kaleo_12490902Kenn ich auch
Hello zusammen. Hab bei dem Forum grad aufgehorcht, denn ich hatte einen Bruder, der hat sich vor 11 Jahren suizidiert, ich war damals 18. Das Alter war ein unglücklicher "Zufall", denn in genau diesem Alter löst man sich von zuhause weg, was ja meistens die Probleme verursacht, dass man "plötzlich" ganz anderst rüberkommt als früher. Viele Eltern rennen dann zu einem Therapeuten und jammern, der Therapeut fragt nach dem Alter, und ist dieses zwischen 16 und 19 gibt's als Antwort "Noch nie was von Adoleszenz gehört?!" In meinem Fall waren meine Eltern nicht nur ängstlicher, sondern geradewegs psychotisch auf dem völlig falschen Dampfer gelandet, mein "merkwürdiges Verhalten" wurde als Vorzeichen eines drohenden Suizids gedeutet - einer Wiederholung.
Bei mir war's so, dass dieser Suizid uns (Mutter, Vater, ich) näher zusammengebracht hat, was meiner natürlichen Entwicklung entgegengewirkt hat, die eine Loslösung hätte gewesen sein müssen. Irgendwie geschah ein Durcheinander aus Loslösung, Loyalität, Hilfsbereitschaft, Egoismus, total unausgeglichene Empfindungen der Schuld, und dies jahrelang... Vor etwa 2 Jahren hatte ich mich aufgrund Schlaflosigkeit, Gedankenwirre und Atemschwierigkeit in eine Therapie begeben. Dort passierte genau das, was schon vor 9 Jahren hätte passieren sollen. Alles wurde seinem Platz zugeordnet: die merkwürdige, unangenehm verkorkste Familiendynamik, die völlig absurden Schuldzuweisungen meiner Mutter: "Hast Du kein Mitleid dass Du mir nicht hilfst?", obwohl ich praktisch meine ganze Individualität für diese Situation hergegeben hatte (zu 80 % unbewusst). Was bei mir passieren musste und GLÜCKLICHERWEISE auch passiert ist: absoluten, GESUNDEN Egoismus zu entwickeln, indem ich einsehen konnte, wie sich meine Rolle innerhalb der Familie aufgrund dieses Verlustes fehltentwickelt hat. Ich kann meinen Eltern nicht helfen, ich kann keine Absolution bieten (bei Suizid sind natürlich viele Schuldgefühle und offene, unangenehme Fragezeichen mit dabei). Durch die Therapie wurde mir bewusst gemacht, dass das nichts mit Mitleid oder Unfähigkeit zu tun hat, wenn man den Eltern nicht helfen kann. Man ist ganz einfach noch zu jung, die Eltern auf ihre Weise zu naiv. Eltern sind auch Kinder, Kinder sind manchmal erwachsener. Kann nur Vorposter unterstützen. Finde heraus, wie genau das abgelaufen ist in der Familie, als das erste Kind verloren ging. Wenn die Anforderungen an Dich deswegen dermassen gestiegen sind, hat das nichts mit Dir zu tun. Und letztendlich ist es auch für die Eltern nicht gut, wenn man ihnen was vorspielt. Ich denke, es könnte eine recht anstrengende Zeit auf Dich zukommen, sie werden Dich nur mit Schwierigkeit "gehen lassen". Dafür müssen aber beide erkennen, dass eine Loslösung keine Trennung ist. Ganz im Gegenteil.