Hallo,
das ist das erste Mal, dass ich in ein solches Forum schreibe und ich bin sehr dankbar, dass es die Möglichkeit für diesen Austausch gibt.
Ich bin 30, Mein Mann ist 29. Wir sind erst seit letzten August verheiratet aber bereits seit 4,5 Jahren in einer Beziehung. Seit 3 Jahren wohnen wir zusammen.
Unsere Beziehung ist geprägt von vielen Auf und Abs. Ich war am Anfang unseres Kennenlernen psychisch sehr instabil, habe mir aber Hilfe gesucht und zwei Therapien gemacht. Eine davon 3,5 Monate lang teilstationär. Danach wurde alles nicht direkt besser aber schleichend, bis wir wirklich glücklich waren. Das war vor ca. 1,5 Jahren. Dieser Zustand hielt dann auch gut an. Er war aufmerksamer und liebevoller, hat sich viel Mühe gegeben. Dann haben wir irgendwann beschlossen zu heiraten. Ganz ohne Antrag. Und haben relativ schnell angefangen alles zu planen und Einzutüten. Vielleicht sollte ich hier eher sagen, dass ich es geplant habe. Er meinte, wenn es nach ihm ginge, würde er das zu zweit durchziehen, ganz ohne Gäste. Das kam für mich nicht in Frage, also habe ich unseren Tag geplant und wir hatten im August eine tolle Hochzeit. Leider schafft er es nicht wirklich, solche Tage zu genießen und richtig anwesend zu sein. Egal ob Geburtstage, Reisen, Hochzeit, er ist zwar physisch da aber man merkt, dass er es eigentlich nur macht, um es anschließend abhaken zu können. Während der Feier war er kaum bei mir, hat nicht mit uns getanzt und gefeiert, sondern gemeinsam mit dem Trauzeugen aufgeräumt. Das hat mich zwar frustriert aber ich habe den Tag trotzdem in vollen Zügen genossen.
Mit dem Tag der Hochzeit hat sich aber auch in seinem Verhalten einiges geändert. Ich fühlte mich plötzlich, als wäre ich jetzt auch ein To Do, das er abhaken kann. Ich wurde z.B. im Februar 30 und obwohl ich ihm mitgeteilt habt, dass das für mich irgendwie ein großes Ding ist, meinte er nur zu mir, ich sollte mich nicht verhalten wie ein Kind, es sei ein Tag wie jeder andere. Ein Geschenk oder liebe Worte gab es nicht. Dafür ein gemeinsames Abendessen und eine dekorierte Wohnung (das habe ich mir ausdrücklich von ihm gewünscht). Ich habe ein Wochenende mit Freund:innen geplant und umgsetzt, auch dabei wollte er mich nicht unterstützen: Wenn du feiern willst, dann mach es aber zähl nicht auf mich.
Das zieht sich die letzten 8 Monate durch unseren Alltag. Er ist zwar physisch anwesend und versucht mit z.B. mit Blumen eine Freude zu machen aber emotional ist er nicht wirklich da. Dazu muss ich aber auch sagen, dass sein Vater schwer krank ist und er damit sehr zu kämpfen hat. Er schafft es aber nicht, mir das mitzuteilen.
Er hat einen sehr strengen Tagesplan: Arbeit, Sport, Essen, Schlafen. Ich habe hier kaum Platz. Er hat auch aufgehört, mit mir gemeinsam zu essen, da er seine Ernährung sehr streng umgestellt hat. Dadurch ist auch die letzte Gemeinsamkeit, nämlich mein für uns gekochtes Essen zu planen und gemeinsam zu essen, weggefallen.
Und wie das dann so ist, ist mir vor einigen Wochen, ich denke es ist jetzt so 8 Wochen her, eine ehemalige Liebelei in meine DMs gerutscht. Er hat mich immer mal wieder gefragt, wies mir so geht, was ich mache, hat mir einfach irgendwelche Reels geschickt oder Memes. Die Chats waren sehr harmlos und wenn er doch mal irgendwas geäußert hat, was ich nicht akzeptabel fand, habe ich klare Grenzen aufgezogen. Wir haben uns bereits im Dezember mal mit einer gemeinsamen Freundin auf einen Kaffee getroffen, als ich in Berlin war. Da haben wir einfach nur geredet und er hat mehr oder weniger Interesse an meiner Freundin geäußert. Jetzt bin ich vorletzte Woche wieder nach Berlin, um Freundinnen zu besuchen. Und JA! Ich bin wirklich hin, um einfach mal wieder einen freien Kopf zu bekommen und Abstand zu dem Trott, der mich zu Hause aufgefressen hat. Trotzdem habe ich meiner Liebelei von damals Bescheid gegeben und wir haben uns an einem der Tage nachmittags getroffen und was zusammen getrunken. Es war erstmal total harmlos, wir sind durch die Stadt gelaufen und ich habe einfach nur genossen, zu merken, dass er mich toll findet. Ich weiß, hier beginnt das Fremdgehen bereits. Irgendwann haben sich unsere Wege getrennt, weil er einen Termin hatte und ich habe mich mit einer gemeinsamen Freundin getroffen, um was zu trinken. Er hat sich nach seinem Termin gemeldet und wollte dazukommen, ich habe mir eingeredet, das wäre ok. Er kam dazu und das Besäufnis ging los. Wir haben uns total daneben verhalten. Die Gruppe war inzwischen größer, weil die Freundin noch mehr Leute eingeladen hat und wir haben einfach nur GESOFFEN. Dumm rumgelabert ohne nachzudenken. Sind von Bar zu Bar.I Irgendwann sind wir zu zweit Kippen holen gegangen und da haben wir uns das erste Mal geküsst. Ich meinte danach direkt, dass das nicht richtig wäre und wir damit aufhören sollen. Dann sind wir wieder rein, haben weitergetrunken. Irgendwann war 6 Uhr morgens und wir haben uns auf den Heimweg gemacht. Er meinte, wir müssen die selbe Bahn nehmen und dass ich doch einfach mit ihm kommen soll, es würde schon nichts laufen. Ich war durch den Alkohol und den Kuss total ängstlich und hatte große Angst davor, mit der Situation alleine zu sein. Also habe ich gesagt, ich würde mitkommen, aber nur um nicht alleine zu sein und auf keinen Fall, um mit ihm zu schlafen. Er meinte, er habe damit kein Problem, ich kann mich einfach zu ihm legen und wir pennen. Genau das wollte ich dann auch machen, als wir bei ihm waren. Dann hat er angefangen an mir rumzugraben, es kam nochmal zum Kuss. Ich hab mich wieder weggedreht und er hat angefangen mit mir zu schlafen. Kurz habe ich es erwidert, dann kam die Realisierung. Ich habe gesagt, dass das nicht geht, bin aufgestanden und gegangen.
Die Stunden, die dann kamen, waren die Hölle. Ich habe meine Sachen gepackt und den nächsten Zug nach Hause gebucht. Nur noch geweint. Ich stand komplett neben mir. Am Bf habe ich meine Mama angerufen und ihr alles gebeichtet. Ich hatte eine Panikattacke nach der anderen. Die Zugfahrt war der blanke Horror. Als ich zu Hause ankam, habe ich versucht mich zu beruhigen und auf meinen Mann zu warten, dem ich schon gesagt hatte, dass ich total viel getrunken habe und dementsprechend ängstlich bin. Er hat mich ausgelacht und mich gefragt, wieso ich immer so übertreiben muss. Erstmal konnte ich mich beruhigen, weil er da war. Den nächsten Tag haben wir zusammen in der Sonne verbracht. Mein schlechtes Gewissen und die Schuld waren allgegenwärtig. Abends hat er dann nachgebohrt, weil er gemerkt hat, dass irgendwas nicht stimmt. Ich habe ihm den Kuss gebeichtet. Er hat angefangen zu weinen und ist zu seinem besten Freund gefahren. Ich hatte wieder Panikattacken und konnte mich nicht beruhigen. Dass er nicht die ganze Wahrheit kannte, hat mich zerfressen. Dann bin ich nachts zu seinem Kumpel gefahren und habe meinem Mann dort gesagt, dass noch mehr passiert ist. Er ist mit zurückgefahren, wir saßen lange im Wohnzimmer und konnten aber kaum reden. Am Tag drauf habe ich ihm gesagt, dass wir bereits länger Kontakt hatten.
Seither befinden wir uns in einer schlimmen Zeit. Jeder Tag ist voller verschiedener Gefühle. Er hat einen Therapeuten, der ihm gesagt hat, mein Verhalten wäre das einer Borderlinerin. Ich bin froh, dass er es mit ihm hoffentlich irgendwie aufarbeiten kann und suche grade selbst auch nach Therapie. Es tut mir so unendlich Leid. Ich würde alles dafür tun, es rückgängig zu machen. Ich weiß, dass unsere Beziehung davor nicht perfekt war und dass wir unbedingt weiter an uns arbeiten müssen, aber ich bin absolut bereit dazu.
Ich habe alle Social Media Kanäle gelöscht, den Kontakt zu dem Kerl komplett eingestellt. Meinerseits waren nie Gefühle im Spiel.
Mein Mann ist abwechselnd kalt und wütend. Mal schreit er mich an und beleidigt mich, mal ist er abwesend. Ganz selten haben wir ruhige Momente, in denen er sogar Lachen kann.
Er hat mich nicht rausgeschmissen, wir schlafen weiterhin im selben Bett. Ich habe größten Respekt davor, wie er damit umgeht. Er sagt, er kann aktuell keine Entscheidung fällen und die Zeit wird zeigen, was wir machen.
Jetzt habe ich hier wirklich richtig viel geschrieben, keine Ahnung, ob sich das überhaupt jemals jemand durchlesen wird. Vielleicht ergänzend noch: Ich hatte davor nie etwas mit jemandem außer ihm. Ich hatte auch nie Interesse daran. Das Interesse kam erst in den Monaten nach der Hochzeit als ich bemerkte, dass mir seine Liebe fehlt.
Das habe ich ihm übrigens auch häufig mitgeteilt. Dass mir unsere Leichtigkeit fehlt. Dass ich ihn vermisse. Er konnte damit nicht umgehen und meinte immer nur, so wäre er halt und er wäre ja hier.
Weshalb ich das alles schreibe: Hat sowas jemand hier durch? Habt ihr es irgendwie geschafft? DARF ich hoffen? Ich liebe meinen Mann und ich wünsche mir nichts mehr als eine gemeinsame Zukunft, auch wenn diese voller Arbeit sein wird.
Danke schonmal im Voraus.