paaie_12349635Ich bin 22.
Ich hatte vorher nur schlechte Erfahrungen in punkto Beziehung, wurde verarscht und nur fürs Bett ausgenutzt. Mein Selbstbewusstsein ist leider nicht stark ausgeprägt. Ich nehme mir zuviel zu Herzen und grübel ständig drüber nach.
Ich denke, ich mache den Eindruck, dass ich eine ruhige, zurückhaltende und sensible Person bin, die sehr verletzlich ist. Mir hatte auch der besagte Kollege (hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihm) gesagt, dass ich mir nicht immer alles so zu Herzen nehmen darf. Und nicht nur der. Das haben mir viele gesagt. Das ist auch eine Sache, die ich sehr an mir hasse und gerne ablegen würde.
Ich gehe mal in meine Kindheit zurück. Ich hatte ein nicht gerade liebevolles zu Hause, wenn ich das jetzt als Erwachsene im Nachhinein betrachte. Als Kind war es normal für mich, bin ja damit aufgewachsen. Wie Kinder halt so sind, stellen sie die Meinung der Eltern ganz hoch, ohne sie zu bezweifeln. Es wurde viel geschimpft, auch wegen Kleinigkeiten oder auch nichts. Meine Eltern hatten irgendwie eine sehr komische Beziehung, wenn man das Beziehung bezeichnen kann. Meine Mutter hatte die Hosen an, mein Vater hatte nichts zu melden, nicht wirklich. Wenn ihr was nicht gepasst hat, hat sie uns ein schlechtes Gewissen gemacht, indem sie ihre "Depressionen" ins Spiel brachte.
Ich habe heute noch Probleme, jemanden meine Meinung zu sagen, aus Angst, niedergemacht zu werden. Auch mein jüngerer Bruder (nicht der aus meinem Beitrag, mein anderer, bin übrigens das Nesthäkchen) kann sehr verletztend sein und einen runtermachen. Ich denke, er merkt es nicht einmal, er ist auch damit aufgewachsen. Es ist manchmal sehr verletzend, was er von sich gibt, sagt auch mein anderer Bruder, mit dem ich ein sehr inniges Verhältnis habe. Wir wissen manchmal nicht, ob er es ernst meint oder nur Spaß macht, er macht viel Spaß. Eigentlich liebe ich ihn sehr und meine Brüder sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Mein jüngerer Bruder ist auch ein sehr lieber Kerl, er hat nur manchmal eine echt ätzende Art an sich.
Mein älterer Bruder wurde auch oft niedergemacht, er stammt aus der vorherigen Beziehung meiner Mutter, sie mochte ihn nie wirklich und hat ihm das auch gezeigt. Sie hat seinen Vater gehasst und diesen Hass auf ihn übertragen, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Sie erträgt keine Kritik, sieht es als Angriff auf ihre Person. Mein älterer Bruder ist irgendwann in eine andere Stadt gezogen und hat mich mittlerweile auch hierher geholt, weil er es nicht mehr sehen konnte, wie schlecht es mir ging und weil er mich gern in seiner Nähe haben wollte.
Irgendwann erzählte er mir, dass mein Vater ein Pflegekind (sie lebte vor meiner Zeit dort) angefasst, sprich sexuell belästigt hat. Meine Mutter hat das nie wahrhaben wollen, sie sagte, dass hätte das Mädchen wohl gerne so gehabt.
Er fragte mich, ob mir das gleiche widerfahren sei. Ich habe mir dann mal Gedanken darüber gemacht. Mein Vater hat mich immer gegen meinen Willen in seine Arme gezogen und abgeknutscht, angetatscht und das sogar an Hüften und Oberschenkeln. Ich dachte immer, das sei normal, so wie man seine Kinder halt in die Arme nimmt und sie lieb hat. Aber da bin ich mir heute nicht mehr so sicher. Bin ziemlich schockiert, dass die Möglichkeit besteht, dass ich sexuell belästigt worden sein könnte. Aber leider besteht diese Möglichkeit, dass ich anfangs nicht wahrhaben wollte.
Es gibt auch ein Foto, da bin ich 3 oder 4 Jahre alt, da hält er mich und meinen jüngeren Bruder im Arm. Und ich sträube mich mit Kräften dagegen und es gefällt mir überhaupt nicht. Irgendwie wirke ich darauf auch entsetzt und verzweifelt, es macht den Eindruck, als geschehe es gegen meinen Willen. Ich denke, dass es nicht seine Absicht war, mir irgendwas in der Richtung anzutun, dass es ihm nicht bewusst war. Aber dann ist da noch die Sache mit dem Pflegekind und das hat mich erst auf diese Schlussfolgerungen gebracht. Bin ich ein Opfer sexuellen Missbrauchs? Mir fällt es immer noch schwer, es wahrzuhaben. Wenn ich mich aus seinen Umarmungen befreit habe, war er tödlich beleidigt und meine Mutter hat mir noch ein schlechtes Gewissen gemacht und sagte: "Mein Gott, er hat dich doch lieb. Stell dich nicht so an." Ich war immer in einem Konflikt damit, wusste nicht damit umzugehen.
Ich habe auch Schwierigkeiten mit dem Wort Papa, genauso wie ich Schwierigkeiten habe, die Namen einiger Männer zu erwähnen. Irgendwie hasse ich das Wort Papa.
Seit ich umgezogen bin und meine Eltern nur noch selten sehe, sehe ich viele Dinge mit anderen Augen. Mein älterer Bruder sagt dann immer, dass die vorher auch schon so waren, ich es aber nie wirklich wahr haben wollte. Und ich gebe ihm Recht. Ich habe jetzt den nötigen Abstand gewonnen, um die Dinge anders zu beurteilen. Vorher war alles fast normal für mich. Mir geht es viel besser, seit ich weggezogen bin. Vorher hätte ich mich nie mit meinem Männerproblem so intensiv auseinandergesetzt, wie ich es jetzt tue. Es tut irgendwie total gut, sich den ganzen Mist mal von der Seele zu schreiben. Was da alles ans Licht kommt.
Vielleicht ist es bei dem Quasi-Schwager meines Bruders ja keine Liebe, vielleicht suche ich nur Nähe und Zuneigung. Er ist ein sehr lieber Kerl und er strahlt irgendwas aus, auch Ruhe, so, wie ich das beurteilen kann, kenne ihn ja kaum. Mein Kollege stand mir auch sehr nahe, ich wurde von meinem Vorgesetzten gemobbt und er hat immer zu mir gehalten, konnte mit ihm über viele Dinge mit ihm reden. Er hat Vertrauen zu mir aufgebaut und mir auch mal sein Herz ausgeschüttet. Er hat mich immer aufgebaut, wenn es mir schlecht ging und ich dachte, ich mache keine gute Arbeit. Und ich habe wirklich gute Arbeit geleistet, das weiß ich auch. Es waren nur zu viele Sachen zu erledigen, dass mir alles über den Kopf gewachsen ist. Das nur mal zu unserem Verhältnis.
Was meint ihr dazu? Möglicherweise habe ich mir schon viele Fragen selbst beantwortet. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht. Würde mich sehr freuen, davon zu hören.
Vielen lieben Dank fürs Lesen, es ist wirklich viel. Auch dir danke, Carla :)