Seit ich gegen meine Krankheit zu kämpfen begonnen habe, hat sich wieder vieles zum Positiven gewendet. Ich habe wieder Energie für Freunde, meine Hobbies, Gedanken für Wichtiges. Trotzdem frage ich mich oft ob ich jemals wieder so frei leben kann, wie ich das einmal tat: Einfach aufwachen und in den Tag leben. Sport nach Lust und Laune. Ich finde größtenteils lebe ich mein Leben wieder gut. Trotzdem belastet es mich, dass ich so strukturiert leben muss. Ich schaffe mir in so mancher Situation meinen eigenen Käfig und habe eigentlich keine Erklärung weshalb ich das tue, warum ich nicht einfach genießen kann. Ich glaube, das ist es, was es so unerträglich macht, dass ich oft kein Erklären für mein Verhalten und auch für meine Gefühle habe. Das konnte ich auch nicht in der Therapie lernen. Ich habe zwar Strategien wie ich in solchen Situationen reagieren kann, weiß aber oft nicht warum es überhaupt wieder so weit kommen konnte.
Sport ist für mich eine Hass-Liebe. Ich brauche die Bewegung und ich liebe die Natur. Aber mich stört die Verbindung zum Essen. Ich gehe nicht nur Sport machen weil ichs gerne tue, es ist meine Strategie, dass ich mir erlaube gut zu essen. Wenn ich finde, dass ich mich nicht ausreichend bewegt habe, sind die Gedanken was ich mir alles erlauben darf, viel stärker, was meist dazu führt, dass ich mich nicht ausreichend ernähre. Man könnte also sagen, es hilft mir, aber normal ist es trotzdem nicht und das ist das was ich mir wünsche: Einfach Normalität. Aber da stellt sich auch die Frage was das ist? Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie ich meinen Alltag vor der Magersucht gestaltet habe. Ich glaube einfach unbeschwerter, ich konnte auch lockerer an Probleme heran gehen und wenn es regnete oder ich erkältet war ging ich nicht joggen, auch wenn ich am Abend Dessert wollte...
Man könnte sagen, das übermäßige Verlangen nach Struktur, gewisse Zwänge sind Überbleibsel der Magersucht ABER ich habe kein eingefallenes Gesicht mehr, meine Hosen flattern nicht mehr und die Hoffnung auf vogelfreies Leben stirbt zuletzt.