Panikattacken
Hallo brainbug,
bin zufällig auf deinen Beitrag gestossen und hoffe, dass mein "Erfahrungsbericht" euch evtl. ein wenig helfen kann.
Auch ich (40 Jahre) litt ca. 25 Jahre an Panikattacken (Soziale Phobie).
Diese stellten sich Anfangs so dar, dass ich selbst glaubte nur "keine Lust" zu haben, einige Sachen zu machen (z.B. Diskobesuche, Behördentermine einhalten usw.). Damit fing die Vermeidungstaktik schon unbewusst an.
Dies steigerte sich dann im Laufe der Jahre. 1994 bin ich dann wegen meiner damaligen Lebensgefährtin 600km nördlich gezogen. Danach wurden die Attacken schlimmer, so dass ich es am Schluss nicht mal mehr fertig brachte, mit meinen beiden Kindern (die 1996 und 2002 geboren sind) zu einem Kinderfest oder auf den Spielplatz zu gehen.
Ich selbst habe die ganzen Jahre nichts gegen die Krankheit unternommen, da mir ja, wenn die Panikattacke vorbei war, "nichts fehlte" und die Attacken ja evtl. nicht mehr wiederkommen " :-) ". Ausserdem hatten solche Probleme ja nur "geistig Kranke" und nicht normal denkende, arbeitende Familienväter wie ich.
Der Wendepunkt kam vor 2 Jahren, als ich durch meine Panikattacken fast meinen Job verlor, da ich auch dort zu wichtigen Terminen nicht erschien.
Durch die Initiative meines Hausarztes erhielt ich eine 6-wöchige Rehabilitations-massnahme durch meinen Rentenversicherungsträger.
Diese sechs Wochen waren allein dadurch schon sehr hilfreich, dass man aus dem normalen Alltagsleben rauskommt, abschalten und nachdenken kann.
Die Reha selbst war ein Mix aus Therapiegesprächen, Entspannungs- und Fitnessübungen.
In dieser Reha wurde mir dann auch Paroxetin verschrieben.
Dieses nehme ich jetzt mehr oder weniger täglich seit Februar 2007 (in geringer Dosierung = 20mg). Begleitend dazu mache ich eine Verhaltenstherapie.
Bei mir stellt sich die Situation zur Zeit so dar, dass ich seither keine Panikattacken mehr hatte und ich wieder alles unternehmen kann, worauf ich Lust habe.
Das Leben macht wieder Sinn ;-).
Wie es in Zukunft weiter geht kann ich natürlich nicht sagen, aber ich habe gelernt, etwas gelassener mit allem umzugehen.
Was das Paroxetin betrifft, so habe ich Gott sei Dank nur sehr geringe Nebenwirkungen (leichte Müdigkeit) mit denen ich persönlich gut Leben kann. Auch habe ich auf Grund verschiedener Diskussionsforen mal einen Selbstversuch gestartet, wie es nach dem Absetzen von Paroxetin aussieht. Die in diesen Foren genannte "Abhängigkeit" kann ich auch nicht bestätigen. Ich habe die Tabletten 2 Wochen lang nicht genommen und hatte keinerlei Absetzschwierigkeiten (jedoch kam die Nervösität wieder). Evtl. kommen die erst nach längerer Zeit, was ich aber nicht glaube.
Lange Rede kurzer Sinn:
Auf Grund meines eigenen Lebenswegs kann ich deinem Freund versichern, dass er allein nicht aus der Nummer rauskommt. Es ist keine Schande oder Eingeständnis von Schwäche, wenn man fremde Hilfe (auch Tabletten können dazu gehören, natürlich nur vom Facharzt verschriebene) in Anspruch nimmt. Vorrangig ist allein die eigene Gesundheit und das eigene Leben, egal was andere dazu sagen oder darüber denken mögen.
Ich wünsche euch viel gesundheitlichen Erfolg auf eurem gemeinsamen Weg durch die Krankheit.
P.S.
Noch was an deinen Liebsten:
Wenn du deine Lebensgefährtin behalten möchtest, fang an was zu ändern, da es auch für sie sehr schwer ist, mit der Situation umzugehen. Bei mir war es leider schon zu spät.
Ich werde die nächsten Tage in diesem Forum nochmal vorbeischauen. Vielleicht habt ihr ja noch Fragen.
Bis dann alles Gute