was sie da tut. ich hab meine konsequenzen gezogen und daraus gelernt. in allererster linie hab ich gelern, das ich keine "verantwortungsvolle junge frau" bin. aber konsequent bin ich nach wie vor. deshalb ab nach ireland.
dieser brief ist meiner kleinen kayla gewidmet. ich hoffe du verzeihst mir. ich hoffe ich verzeihe mir.
irgendwann. irgendwie.
- ich hatte dieses baby abgetrieben, weil ich mein altes leben wieder haben wollte und jetzt hab ich gar kein leben mehr. -