Du hast ein Recht auf ein eigenes Leben
Hallo liebe Schnuppe,
ob ich hierbei eine gute Ratgeberin sein kann, weiß ich nicht, denn meine eigene Beziehung zu meiner Mutter ist auch sehr schwierig, weil sie dauerhaft unglücklich, mißmutig, vom Leben enttäuscht ist. Seit nunmehr 15 Jahren sind sie und mein Vater geschieden, sie ist jetzt 71, und es wird auch eher schwerer. Am schlimmsten ist, dass sie immer nur jammert über ihre diversen Krankheiten, schon seit ich ein kleines Kind bin (und die ja auch alle durch die Schwangerschaft mit mir ausgelöst wurden angeblich). Dabei hat sie nicht Krebs oder etwas wirklich Schlimmes, sondern eher altersbedingte Krankheiten und Allergien. Sie versucht immer, mich emotional zu erpressen - zumindest fühlt es sich so an - und will Mitleid, wie ein kleines Kind. Das erinnert mich schon irgendwie auch an Deine Situation, denn es hat etwas damit zu tun, dass die Mutter die Verwantwortung für ihr Leben und ihr Glück abgeben will, und so eine Art Rollentausch versucht, sodass Du Dich um sie kümmern musst.
Ich halte deswegen den Kontakt zu meiner Mutter relativ reduziert. Etwa alle 2 Wochen telefonieren, eventuell einmal im Monat sehen. Vielleicht wäre das auch für Dich eine Möglichkeit, auch wenn es Dir erstmal hart erscheint. Aber Du hast ein Recht auf ein eigenes Leben und je älter sie wird, desto mehr wird sie Dich vereinnamen und erpressen. Zudem habe ich auch noch zwei Brüder, aber die kümmern sich kaum und komischerweise sind an die die Erwartungen auch nicht so hoch wie an mich als Tochter.
Macht man mehr, wird es doch nicht anerkannt und auch die Beziehung wird nicht besser, sondern es wird noch furchtbarer - zumindest ist das meine Erfahrung: Vor etwa einem Jahr war sie wegen eines Knochenbruchs länger im Krankenhaus und ich habe sie täglich besucht, angerufen und 3 Monate ihren Hund in Pflege gehabt - in der Zeit war mein eigenes Leben durch sie die Hölle,ich selbst (!) bekam Depressionen. Sie hat mir nur Vorwürfe gemacht, ich konnte ihr nichts recht machen.
Daher kann ich nur sagen: Auch wenn Du denkst, du wärst dann eine schlechte Tochter: Distanziere Dich. Es macht doch keinen Sinn, dass zwei Menschen durch das Unglück eines Menschen so zu Boden gezogen werden. Du bist für Ihre Depressionen nicht verantwortlich, auch nicht für die Scheidung. Dass Dein Vater sich getrennt hat, war vermutlich auch seine einzige Möglichkeit, nicht mit ihr zusammen zu Grunde zu gehen. Einen Depressiven kann niemand "retten", wenn er sich nicht selbst auf den Weg macht.
Alles Liebe für Dich und viel Kraft wünscht Dir
Arwenlee