Warum mancher keine Freunde finden kann...
Der Gründe sind gar mehrere Möglich. Man ist vielleicht ein offener Charakter unter Verschlossenen, Intelligent unter Stumpfsinnigen, Radiomensch unter Fernsehjunkies etc. eben komplementäre Charaktäre. Auch ist es bekannt, daß wer unter Parvenüs zu leben hat, Freunde nach Höhe seines Einflußes und des Vermögens zu finden pflegt. Der Arme hat dann oft keine (wohlgemerkt unter sog. Neureichen) derselbe Arme findet bei gutem Charakter aber leicht Freunde unter Menschen einfacher Vermögenslagen an einem anderen Landstrich.
Es kann sein, daß jemand keine richtigen Freunde findet, weil "similis simili gaudet" zu deutsch: "Gleich und Gleich gesellt sich gern." und es das Schicksal (oder der häufige Arbeitsplatzwechsel des Familienoberhauptes) es so wollte, daß zufällig niemand ähnlicher Natur und Wesenheit nahe siedeln tut. Wesensfremd. Ein gutartiger Mensch unter Schlimmen wird vergeblich sich bemüh'n. Umgekehrt übrigens auch.
Aristoteles, in seiner wenig gelesene Nikomantische Ethik erklärt über die Freundschaft, daß sie drei Kategorien unterliegt: einerseits die des Vergnügens, des Nutzens und der Tugend. Die Vergnügensfreunde sind Partygrüppchen, Komasäufer und Geselligkeitskiffer. Endet der gemeinsame Zweck des Vergnügens (Heirat, Beförderung oder Kinder), so endet auch die Freundschaft.
"Demnach gibt es drei Arten der Freundschaft, entsprechend der dreifachen Beschaffenheit des Liebenswerten, da es bei jedem Liebenswerten eine Gegenliebe gibt, die nicht verborgen bleibt, und da die sich Liebenden sich aus dem Grunde Gutes wünschen, um dessentwillen sie sich lieben."
Die Freundschaft des Nutzens findet man bei klüngelnden genauso wie bei typischen Handwerkshelferfreundschaften. Verkauft man sein Auto, so verliert sich die Freundschaft mit dem KfZ-Monteur des öfteren mangels weiterer Substanz.
"Wo demnach die Liebe auf dem Nutzen beruht, da wird sie durch den Nutzen des Liebenden, und wo sie auf der Lust beruht, durch die Lust des Liebenden bestimmt, und sie gilt dem Geliebten nicht insofern er der Geliebte ist, sondern insofern er Nutzen oder Lust gewährt. Diese Freundschaften sind demnach nur mitfolgend solche. Denn in ihnen wird der Geliebte nicht darum geliebt, weil er ist, der er ist, sondern weil er in einem Fall Gutes, im anderen Fall Lust gewährt. Daher sind solche Freundschaften leicht lösbar, wenn die Personen sich nicht gleich bleiben: sind sie nicht mehr angenehm oder nützlich, so hört man auf, sie zu lieben; das Nützliche aber bleibt nicht dauernd dasselbe, sondern bald ist dieses nützlich, bald jenes. Fällt also dasjenige weg, weshalb solche Menschen Freunde waren, so löst sich auch die Freundschaft auf, weil sie durch jenes bedingt war."
"Freunde denen es vorwiegend um das Vorteilhafte zu tun ist, pflegen auch auf das Zusammenleben nicht eben viel zu geben; denn manchmal erwecken sie nicht einmal bei dem anderen Gefallen; daher vermissen sie den gegenseitigen Verkehr gar nicht, wenn ihnen kein Nutzen daraus erwächst, da ihre ganze Anziehungskraft darin besteht, daß sie die Aussicht auf einen Vorteil gewähren. Zu dieser Art von Freundschaft zählt man auch die Gastfreundschaft."
Lediglich die Freundschaft der Tugend hat einige Überlebenschancen mehr. Siehe similis simili gaudet.
Auch erfährt man von jenem Aristoteles, daß
Die Edda sagt dazu: "Havamal, 44 Weißt du den Mann, dem du wohl vertraust, Und hoffst doch von ihm Holdes, So tausche Gesinnung und Geschenke mit ihm Und besuch ihn nicht selten."
In Schopenhauers, "Aphorismen zur Lebensweisheit",
PARÄNESEN UND MAXIMEN heißt es:
29) "Daß Leute edlerer Art und höherer Begabung so oft,
zumal in der Jugend, auffallenden Mangel an Menschen-
kenntniß und Weltklugheit verrathen, daher leicht be-
trogen oder sonst irre geführt werden, während die nie-
drigen Naturen sich viel schneller und besser in die Welt
zu finden wissen, liegt daran, daß man, beim Mangel der
Erfahrung,, a priori zu urtheilen hat, und daß überhaupt
keine Erfahrung es dem a priori gleichthut. Dies a priori
nämlich giebt Denen vom gewöhnlichen Schlage das
eigene Selbst an die Hand, den Edelen und Vorzüglichen
aber nicht: denn eben als solche sind sie von den An-
dern weit verschieden. Indem sie daher deren Denken
und Thun nach dem ihrigen berechnen, trifft die Rech-
nung nicht zu."
Wenn nun aber auch ein Solcher a posteriori, also aus
fremder Belehrung und eigener Erfahrung, endlich ge-
lernt hat, was von den Menschen, im Ganzen genommen zu erwarten steht... ff
Auch meiner persönlichen Erfahrung nach (für männchen und weibchen gleichermaßen) sind die Guten eher mit Qualität und die schlechtsortierten Charaktäre eher mit Quantitäten in den Freundschaften beschäftigt, weswegen wer viele Freunde zu haben glaubt vor allem falsche Freunde sammelt und wer gute Freunde sucht selten die magische sechs überschreitet.
Wie also sollte man draufsein, wenn's mit dem Anschluß klappen soll?
Lebt sie in ländlich' Gefilde, so sollte ein Auszug der Schillerschen Glocke ein guter Hinweis zum weiblichen Wesen, an dem die männliche Welt genesen... aber im Urbanen sollte man dies nicht so an die große Glocke hängen:
"Die Leidenschaft flieht!
Die Liebe muß bleiben,
Die Blume verblüht,
Die Frucht muß treiben.
Der Mann muß hinaus
Ins feindliche Leben,
Muß wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muß wetten und wagen,
Das Glück zu erjagen.
Da strömet herbei die unendliche Gabe,
Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe,
Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise,
Und lehret die Mädchen
Und wehret den Knaben,
Und reget ohn Ende
Die fleißigen Hände,
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn."
Grüße M. aus der Bankenmetropole