Hallo,
zuerst möchte ich kurz meine Geschichte erzählen. Der Abbruch ist jetzt 4 Jahre her. Als mein Mann und ich feststellten, daß ich schwanger bin, waren wir beide der Meinung, es sei besser, das Kind nicht zu bekommen. Mein Mann war gerade von einer Krebserkrankung genesen und mußte noch starke Medikamente nehmen, die stark Fruchtschädigend sein konnten und wir mußten damit rechnen, daß das Kind nicht gesund sein könnte. Natürlich war ein Kind zu dieser Zeit nicht geplant, sondern erst ein paar Jahre später, wenn mein Mann sich völlig erholt hätte.
Ich ging also zur Frauenärztin, die schickte mich gleich zur Beratung und zum Vorgespräch in der Klinik. Ich bekam natürlich Vorwürfe, wieso es in unserer Situation überhaupt zu einer Schwangerschaft gekommen ist. Vorwürfe machte ich mir damals schon selbst genug, daß ausgerechnet einmal was mit der Verhütung fehlgeschlagen ist.
Jedenfalls ließ ich den Abbruch vornehmen, schlug alle Warnungeng gegen den Wind, daß es mir danach sicher schlecht gehen würde. Ich wollte bloß keine Angst mehr haben, daß das Kind krank sein würde und wir wollten die Verantwortung für ein evtl. behindertes Kind nicht übernehmen.
Die erste Zeit danach war ich auch erleichtert, daß es vorbei war und mir ging es wirklich gut. Zwischendurch hatte ich zwar mal negative Gedanken, aber die vergingen gleich wieder. Jetzt haben wir eine kleine Tochter, die 1 Jahr alt ist und sie ist völlig gesund. Ich liebe sie über alles. Aber seit ein paar Monaten kommen all die Erinnerungen an den Abbruch hoch. Ich sehe mein Kind an und denke, ich habe meinem ersten Kind nicht erlaubt zu leben, zu lachen. Mich plagen die schrecklichsten Schuldgefühle, ich denke daran beim Aufwachen und vorm Einschlafen und oft den ganzen Tag. Ich habe Angst, daß ich dafür bestraft werde, daß Gott mir niemals verzeihen wird und daß ich nie mehr glücklich sein kann.
Ist es egoistisch, nach einem Abbruch glücklich sein zu wollen? Habe ich es nun verdient, bis an mein Lebensende mit den schrecklichen Schuldgefühlen zu leben? In meinem Hals sitzt ein dicker Kloß, ich möchte die ganze Zeit weinen. Es tut mir so leid, um mein Kind.
Mein Mann meint, wenn es nicht besser wird, sollte ich mich an psychologische Hilfe wenden. Das traue ich mich aber nicht. Ich hoffe immer, einen Weg zu finden, um alleine damit klarzukommen. In Gedanken habe ich es beerdigt, am Grab meiner Mutter. Das hilft ein bißchen. Aber wie kann ich mich wieder unbeschwert fühlen? Wie kann ich damit abschließen?
Das war jetzt sehr viel Text und ich danke euch fürs lesen. Es wäre so schön, wenn ich jemanden kennen würde, der ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Und ich wünsche euch allen ein glückliches Leben ohne Schuldgefühle!
Liebe Grüße