doina_12571508Nachdem
PN irgendwie nicht geklappt hat:
Es ist schon so, dass die Akutbehandlung bei Psychosen erstmal hauptsächlich aus Tabletten besteht, und zwar aus Neuroleptika, die zudröhnen und die Emotionen kappen. Die meisten Patienten nehmen davon zu und das sind tatsächlich noch die harmloseren Nebenwirkungen. Das Zeug ist wirklich nicht ohne, aber eben das einzige, das bei Psychosen Wirkung verspricht. Es kann auch sein, dass er - wenn diese Psychose überstanden ist - weiterhin Neuroleptika in geringerer Dosis nehmen müsste, u.U. sein Leben lang. Das hängt davon ab, was der Psychose zugrunde liegt, welche Krankheit also.
Womit wir beim nächsten Punkt wären: Es muss kein tiefsitzendes Problem geben. Bei Psychosen und damit verwandten Erkrankungen wird normalerweise gar nicht so sehr im üblichen Sinne psychotherapeutisch gearbeitet, um Probleme oder Traumatisierungen aufzudecken und abzuarbeiten. Man geht eher davon aus, dass eine gewisse genetische Veranlagung existiert, die durch die Umstände (Stress, Erziehung, Beziehungen v.a. zu den Eltern, Krankheiten, bei Frauen ggf. Schwangerschaften, Drogen etc.) die psychotische Störung zum Ausbruch bringt. Die Therapie ist dann häufig verhaltenstherapeutisch und dient dazu, mit der Krankheit umzugehen, weiteren psychotischen Phasen vorzubeugen und sie ggf. rechtzeitig zu erkennen. Dann haben viele Betroffene nur eine oder zwei psychotische Schübe und können ansonsten ein ziemlich normales Leben führen - vielleicht mit etwas geringerer Stressbelastbarkeit als der Durchschnitt.
Trotzdem ist es natürlich nicht toll, wenn er im Krankenhaus nur sich selbst überlassen ist und rumhängt. Aber wenn er nun mal nur in diese Klinik käme, müsste man im Zweifelsfall wohl in den sauren Apfel beißen und es kurzfristig hinnehmen - bis er medikamentös von der Psychose runtergebracht worden ist. Dann ist er auch wieder einsichtsfähig und kann mitüberlegen, welche Klinik für eine Reha-Maßnahme in Frage käme. M.W. kann sich eine Psychose auch von selbst wieder legen, kommt halt drauf an, ob man im Einzelfall darauf warten kann. Aber Dein Freund ist nicht "für immer verloren".
Wie Wahnvorstellungen aussehen, ist sehr unterschiedlich. Es fängt mit einfachen Halluzinationen an, dass man etwas hört, sieht, riecht oder fühlt, was nicht da ist. Manche hören Stimmen, bei einigen geben diese Stimmen Befehle, kommentieren das Verhalten des Betroffenen oder sagen ihm abwertende Dinge. Manche hören und sehen Dämonen. Andere haben gar keine Halluzinationen, sondern entwickeln wahnhafte Ideen. Z.B. dass der Weltuntergang durch die Ankunft eines bestimmten Propheten nahe und dass sie das durch bestimmte Handlungen oder auch Fähigkeiten verhindern könnten. Es kann also sein, dass Dein Freund Stimmen hört, die ihm sagen, dass Du böse bist, oder dass er Dich "sieht", wie Du z.B. zum Satan betest. Es ist auch möglich, dass er die Idee hat, dass bestimmte (eigentlich normale, alltägliche) Äußerungen darauf hinweisen, dass jemand böse ist. Dann bräuchtest Du nur mal so einen Satz gesagt zu haben... Diese Rückbesinnung auf die Jugend kann auch irgendwo im Wahn begründet sein. Vielleicht hat er die Vorstellung, sich selbst (gegen die Angst oder gegen das Böse) helfen zu können, wenn er "Fehlentscheidungen" von damals revidiert oder die Vergangenheit sonstwie wiederbelebt.
Und es ist leider so, dass Du jetzt, in der akuten psychotischen Phase, praktisch keine Chance hast, an ihn heranzukommen. Ein Trost ist, dass diese Phase vorübergehen wird. In einer Sache solltest Du allerdings m.E. aufpassen: falls er nämlich - statt weiterhin Angst vor dem Bösen zu haben - anfängt aggressiv zu werden (Dir gegenüber). Im Wahn ist er nicht er selbst, und da ist u.U. die Schwelle zur Fremdgefährdung schnell überschritten. Ich möchte Dir keine Angst machen und kann es ohnehin nicht wirklich einschätzen, aber man sollte weitere Veränderungen in seinem Verhalten nicht auf die leichte Schulter nehmen.