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Ich bin völlig deiner Meinung, dass soziale Berufe in Deutschland nicht das Ansehen und den Respekt haben und erhalten, die sie verdienen. Und ich bin ebenso der Meinung, dass dies ein Missstand ist, den es abzubauen gilt.
Dies gilt sowohl für Erzieher(innen) also auch für Krankenschwestern, Krankenpfleger und Altenpfleger(innen), wobei letztere sogar noch im 3-Schicht-Betrieb arbeiten müssen.
Und es ist auch unbestritten, dass für diese Arbeiten ein angemessenes Gehalt gezahlt werden soll.
Wenn ich allerdings in der Presse lese, dass eine Erzieherin in Teil(!)zeit monatlich "nur" 1000 EUR netto (!!) zur Verfügung hat, dann denke ich mir, dass dieser Netto-Verdienst eigentlich nicht zu bejammern ist. Ich arbeite ebenfalls in Teilzeit und verdiene nicht mehr.
Es ist leider Tatsache, dass die Anforderungen an Arbeitnehmer in diesen Zeiten allgemein immer höher werden, und die Bezahlung nicht in dem Maße ansteigt wie die gestellten Forderungen und Belastungen.
An meiner Arbeitsstelle wurde das Personal um 20% reduziert, die vorhandene Arbeit (die natürlich nicht weniger wurde) muss nun vom minimierten Personal erledigt werden - in der halben Zeit. Vorgabe des Unternehmens. Zuviel Streß ? Zu hohe Belastung ? >>> "es zwingt sie keiner hier zu arbeiten ...."
Mein Mann arbeitet bis zu 8 Stunden täglich in einem Raum ohne Tageslicht, unter einem sehr hohen Geräuschpegel, in stark klimatisierter Umgebung und sehr beengt (IT-Branche. Serverraum). Arbeitsrechtlich unzulässig. Interessiert aber keinen. VorgegebeneTermine sind zeitlich schlichtweg nicht erfüllbar (vergleichbar mit der Vorgabe "lege die Strecke Hamburg-München innerhalb 3 Stunden mit dem Auto zurück") >>> "es zwingt sie niemand, hier zu arbeiten ..."
Ich möchte damit nur verdeutlichen, dass dies leider, leider zur Normalität geworden ist. Burn-Out-Kandidaten kann man zwischenzeitlich zuhauf finden, nur in der freien Wirtschaft trauen sich die wenigsten, sich krank zu melden, weil dies schon der erste Schritt zum Jobverlust sein kann.
Was mich wirklich sehr verärgert, ist, dass von den Eltern Verständnis und Solidarität verlangt wird - das eine wie das andere ist vorhanden, natürlich auch bei mir.
Allerdings denke ich, dass ich als Elternteil dann umgekehrt auch erwarten kann und darf, dass die Solidarität auch umgekehrt Bestand hat. Dass die Tatsache, wenn jemand sagt "es geht mittlerweile darum, dass ich meinen Job verlieren kann" nicht nur schnöde belächelt wird. Dass die Bitte, Infos zu bekommen, wie die rechtliche Seite einer Notbetreuung durch Eltern in den Räumlichkeiten der KITA geregelt ist nicht abgeschmettert wird mit "das wissen wir auch nicht!".
Als ich meinen Sohn am 08.06. von der KITA abgeholt und nachgefragt habe, ob es neue Infos bzgl. Streik für die Woche vom 15.06. an gebe, da die KITA den Rest der Woche geschlossen sei (zur Info: 09. und 10.06. Streik, 11.06. Feiertag, 12.06. Brückentag, KITA zu), bekam ich ein -in meinen Ohren- wehleidiges "wissen wir nicht" zur Antwort. Ich hatte dann nachgefragt, ob denn, im Falle eines Streiks am Mo.,15.06. zumindest am Wochenende zuvor eine Info an die Tür angebracht werden könne: Schulterzucken.
Allgemein scheint mir die Stimmung eher tröge zu sein. Ich würde mir etwas mehr Biss wünschen, nicht nur, um für die eigenen Forderungen zu kämpfen, sondern eben auch, um den Arbeitskampf für diejenigen, auf deren Schultern er stattfindet (und das sind nun mal Eltern und Kinder), erträglich zu machen. Und da wäre für mich ein "Ich weiß es nicht, aber ich setze mich dafür ein, dass, sobald wir Infos bekommen, Zettel an die Tür gehängt werden, damit Sie informiert sind" einfach viel besser gewesen. Hätte mir zumindest das Gefühl gegeben, dass auch ICH ernst genommen werde.
Es sollte ein Hand-in-Hand sein, eben nicht nur Verständnis zu fordern, sondern eben auch Verständnis aufzubringen für die Situation der Eltern.
Ganz ehrlich: ich habe nicht die Zeit dazu, mich an die Arbeitgeber der Erzieherinnen zu wenden. Ich bin momentan nur damit beschäftigt die Betreuung für mein Kind zu organisieren, mein Kind zu der Betreuung zu bringen (Oma & Opa wohnen leider nicht im Nebenhaus), zu arbeiten und möglichst ein Zeitpolster aufzubauen, um für weitere Streiktage die Möglichkeit zu haben einen Tag frei zu nehmen, meine Arbeit qualifiziert und gut zu machen, um kurzfristigen Urlaub und Tauschtage, die durch den Streik anfallen, evt. auszugleichen (die machen sich nämlich nicht unbedingt beim AG und werden, wie sicher so ziemlich alles, festgehalten und notiert). Dann das Kind wieder abzuholen, Zeit mit meinem Kind zu verbringen, um zumindest ein klein wenig "Normalität" und "Ritual" einzubringen, damit der kleine Mann sich nicht zu sehr hin- und hergeschoben fühlt. Und dann habe ich noch den Haushalt und den Einkauf zu erledigen.
Damit ist mein Tag eigentlich ausgefüllt.
Ich wäre sogar bereit dazu, Plakate zu schwingen und in die Trillerpfeife zu pusten, meinem Kind einen Gehörschutz zu kaufen und mit ihm zusammen für die Rechte der Erzieherinnen zu kämpfen - wenn umgekehrt an einem "Streiktag" die KITA offen hätte. DAS wäre für mich Kompromissbereitschaft, DAS wäre für mich gemeinsame Sache. Und in meinen Augen vielleicht auch ergiebiger, weil überzeugter, wenn an 4 Tagen wirklich Erzieherinnen UND Eltern UND Kinder auf die Straße und vor die Türen der AG gingen, als wenn es an 9 Tagen "nur" die Erzieherinnen tun.
Mich stört -und ich kann eben nur für mich und "meine" KITA sprechen-, dass sehr wohl viel verlangt wird, man aber nicht bereit ist zu geben, nicht mal so was wie simple Info.
Vielleicht habe ich auch nur "Pech" und es in anderen KITAs anders, ich weiß es nicht - würde mich jedoch freuen, es zu erfahren.
Liebe Grüße,
Friederike
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