Wir hatten in diesem Forum (im Thread Abtreibungsgegner raus) im Zusammenhang mit Abtreibung eine Diskussion, weil ich gestützt auf wissenschaftliche Publikationen - schrieb, frühestens gegen Ende des 6. Schwangerschaftsmonats sei ein Fötus zu einem bewussten Schmerzempfinden fähig.
Christine1166 entgegnete, sie sei auf einer Frühgeborenenstation gewesen, wo Kinder in Brutkästen lagen, die Ende des 4. SSM zur Welt kamen und selbstverständlich auch geschrien haben, wenn ihnen Blut aus der Ferse entnommen wurde... eine Bekannte, die Ende des vierten SSM ihre heute 14-jährige Tochter entbunden hat. Gleichzeitig mit ihrer Tochter war ein Baby auf der Frühchenstation, das in der gleichen SSW bzw. SSM geboren wurde (damit ist die Zeitrechnung ab der letzten Periode gemeint)... wie mir die Schwestern auf dieser Station berichteten, kommt das nicht nur zweimal im Jahr vor, sondern sehr viel öfter... Die beiden Kleinen waren in einer Uniklinik hier in NRW.
Ende 4. SSM ist gleichbedeutend mit 16-17 SSW, und das heisst: 14-15 Wochen nach Befruchtung. Das konnte ich nicht glauben. Unter den bisher publik gewordenen Meldungen über sehr früh geborene Kinder, die überlebt haben, war das kleinste mit 21 Wochen und 6 Tagen zur Welt gekommen. In Grossbritannien gibt es Richtlinien der Gynäkologengesellschaft (RCOG), es sei ethisch gerechtfertigt, Frühchen vor der 22. SSW nicht auf die Intensivstation zu verlegen.
Ich habe mich daher bei allen Unikliniken in NRW erkundigt. Hier die Antworten, die ich erhalten habe:
Dr. med. Rainer Callies, stellvertretender Direktor Uni-Frauenklinik, Essen (telefonisch): So wie das hier beschrieben ist, ist es Unsinn. Die Frau muss sich verrechnet haben. Vor der 20.-22. Schwangerschaftswoche ist das nicht möglich. Bei uns werden in der Regel vor 24 Wochen keine Massnahmen zur Lebenserhaltung getroffen. Auch mit diesen Frühchen haben wir noch erhebliche Probleme.
Priv. Doz. Dr. med. Walter Klockenbusch, Leiter Geburtshilfe, Uniklinik Münster: Die Grenze der Lebensfähigkeit liegt weit nach der 20. SSW und erreicht in der 25. SSW etwa 50%. Ein Überleben nach Geburt in der 17. SSW ist nicht möglich.
Prof. Dr. Dr. Peter Bartmann, Abt. Neonatologie, Uniklinik Bonn: Das kann ich mir nicht gut vorstellen. Jedenfalls ist es nicht in Bonn passiert.
Prof. Dr. med. Werner H. Rath, Direktor der Unifrauenklinik, Aachen: In meiner über 30jährigen Praxis an Universitätskliniken ist mir bisher nicht vorgekommen, dass Kinder in der 17. SSW. längere Zeit überlebt haben. Es kann sein, dass die Kinder zunächst lebend zur Welt gekommen sind, die Frage ist nur wie lange (einige Minuten oder?). Mir ist dieser Fall nicht bekannt, ich halte ihn auch für höchst unwahrscheinlich, ja sogar unmöglich.
Prof. Dr. Christian Rieger, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Bochum, (Neonatologie) : Mir ist dieser Fall nicht bekannt. Er ist eigentlich auch nicht denkbar. Bei uns gibt es dieselbe Richtlinie wie in England, da Kinder unter 22 Wochen bisher als nicht überlebensfähig angesehen werden.
J. Broer-Schaller (Oberärztin), Frauenklinik, Krankenhaus Lübbecke: In unserer Klinik sind solche Fälle nicht bekannt.
Dasselbe aus der Schweiz:
PD Dr. Beatrix Latal, leitende Ärztin Universitäts-Kinderklinik, Zürich (auf meine Anfrage nach einer Fernsehsendung über Frühgeborene): Mit 22 Wochen ist es sehr selten, dass ein Frühchen überlebt. Bei 22 und 23 Wochen sind wir in der Schweiz sehr zurückhaltend mit Lebenserhaltungsversuchen. Ende 4. Monat, also 17. Woche nein, das stimmt so nicht, das ist unmöglich. In der Sendung wurde ausserdem erwähnt, dass von Kindern, die mit 25 Wochen oder früher zur Welt kamen und überlebten, nur 20% völlig gesund waren, 46% jedoch mittelgradig bis schwer behindert.
Fazit:
Christine1166 irrt sich zweifelsohne bei der Berechnung der Schwangerschaftswochen.